Durch die ganze Nacht. Menschen, die arbeiten, während wir schlafen

Autor*in
Faber, Polly
ISBN
978-3-407-75669-5
Übersetzer*in
Illinger, Maren
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Hobday, Harriet
Seitenanzahl
32
Verlag
Beltz & Gelberg
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)
Ort
Weinheim
Jahr
2022
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
VorlesenBüchereiFreizeitlektüre
Preis
14,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Während sich ein kleines Mädchen die Zähne putzt und ihren Schlafanzug anzieht, um ins Bett zu gehen, macht ihre Mutter sich für die Arbeit fertig – „Sie hat einen wichtigen Job.“ (S. 6). Normalerweise schlafen die meisten Menschen nachts, aber viele gehen auch ihren beruflichen Pflichten nach. Die Ich-Erzählerin schaut genauer hin und beschreibt die unterschiedlichsten Berufe sowie deren Tätigkeiten in der Nacht.

Beurteilungstext

„Viele Menschen erledigen nachts wichtige Aufgaben.“ (S. 7) weiß das kleine Mädchen. Sie betrachtet die unterschiedlichen Berufe, die sie kurz, aber mit präzisen Informationen aufklärend darstellt. Es handelt sich dabei um eine lineare, chronologische Erzählung, die Züge eines Sachbuchs aufweist. Zu Beginn erzählt sie über ihre Mutter, die sich beim Sonnenuntergang für die Arbeit fertig macht. Die Erzählung endet mit dem Sonnenaufgang, als ihre Mutter schlafen geht. Zwischen diesen beiden markierten Tageszeiten werden auf je einer Doppelseite unterschiedliche Berufe vorgestellt, zum Beispiel die Bäcker, die Polizisten, die Musiker oder die Rettungssanitäter, die ihre Arbeit nachts erledigen. Es wird eine zweite Seite des Alltagslebens gezeigt, die den Kindern grundsätzlich verborgen bleibt. Ins Auge fällt auch, dass die Stadt immer im Hintergrund zu sehen ist und im Vordergrund das Umfeld der jeweiligen Berufe. Ein weiteres Detail ist auf jeder Seite zu sehen. Dieses fällt aber nicht direkt auf, sondern ist versteckt und bezieht sich auf den Beruf der Mutter — um was genau es geht, wird hier nicht verraten. Aufgrund dessen wird eindeutig, dass die Leser/-innen die Mutter eine Nacht lang begleiten.

Der Einband des Bilderbuches ist bunt gestaltet und der Titel wird durch einen silbernen Kreis hervorgehoben. Dieses visuelle Highlight wird durch die dunklen Blautöne hervorgehoben und ist somit ein sofortiger Blickfang. Durch den Anblick des Einbands kann bei Kindern Interesse und Neugier geweckt werden. Auch kann es ihre Kreativität und Fantasie anregen, so dass gleichzeitig das Vorstellungsvermögen trainiert und animiert wird. Schon auf dem Cover werden die verschiedenen Berufe in kleinen Szenarien innerhalb des Stadtgeschehens gezeigt. Die typische Gestaltung der Bilder, wie die farblichen Merkmale, das Detail des Berufs der Mutter und die Stadt im Hintergrund sind wiederzuerkennen.

Wer nun denkt, dass die Atmosphäre der Bilder trüb, grau und traurig ist, irrt sich. Trotz des Geschehens in der Nacht ist es der Illustratorin Harriet Hobday gelungen, die Zeichnungen übersichtlich, farbenfroh und lebhaft zu gestalten. Bei den Bildern dominieren die Blautöne, werden jedoch mit auffälligen Farben, wie Orange, Gelb, Lila, Grün oder Rot kombiniert. Dadurch kommen die großen, farbigen, doppelseitigen sowie realitätsnahen Darstellungen passend zur Geltung.

In den Bildern ist der schwarz gedruckte Text integriert. Die gedruckten Passagen sind kurz, nachvollziehbar und kindergerecht formuliert: „Liam macht viel schöneren Krach als die frechen Füchse. Er spielt Saxophon in einer Band“ (S. 15). Weiterhin ist der Text meistens eine genauere Beschreibung der Bilder und im Präsens verfasst. Der Text und die Bilder sind miteinander verknüpft und ergänzend. Die Bild-Text-Interdependenz führt dazu, dass die Kombination von Bild und Text eine detaillierte und förderliche Wirkung erzeugt. Zum Beispiel wird beschrieben, dass Georgie im Büro die Bilder der Überwachungskameras kontrolliert. Genau diese Szene ist auf dem Bild wiederzusehen: Ein Mann sitzt im Büro vor vielen Bildschirmen mit Bildern von verschiedenen Gängen und Räumen des Gebäudes.

Manchmal erzählt der Text aber mehr als die Bilder. Bei dem eben genannten Beispiel wird auch erzählt, dass Georgie und Sammy einen Vogel gerettet haben. Dieses Szenario ist in dem Bild nicht wiederzufinden. Dennoch illustrieren und verschönern die Bilder die Textebenen mit vielfältigen Feinheiten, wie Plakate anderer Berufe, der Rettungswagen oder die Menschen in einzelnen Szenen, die wieder zu sehen sind. Diese werden oft erst beim genauen Hinschauen wahrgenommen.

Auffällig ist die Diversität in der Erzählung. Durch die Vielfalt der Berufe tauchen immer neue Orte auf. Es werden viele Nationalitäten sowie soziale Schichten einbezogen und es wird teilweise versucht, die typische Berufseinteilung (in Klischees) zu vermeiden. So gibt es beispielsweise einen Polizisten und eine Polizistin. Auch wird die Heterogenität durch mehrere Einzelheiten sichtbar: unterschiedliche Hautfarben, Geschlechter und kulturelle vielfältige Namen (der Bäcker Luigi, die Tankstellenbesitzerin Eva und die Polizisten Hassan und Amira) unterstreichen dies. Dennoch wird das nicht immer berücksichtigt. In dem Buch werden nicht alle Stereotype vermieden. Zum Beispiel sind die Reinigungskraft und die Hebamme weiblich. In der Realität gibt es genauso männliche Personen in diesen Berufsgruppen. Das soziale Umfeld ist den Figuren und deren Berufen angepasst.

Insgesamt umfasst das Buch ein wichtiges Thema und wertschätzt die Menschen, die nachts arbeiten. Die verschiedenen Berufe werden von der Ich-Erzählerin nachvollziehbar und kindgerecht erklärt. Durch die Bilder werden die Erklärungen noch einmal verständlicher, anschaulicher und näher erläutert. Der Bezug zu verschiedenen Nationalitäten und untypischen Geschlechterverteilungen sind positiv hervorzuheben, dennoch sollte eine noch stärkere Differenzierung gemacht werden. Diese ist insofern erklärbar, dass nicht alle Weltbilder von typischen Klischees, wie die Hebamme oder Reinigungskraft, aufgehoben werden. Trotzdem verleihen die bisherigen Ansätze der Diversität, wie Hautfarben, Namen, Berufsbezeichnungen und die sozialen Schichten der Erzählung einen herausstechenden Nachdruck.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Juliana Jendretzke.
Veröffentlicht am 20.03.2023

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