Glitzer für alle!

Autor*in
Baisch, Milena
ISBN
978-3-328-30058-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Kuijl, Eefje
Seitenanzahl
28
Verlag
Penguin
Gattung
Bilderbuch
Ort
München
Jahr
2022
Lesealter
4-5 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
FreizeitlektüreVorlesen
Preis
14,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Falsche Informationen können schon im Kindergarten für Unruhe sorgen: Werden Jungen zu Sternen, wenn sie mit Glitzer in Berührung kommen? Die Frage beschäftigt auf jeden Fall Paul und Tarek.

Beurteilungstext

Diversität in Büchern zu erfahren, ist von Anfang an bedeutsam, denn gerade, wenn Kinder sich in fast keinem Buch repräsentiert sehen, werden sie kaum eine positive Beziehung zu Büchern und zum Lesen entwickeln können. Nun ist die Repräsentanz das eine, die explizite Thematisierung etwas anderes. In diesem Buch ist beides zu finden:
Oben im Spielhaus entdecken Paul und Tarek eine Glitzerkrone. Sie wollen die Krone als Piratenschatz in ihr Geheimversteck bringen, doch sie gehört Tilly. Nachts träumt Paul von der Krone, und als er sie am nächsten Tag von Tilly ausleiht, wird er von den anderen Kindern ausgelacht: „Paul spielt Prinzessin!“ „Der spielt mit Mädchensachen!“ Paul denkt darüber nach, warum Glitzersachen nichts für Jungen sind. Und nachts kommt er zu der Einsicht, dass Jungen, die mit Glitzer spielen, sich in Sterne verwandeln. Das teilt er Tarek mit und sie halten sich von allem Glitzer fern, bis Tilly sie gern als Stern sehen möchte. Da ziehen die beiden Jungen alles an, was glitzert, auch ein Kleid, und schämen sich gar nicht mehr, auch, als die anderen Kinder kommen. Sie trauen sich ...
Die Geschichte wird in den Bildern farbenfroh in Szene gesetzt. Räumlich sieht man meist einen typischen Kita-Garten mit Spielgerüst, Sandkasten und Grünzonen. Die Kinder repräsentieren eine große Vielfalt mit allen möglichen Haarfarben, Frisuren, Kleidungsstilen, Hautfarben – nur die Augen sind bei allen schwarze Punkte. Einheitlich ist auch, dass die Köpfe im Vergleich zum Körper übergroß sind. Positiv hervorzuheben ist, dass der Glitzer in diesem Buch nicht wirklich glitzert, sondern eher leuchtet – echte Glitzerpunkte hätten doch nah am Kitsch gelegen.
Auf der Bildebene wird eine große Vielfalt repräsentiert, ohne dass davon viel Aufhebens gemacht wird. Das schafft Identitätspotenzial für viele Kinder. Auf der Textebene wird dagegen Bigeschlechtlichkeit und stereotypisches Verhalten zum Thema des Buches gemacht. Scheinbar wird ein Geschlechterstereotyp dekonstruiert, da ja „die Jungen“ am Ende mutig sind und zu Glitzer stehen. Diese Dekonstruktion hat aber mehrere Schwachpunkte: Zum einen wird ein singuläres Stereotyp zum Thema gemacht, das außerdem sehr pädagogisch aufgeladen ist. Das Buch ruft geradezu danach, im Kindergarten vorgelesen zu werden und anschließend über die Überwindung geschlechterstereotypischen Verhaltens zu sprechen. Ein anderes Thema ist im Buch nicht angelegt. Es steht nicht Diversität oder Vielfalt im Fokus, sondern die Aufteilung in zwei Gruppen. Ein Dazwischen gibt es nicht. Die pädagogische Aufladung wird bei vielen Kindern auch schon im Kita-Alter dafür sorgen, dass sie zwar das Problem benennen können, dass aber die dargestellte Lösung eben weit weg von den Lösungen und Wegen ist, die sie selbst erleben.
Trotzdem hat dieses Buch viele Stärken. Eine ganz besondere ist, dass Erwachsene nur auf der ersten Doppelseite im Bild vorkommen – danach gibt es nur Kinder, die sich und ihr soziales Miteinander ganz ohne Erwachsene klären. Dies ist in einem Nebenbei-Modus eine Ermächtigung für Kinder und es fehlt der pädagogische Zeigefinger.

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Diese Rezension wurde verfasst von Christoph Jantzen; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 30.10.2023