Girl running, Boy falling

Autor*in
Gordon, Kate
ISBN
978-3-551-58416-8
Übersetzer*in
Hachmeister, Sylke
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
240
Verlag
Carlsen
Gattung
Buch (gebunden)
Ort
Hamburg
Jahr
2020
Lesealter
14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüre
Preis
16,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Orientierung zu finden in der sensiblen Zeit des Erwachsenwerdens, ist ohnehin eine Herausforderung für jeden Teenager. Die erste Verliebtheit trägt ihr Übriges bei. Wie geht man mit diesen neuartigen Gefühlen um? Wie soll man ausdrücken, was einen bewegt? Derartige Fragen stellen sich natur-gegebenermaßen in jedem Heranwachsenden. Doch auch das Gefühl der Scham begleitet die Entwicklung beim Erwachsenwerden und kann sich hinderlich bei der Mitteilungsbedürftigkeit anderen gegenüber auswirken. Gerade in diesen unsicheren Gefühlsschwankungen sind stete Zugeständnisse und loyale Versicherungen treuer Freunde und Vertrauter fundamental und unverzichtbar. Diese Erkenntnis kann daher sehr entscheidungsrelevant sein.

Beurteilungstext

Der Jugendroman führt gleich zu Beginn der Erzählung die beiden Protagonisten ein, von denen im gleichlautenden Titel "Girl running, Boy falling" die Rede ist. Resey ist Wallys beste Freundin, in den sie aber auch heimlich verliebt ist. Er wechselte die Schule, um Football spielen zu können und kam auf diese Weise in ihre Klasse. Mit seiner coolen, aufgeschlossenen Art kam er auf Resey und ihre Freunde zu, um sie kennenzulernen. Nick Wallace ist Teil der Clique um Resey, Melody, Peter und Roz, die jeweils alle für sich die Herausforderungen des Erwachsenwerdens in irgendeiner Weise zu bewältigen haben.
Eine besondere und vertraute Verbindung besteht zwischen Nick und Resey, die unter anderem auch durch den jeweiligen Verlust ihrer Väter begründet ist. Wie sehr dieser Verlust Nick belastet, wird nur durch vorsichtige melancholische Bemerkungen seinerseits deutlich, die jedoch eher auf eine sensitive Seite hindeuten, als auf eine grundtiefe Trauer. Dieser Zusammenhang wird sodann auch erst in der Retrospektive und im Verlauf der Erzählung deutlich, da es sich anfangs einfach wie eine Vorliebe für Poesie darstellt. Er rezitiert ein Gedicht von T.S. Eliot, in dem es um Zeit und Wandel geht, aber auch um Erschöpfung und Erinnerung. Insgeheim ist Resey sehr fasziniert einerseits von seiner coolen und offenen Art als Football-Crack, den jeder bewundert, andererseits von seiner literarisch-poetischen Seite, die ausschließlich sie erleben darf. Doch anstatt ihm beizupflichten und zu offenbaren, wie sehr ihr das gefällt, tut sie seine tiefsinnigen Gedanken mit einer flapsigen Bemerkung ab. Dabei ist sie in Nick verliebt und traut sich nicht, es ihm zu sagen.

Die Erzählung handelt von dem Umgang mit der Trauer und der Notwendigkeit, sich mitzuteilen, um mit den wirren Gefühlen wieder in Einklang zu kommen, die durch eine tiefe Trauer verursacht werden können. Die der Erzählung eingefügten handschriftlich verfassten Briefe oder Randnotizen sind bis zur ersten Hälfte des Romans von Wally geschrieben. Der Adressat ist sein verstorbener Vater, demnach jemand, der ihm nicht antworten kann. Obwohl Wally ein gern gesehener und beliebter Junge ist, können ihm die Freunde und die ihm entgegengebrachte Anerkennung nicht die Schwermut nehmen, sodass er dem „Fallen“ geweiht ist. Wally vermisst seinen Vater so sehr, dass er am Ende für sich den Freitod wählt.

