Feuerwanzen lügen nicht

Autor*in
Höfler, Stefanie
ISBN
978-3-407-75683-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
234
Verlag
Beltz & Gelberg
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Weinheim
Jahr
2022
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüre
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Nits und Mischa sind beste Freunde seit dem Kindergarten, der eine hyperaktiv und hibbelig - der andere ernsthaft und aufmerksam. Mischa ist schlau und seine Antworten sind immer richtig. Alle glauben ihm, auch Nits, bis er über Mischas Lügen stolpert. Und dann passiert viel Verrücktes, Überraschendes und Gefährliches. Familiengeheimnisse werden aufgedeckt. Wer ist Mischa eigentlich wirklich? Kann Nits ihm noch vertrauen?

Beurteilungstext

Armutssensibilität ist ein hochaktuelles Thema und bisher selten in der Kinderliteratur. Stefanie Höfler widmet sich dieser Thematik in ihrem neuen Kinderbuch auf einfühlsame, glaubwürdige Weise und schreibt gegen Vorurteile an.

Erzählt wird die Geschichte der gegensätzlichen Freunde Mischa und Nits, beide etwa 11 Jahre alt, aus der Perspektive von Nits. Nits heißt eigentlich Nityananda - seine Mutter ist indischer Abstammung - und erfindet "Wortmusik", um seine hyperaktive Hibbeligkeit in Bahnen zu lenken. Man könnte auch sagen, er slammt oder rapt. Die Autorin stellt jedem Kapitel einen dieser tierischen Reime, von Mischa "Nits-Sprüche" genannt, voran.
Mischa ist aufmerksam, konzentriert und schlau (lässig, nicht strebermäßig) und hat sich ein Spezialwissen über die verschiedensten Tierarten angeeignet. Nits bewundert seine Ruhe, Ernsthaftigkeit und Bescheidenheit.

Obwohl sich die beiden schon viele Jahre kennen, war Nits noch nie bei Mischa zu Hause und weiß nur wenig über Mischas Familienverhältnisse. Mischa muss sich um seine kleine Schwester Amy kümmern, sein Vater sieht aus wie ein "Rockstar ohne Bühne" und hat wechselnde Jobs. Die Mutter arbeitet (angeblich) als Biologin im Urwald und ist meistens auf Reisen.

Erst als Nits entdeckt, dass Mischa in der Schule ein gefälschtes Attest vorlegt, um nicht am Schwimmunterricht teilnehmen zu müssen, merkt er, dass in Mischas Leben etwas nicht stimmt. Er kommt noch einigen anderen (Not-) Lügen auf die Spur und konfrontiert Mischa damit, dem die Wahrheit sonst immer so wichtig war. Als Mischas Vater eines Nachts nicht nach Hause kommt und er Nits völlig verstört davon erzählt, merkt Nits, dass Mischa Hilfe braucht.
Zum ersten Mal geht er mit zu Mischa nach Hause und ist geschockt über die Leere und Armut, die ihm da entgegenschlägt. So etwas hat er, der in einem behüteten, wohlhabenden Elternhaus aufwächst, noch nie gesehen.

Die Geschichte wird richtig spannend, als Mischas Vater in große Schwierigkeiten gerät, weil er sich auf krumme Geschäfte eingelassen hat. Nits lässt Mischa nicht im Stich und hat zum Glück seine Familie im Rücken, die dazu beiträgt, dass die ganze Sache noch einmal gut ausgeht.

Stefanie Höfler gelingt es, die jugendlichen Leser/innen durch die Augen von Nits glaubhaft mit dem Thema Armut zu konfrontieren. Vielen Kindern aus gut situierten Elternhäusern ist es nicht vorstellbar, dass kein Geld da ist, um z.B. eine Badehose zu kaufen. Nits begleitet Mischa zum Einkauf bei der Tafel, eine völlig neue Erfahrung für ihn. "Ein Laden für Leute, die kein Geld haben. ... Wir essen das, was die anderen wegwerfen."

Sehr berührend sind die Passagen, in denen Mischas Scham beschrieben wird: "Denn Mischa schämte sich. Vor mir, Nits, seinem allerbesten Freund. Fast schämte ich mich mit, weil ich erkannt hatte, wie schrecklich er sich schämte. Als sei es meine Schuld, dass er zu wenig Geld hatte. Oder ich zu viel. Und für all das gab es keine Worte." Mischa schämt sich für alles. Er schämt sich, so lange er sich erinnern kann - vor Nits und vor der ganzen Welt. Er wünscht sich, sich nicht mehr verstecken zu müssen, nicht mehr lügen zu müssen.

Anmerkung

Um Stefanie Höflers Buch als Klassenlektüre (5./6. Klasse) zu lesen und zu bearbeiten, bedarf es eines sensiblen Umgangs. Lohnend ist es sicher!
Das Buch ist auch als eBook erhältlich.

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Diese Rezension wurde verfasst von FrSch; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 06.11.2022