Eins

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• Tod/Sterben

Teaser

Außergewöhnlich in der sprachlichen Form, erzählt Sarah Crossan in „Eins“ die Geschichte siamesischer Zwillinge, und behandelt dabei die große Frage, ob diese nicht auch zusammen glücklich sein können.

Beurteilungstext

In ihrem neuesten Roman „Eins“ führt Sarah Crossan den Leser in die Gedankenwelt eines siamesischen Zwillings. In dieser begleiten wir Grace, die ihr Leben auch körperlich mit ihrer Schwester Tippi teilt, durch die Höhen und Tiefen des Alltags. Zwei getrennte Oberkörper, den Unterleib gemeinsam nutzend, gehen und lieben Tippi und Grace zusammen durchs Leben. Wir erfahren aus Graces Perspektive, wie es ist, eine Einheit und gleichzeitig doch so unterschiedlich zu sein. Wie bereits in ihrem Vorgängerroman „Die Sprache des Wassers“ nutzt die Autorin auch hier die Versform, um Graces Bericht eine besondere sprachliche Kraft zu verleihen. In 232 Kapiteln, die über einen Zeitraum von sieben Monaten verteilt sind, fächert Crossan die alltäglichen Sorgen und Freuden auf. „Therapie“, „Hornbeacon High“, „Ewig leben oder gemeinsam sterben“ oder „Nummer vier“ berichten davon. Wir sitzen mit Tippi und Grace auf dem Ledersofa der Therapeutin Dr. Murphy, sind neugierig auf den ersten Schultag der Zwillinge, und dabei, wenn sie in Yasmeen und Jon Freunde finden. Wir überlegen uns mit ihnen, ob wir uns operativ trennen lassen würden, das hohe medizinische Risiko eingingen, um am Ende... Ja, was eigentlich? Wir ahnen aber auf besonders schmerzliche Weise, dass nur eine die Überlebende, die Zurückgebliebene sein könnte. Die Ich-Erzählerin lässt uns mit ausgewählten, wohl gesetzten Worten an der Liebe ihres Lebens teilhaben. Es ist die Liebe zu ihrer Schwester, die nicht nur phraseologisch ein Teil von ihr ist. Crossan entschleunigt Graces Gedankenwelt für den Leser. Die besondere Zeilensetzung markiert mit vielen Leerstellen Bedeutungen, die in jedem Kapitel Zeugnis geben von dem Leben mit der geliebten Schwester.
Demnach blättern sich die Seiten ab dem 21. Januar, betitelt mit „Trennungstag“, mit einem gewissen Widerstand gegen ein Ende, das man nicht wahrhaben will. Man wünschte sich doch so sehr ein medizinisches Wunder!

Sarah Crossans Roman „Eins“ bietet in besonderer Weise einen Beitrag zum Thema Inklusion. Die siamesischen Zwillinge, Grace und Tippi, zeigen, dass in ihrer Andersartigkeit so viel Vertrautes steckt.