Ein Königreich für Eljuscha
- Autor*in
- Orlev, Uri
- ISBN
- 978-3-407-81088-5
- Übersetzer*in
- Pressler, Mirjam
- Ori. Sprache
- Hebräisch
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 285
- Verlag
- –
- Gattung
- –
- Ort
- Weinheim
- Jahr
- 2011
- Lesealter
- 12-13 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Bücherei
- Preis
- 16,95 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Eljuscha ist 5, als seine Familie aus der ostpolnischen Stadt vor der deutschen Wehrmacht fliehen muss. Sie findet eine neue Heimat in Kasachstan. Vom westeuropäischen Stadtleben in ein zentralasiatisches Dorf, fernab der gewohnten Kultur. Eljuscha befreundet sich schnell mit den Dorfjungen und ihm fällt der Abschied schwer, als die Mutter beschließt, nach Israel auszuwandern. Dort landet er in einem Kibbuz, wieder in einer völlig anderen Welt, in der er sich behaupten lernt.
Beurteilungstext
Eljuscha hat noch ein relativ großes Glück gehabt, seine Mutter und seine drei Geschwister blieben während des gesamten Krieges und des Lebens im Exil zusammen. Alles Fremde konnte er so gemeinsam mit der Familie sich aneignen. Nur sein Vater verschwand unter nicht ganz klaren Umständen, er war hoher Offizier in der Roten Armee, hatte den Weitblick, seine Familie rechtzeitig in die sichere Ferne zu bringen, wurde aber offensichtlich Opfer einer der Stalinistischen Säuberungsaktionen. Mindestens ab diesem Zeitpunkt bestand keinerlei Gefahr mehr, dass die Mutter mit dem Kommunismus liebäugelte, dieser Mord war Keimzelle des Auswanderungswunsches nach Israel. Um so befremdlicher war es dann dort für den Heranwachsenden, im Kibbuz ein großes Stalinbild zu finden.
Einen Großteil der Erzählung nimmt das Leben auf dem Land ein, die Schilderung der zentralasiatischen Bevölkerung, die Lebensfreude, Schlitzohrigkeit und Naivität, mit der der Junge immer wieder auf neue Entdeckungstouren zieht, nicht immer sind sie ungefährlich, die Mutter steht große Ängste aus, aber immer geht es gut. Die Herzlichkeit, mit der alle in diesem Lande miteinander umgehen, fällt dem Ich-Erzähler erst im israelischen Kibbuz auf, als er feststellen muss, dass körperliche Nähe dort gemieden wird, als er dort seine Mutter trifft, umarmt und herzt - und damit zum Gespött aller wird. Aber er entscheidet sich doch, sich nicht so zurückzunehmen, wie es im Kibbuz gerne gesehen würde.
Den historischen Hintergrund bekommt der junge Migrant noch kaum mit, der Krieg lässt sich in der fernen Welt Asiens nur gelegentlich sehen. Auf der Rückfahrt nach Polen wird der Flüchtlingszug von deutschen Kampffliegern beschossen und er sitzt auf dem Schoß einer sehr jungen Soldatin, die mit einer Kanone, wohl einer Flak, einen dieser Jäger abschießt - er empfindet das mehr als Abenteuer denn als Bedrohung. Das hängt natürlich auch mit der komfortablen Ausstattung einer fast vollständigen Familie zusammen.
Der 2. Weltkrieg ließ in Europa 80 Millionen Menschen die Heimat verlieren, die meisten unter viel dramatischeren Umständen. Aber umso wichtiger ist es, derlei Biografien zu erfahren, von denen, die noch Glück in einem riesenhaft größeren Unglück hatten. Auf der Rückfahrt versucht die Mutter in allen Städten Verbindung zu ihrer Familie, ihren Bekannten aufzunehmen - sie findet niemanden mehr.
Mirjam Presslers Übersetzung ist wieder ein Muster an Einfühlung in die Geschichte, die aus der Sicht des erwachsenen Eljuscha geschrieben wurde, der sich gerne an seine große Reise erinnert. Der Krieg erreicht den Jungen dann doch: Er ist elf, als der Staat Israel ausgerufen wird, die Araber werden aus dem Land gewiesen, der erste Krieg beginnt und Eljuscha weiß schon, dass neues Unrecht neues Unheil herauf beschwört. cjh11.10