Hänsel und Gretel

Schlagwörter

• Ungleichheit

Teaser

Eine leicht modernisierte Fassung des alt bekannten Märchens mit interessanten Pop-up-Effekten.

Beurteilungstext

Das vorliegende Buch ist etwa so groß wie eine CD und lässt sich als Leporello auffalten. So kann es einerseits als "Taschenbuch" im wahrsten Sinne des Wortes gelten, andererseits kann man es aufstellen und so die Geschichte (fast) ohne Blättern verfolgen.

Die Textfassung bleibt in den Erzählschritten nah an der Fassung der Brüder Grimm, wenn auch die Schlusserzählung des Rückwegs fehlt. Trotzdem wird - konsequent für dieses Format - der Originaltext deutlich gekürzt, die Sprache etwas modernisiert. Manchmal leidet der Erzählduktus unter dieser Verkürzung. Es ist Zanna Davidson aber hoch anzurechnen, dass sie nicht die zwei Wege in den Wald - der Weg wird von Hänsel beim ersten Mal mit Kieselsteinen, das zweite Mal mit Brotkrümeln gekennzeichnet - zu einem Weg zusammengekürzt hat, denn dadurch wird die seelische und auch die leibliche Not im Märchen viel deutlicher. Dafür entwickelt sich die Handlung bei der Hexe recht schnell.

Die Illustrationen spiegeln in ihrer Farbgebung meist die Stimmung im Märchen - sie sind also größtenteils bedeckt und dunkel, nur in der Schlussszene werden sie ein wenig leuchtend. Paul Hess setzt das Märchen nicht in eine unbestimmte mittelalterliche Märchenzeit, vielmehr passen die Figuren, vielleicht mit Ausnahme der Hexe, ins 20. Jahrhundert. Die Pop-up-Effekte sind verhältnismäßig bescheiden, was der Darstellung jedoch nicht schadet, denn so sind die Darstellungen nicht überladen. Der durch diese Effekte entstehende Raum wird sinnvoll für Bildtiefen genutzt, die Faltungen schaffen beim Aufschlagen ein wenig Bewegung, etwa, wenn die Vögel die Brotkrumen aufpicken oder der Vater am Ende seine Kinder umarmt.

Insgesamt ist dem Illustrator hier also ein schönes kleines Kunstwerk gelungen, das Freude macht anzuschauen.

Christoph Jantzen, AJuM Hamburg