Ein Nashorn namens Clara

Autor*in
Hirt, Katrin
ISBN
978-3-314-10432-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Fuchs, Laura
Seitenanzahl
44
Verlag
Nord-Süd
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Gossau
Jahr
2019
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

K. Hirt hat sich als Historikerin der Geschichte des ersten Nashorns in Europa vor 300 Jahren angenommen. L. Fuchs malt zum Text wunderbar ergänzende Bilder, mit vielen zusätzlichen Details über die damalige Zeit.
Clara ist als Findeltier in eine sehr reiche Kaufmannsfamilie in Indien gekommen. Ein anderer Kaufmann bringt es später nach Europa. Auf Märkten vieler Länder beeindruckt es auch Fürsten und Künstler. Er versorgt es weiter, nachdem es zu alt ist, um weitere Reisen zu überstehen.

Beurteilungstext

Etwa Dürers Nashorn? Nein, denn sein Holzschnitt ist etwas älter.
Diese Frage stellt sich dennoch unmittelbar beim ersten Sehen des Covers, das Laura Fuchs gestaltet hat. Das Nashorn Clara steht unter dem Mastbaum eines Seglers und scheint erwartungsvoll weit nach vorn über das Meer zu schauen. Offenbar neugierig wartet es darauf, wohin das Schiff es wohl tragen möge. Das Schiff bringt es von Indien nach Europa. Ziel ist Holland, die Heimat des Kaufmanns van Meer. Fast 300 Jahre liegt das zurück.

Exotische Tiere sind in unseren Zoos heute normal, ihre Wege dorthin nicht immer bekannt. Für Kinder liegt es nicht auf der Hand, dass ein Nashorn nach Europa von Stadt zu Stadt gebracht wird, nur um dort vorgeführt zu werden und für Aufsehen zu sorgen. Es sei denn, sie hätten bereits bei Besuchen in völkerkundlichen Museen oder Safariparks darüber nachgedacht. Oft bleibt der Weg der dort gezeigten Exponate jedoch im Hintergrund.
Katrin Hirt erzählt die ungewöhnliche Geschichte des Tieres und seiner späteren Zur - Schau - Stellung ohne auf denkbare Konflikte zu verweisen. Das Tier wird hier geliebt, mehr als angemessen versorgt und geachtet.

Es ist auf Märkten eine Sensation, die sich schnell herumspricht. Es ruft modische Trends hervor. Auf Münzen und Plakaten wird es geprägt und von Künstlern gestaltet, deren Bilder auch in Museen bis heute zu sehen sind. Viele der künstlerischen Gestaltungen sind bekannt, nicht jedoch die Geschichte des Motivs.
Das kleine Flusspferd Clara lebt zuerst in Indien, nachdem seine Mutter von Jägern getötet wurde. Die Heimat der Flusspferde liegt in einer Urwaldregion, in der auch Affen und Papageien leben. Das fast grüne unberührte Flussgebiet scheint zusammen mit dem Text die genannten Tierstimmen zum Hören zu bringen. Die Betrachter stellen sich über Text und Bild auch gleich die akustische Umwelt vor.

Die Bilder von Laura Fuchs gestalten Claras Geschichte passend und eindrücklich. Sie erzählen bildhaft dazu noch viele Nebengeschichten aus der Zeit. Dargestellt sind die überreiche Welt der Kolonialherren, die Farbigkeit des fremden Indien, die Besonderheiten der fahrenden Händler, Stadtansichten. Etwas Neues kommt mit den Seefahrern der Kolonialzeit auf die europäischen Märkte und in die Städte. Die Erwartungen der Zuschauer werden sinnlich spürbar, obwohl gar nicht immer explizit dargestellt.
Kräftig farbige, oft doppelseitige Aquarelle greifen die harmonische Stimmung des Textes auf. Zur Einstimmung ist eine rundum freundliche Marktszene mit Händlern und Tieren in Indien zu betrachten. Die weiße Kuh, der Esel als Transporttier und die Hühner als Eierlieferanten scheinen in der Umgebung anderer wunderbarer Marktgüter von Händlern geschätzt. Alles wirkt auch hier friedlich.

