Er hieß Jan

Autor*in
Korschunow, Irina
ISBN
978-3-423-78284-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
156
Verlag
Deutscher Taschenbuch Verlag
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2015
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
7,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Regine, 17 Jahre alt, Gymnasiastin aus nationalsozialistischem Elternhaus, beginnt eine Liebesbeziehung zu einem jungen polnischen Zwangsarbeiter. Die beiden werden verraten und verhaftet. Jan verschwindet spurlos, Regine kann aber aus dem Gefängnis entkommen und schlüpft bei einer befreundeten Bäuerin unter. Dort erlebt sie das Kriegsende.

Beurteilungstext

September 1944. Die Fronten rücken näher, die Fliegeralarme häufen sich, die gefallenen Väter, Söhne und Brüder werden immer mehr, aber die Lügenpropaganda des Wehrmachtsberichts meldet nur Siege und Durchhalteparolen. Auch der innere Druck des Nazi-Regimes auf die Menschen nimmt zu: Leise Zweifel am Endsieg, Kritik am Krieg oder gar am Führer, ja selbst ein Witz können Verhaftung und Hinrichtung zur Folge haben. Absolut verboten sind auch intime Beziehungen zwischen Deutschen und Zwangsarbeitern oder Kriegsgefangenen. Bei Zuwiderhandlung droht Schlimmes. Die 17jährige Gymnasiastin Regine aus einer norddeutschen Kleinstadt mit ländlichem Umfeld geht dieses Risiko ein. Sie stammt zwar aus einem überzeugten nationalsozialistischen Elternhaus und ist selbst „gläubiges“ BDM-Mädchen aber allmählich kommen Zweifel, wachsen Bedenken diesem Verbrecherstaat und seinem Krieg gegenüber. Zusammen mit einer Mitschülerin warnt sie ihre Lehrerin, die zu Unterrichtsbeginn den Hitlergruß verweigert. „Ich hatte zum ersten Mal einen Fuß auf die andere Seite gesetzt“, sagt sie einmal. Bei Aufräumarbeiten nach einem Fliegerangriff lernt sie den 22jährigen polnischen Zwangsarbeiter Jan kennen. Es knistert bei der ersten Begegnung. Und nun entwickelt sich eine zarte und intime, aber tödlich gefährliche Liebschaft. Regine und Jan treffen sich regelmäßig in einem Gartenhäuschen, werden aber verraten und von der Gestapo verhaftet. Mit geschorenem Haar wird Regine zur weiteren Vernehmung in das Gefängnis eingeliefert, ein nächtlicher Bombenangriff ermöglicht ihr aber die Flucht auf den Hof einer befreundeten Bäuerin, die sie aufnimmt und versteckt. Und hier setzt nun die Geschichte ein, denn Regine berichtet als Ich-Erzählerin rückblickend, was sich seit September 1944 ereignet hat, aber auch zeitlich voranschreitend, was sich seit Ihrer Flucht und Aufnahme bei der Bäuerin auf dem Hof und im Kriegsgeschehen tut. Ständig springt sie zwischen den beiden Zeitebenen hin und her. Dieser raffinierte Aufbau des Romans fesselt den Leser und lässt ihn gleichzeitig glaubhaft nachvollziehen, wie sich Regine von einer überzeugten Nazi-Schülerin zu einer Art Widerständlerin wandelt. Hat sie früher von „polnischen Untermenschen“ gesprochen, wird sie später selbst als „Polenhure“ beschimpft. Glaubt sie vorher verbissen an den Endsieg und an den Führer, stellt sie später Krieg und Gewalt nachdrücklich in Frage. Die ganze Geschichte des Mädchens Regine ist ausgesprochen glaubwürdig. Sie macht die Brutalität des Regimes, seine Verbrechen, aber auch die Angst der Bevölkerung aus einer Jungmädchenperspektive nachvollziehbar, auch und gerade für heutige Jugendliche.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von gem; Landesstelle: Baden-Württemberg.
Veröffentlicht am 07.01.2016

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