Im zweiten Teil des Romans sind die persönlichen Briefe von Resey verfasst, die an ihre Mutter gerichtet sind. Sie wurde bereits als kleiner Säugling in die Obhut ihrer Tante Kath gegeben, von der sie liebevoll groß gezogen wurde. Die ungeplante Schwangerschaft und das folgende Mutterdasein konnte ihre Mutter nicht bewältigen, weshalb sie ihre Tochter bei ihrer Schwester und der Großmutter beließ.
Reseys Mutter hat sich fern der Familie an einen anderen Ort begeben und lebt dort als Aussteigerin. Dieser Umstand wird allseits toleriert und für gegeben angenommen. Resey stellt sich jedoch die Frage, ob ihre Mutter sie je geliebt hat, weil sie diesen Verlauf als Ablehnung versteht. Obwohl Resey durch den Freitod Wallys einen weiteren geliebten Menschen verliert, weiß sie insgeheim, dass sie die Trauer überwinden muss und möchte. Sie verschließt sich anfangs und entfernt sich von ihren besten Freunden, die immer wieder versuchen, ihr eine Stütze zu sein. Sie will immerzu nur weglaufen, genau wie ihre Mutter. Nur durch ihren Freund Rhino wird sie von dem Versuch abgehalten, sich das Leben zu nehmen.
Im Gegensatz zu Wally wendet sich Resey in ihren Briefen jedoch an ihre Mutter und nicht an ihren verstorbenen Vater. Die Mutter repräsentiert einen Adressaten im Diesseits und gleichzeitig das Hier und Jetzt im Leben. Resey kann die Trauer allmählich verarbeiten, deren Ausdruck in der Folge der handschriftlich verfassten Briefe nachzuvollziehen ist. Sie schreibt über ihre Angst und ihren Schmerz und kann so das Trauma überwinden. Ganz zum Schluss wendet sich Resey in ihrem Brief an Wally, dem sie mitteilt, dass sie sich für das Leben entschieden hat und ihn nicht vergessen wird. Sie findet ins Leben und zu ihren Freunden zurück.

Der jugendsprachliche Ton wird durch etliche Anglizismen ergänzt, der eine gewisse legere Haltung erzeugt und die Zielgruppe der Jugendlichen direkt anspricht. Der Roman wurde aus dem Englischen übersetzt und spielt im australischen Raum. Zeitgenössische Themen wie e.g. Diversität, #MeToo, Vegetarismus etc. werden in Konversationen aufgegriffen, die dem heutigen Weltbild einer offenen Gesellschaft zu eigen sind und insbesondere die Realität der Kinder und Jugendlichen abbilden.
Der Erzählstruktur geschuldet, liest sich der Roman anfänglich recht schwergängig. Es tauchen viele Namen und Personen auf, die erst in einen Zusammenhang gebracht werden müssen. Kausalitäten werden erst gegen Ende aufgelöst, wodurch wiederum die besondere Verbindung von Resey und Wally in den Vordergrund gestellt wird, welche schließlich auch den Erzählgrund für den dramatischen Verlauf der Geschichte bildet. Der Roman ist empfehlenswert, weil er aufgrund der Tragik der Geschehnisse Wege aufzeigt, in entscheidenden Momenten Hilfe anzunehmen. Hierfür liefert der Roman außerdem Adressen und Telefonnummern der Seelsorge in Deutschland, die gleich im Anschluss der Erzählung veröffentlicht werden.

Anmerkung

Im Anschluss des Roman werden Links und Anlaufstellen für die Seelsorge genannt und veröffentlicht.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von NvG; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 08.06.2022

Weitere Rezensionen zu Büchern von Gordon, Kate

Gordon, Kate

Girl running, Boy falling

Weiterlesen
Gordon, Kate

Wohin meine Flossen mich tragen

Weiterlesen