Viele Details finden sich in den weiteren aufwändig gestalteten Szenen. Die Betrachter betreten selbst die Innenräume eines mit großen Reichtümern ausgestatteten Kaufmannshauses, gehen weiter zum Spielzimmer und freuen sich mit den dort spielenden Kindern über das dort lebende Haustier. Am mit Köstlichkeiten gedeckten Tisch der Hausherren möchte sicher jeder Gast gerne zugreifen. Das geht Clara auch so und sie stört nicht am Tisch.
Das inzwischen völlig zahme Tier belustigt und entzückt Kinder, Gäste und Besucher im Haus des Kaufmanns gleichermaßen. Es verliert jegliche Angst vor Menschen, lässt sich füttern und streicheln.

Der Kaufmann van Meer hat die Idee, es nach Europa mitzunehmen. Ein solches Tier kennt dort niemand. Er versorgt es bei der Überfahrt vorbildlich, führt Tagebuch über sein Fressverhalten und lässt für die Weiterreise über Land einen Wagen anfertigen, der von acht Pferden gezogen werden muss. Clara hatte in dieser Erzählung sicher die bestmögliche Versorgung unter diesen Umständen der Zeit und des Denkens.

Die Reise führt durch viele große Städte Europas. Eine Reisekarte ist im Innencover beigefügt. Menschen und Fürsten sind begeistert.
Die Darstellungsweise scheint realistisch in der Manier der Zeit dargestellt. Die Bilder sind alle gekonnt ausgearbeitet: angefangen von der Marktszene, der Gestaltung der Kleidung der reichen Kaufleute und ihrer Kinder, über eine aufgeklappte Weltkarte in Form des aufgeklappten Globus‘, bis zur letzten Ansicht, dem Eintritt in ein Museum und dem Blick auf das gerahmte Nashorn. Viel, sehr viel, gibt es zu entdecken.
Hirt arbeitet mit ihren Worten, Fuchs mit gestalterischen Mitteln so etwas wie einen Charakter dieses Tieres heraus. Beide stellen empathisch ein offenbar glückliches Tierleben dar. Erstaunlich, da das Tier ja auf Anhieb mit Sicherheit nicht wie ein Schmusetier wirkt. Weder in Indien noch bei den Reisen in Europa zeigen sich Konflikte.

Das liegt auch daran, dass besonders Clara selbst immer sehr ausdrucksstark, fast wie Fotografien ins Bild gesetzt ist.
Durch die besonderen Bilder und die historischen Daten ist es keine übliche Bilderbuchgeschichte. Die Autorinnen erheben den Anspruch, wahre Begebenheiten zu erzählen.


Es ist daher anzuraten, sich Zeit zu nehmen, um auch darüber nachzudenken, was mit Tieren in einer so artfremden Umgebung passiert. Wie mag Clara sich wirklich gefühlt haben?
Das Buch animiert dann vielleicht auch dazu, selbst einmal mit Kindern zu recherchieren und Museen aufzusuchen. In vielen Grundschulbüchern und im Kunstunterricht trifft man z.B. auf Abbildungen von Dürers Zeichnungen und seiner Holzschnitte. Auch Dali hat später eine große Skulptur geschaffen und Künstler vor ihm damit offenbar zitiert.
Laut mancher Quellen hat z.B. das Tier, das Dürer selbst nicht gesehen hat, die Überfahrt nach Italien nicht überlebt. Von anderen Tieren, die Anfang des 15. Jahrhunderts in Europa gezeigt wurden (auch als ausgestopfte Exponate), sind Geschichten und Verbleib nicht so bekannt. Wie könnte es ihnen ergangen sein?
Wie sind die Tiere dargestellt? Sahen und sehen sie wirklich so aus? Sie haben unsere Vorstellung stark beeinflusst und sind sogar in alten Biologiebüchern abgedruckt worden.Ist Clara hier im Buch anders gemalt?

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von stoni; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 02.11.2019

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