Die Überlieferung der Welt

Autor*in
Visne, Selin
ISBN
978-3-423-71852-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
145
Verlag
dtv
Gattung
FantastikTaschenbuch
Ort
München
Jahr
2020
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
10,95 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Ein Seher sucht eine kleine Gruppe magisch begabter junger Menschen zusammen, um mit diesen auf die Reise in die Zwischenwelt zwischen Leben und Tod zu gelangen. Dort wird diesen Menschen, die alle einen großen Verlust erlitten hatten, von den verstorbenen Familienangehörigen deutlich gemacht, dass die Welt sich ändern muss. Die magisch begabten Menschen haben zu lange zu viel Macht gehabt und diese nicht zu Gunsten aller genutzt.

Beurteilungstext

Der umfangreiche Roman spielt in einer geschlossenen fantastischen Welt, den "neuen Götterlanden". Hier leben Magielose und magisch Begabte in verschiedenen Landesteilen, die auffällig ausbeuterisch und feudal organisiert scheinen. Der Seher Divan sucht unter den Heilern, den Blutenden, den Schattentänzern und den Lauschern seine kleine Gruppe zusammen. Alle fünf sind beschädigt, leben bedrängt und haben einen schweren Verlust erlitten. Dieser Verlust eines geliebten Menschen ist der Ansatzpunkt für Divan, denn er verspricht ein Wiedersehen und suggeriert, ohne es wirklich zu sagen, dass die jungen Menschen ihren Vater, ihre Schwester ... wieder mit ins Leben nehmen können.
Am Ende wird es dann anders, und die fünf Reisenden fühlen sich betrogen: Die Toten unterstützen den Seher darin, eine neue Welt zu ermöglichen, in der sich keine herrschende Magierschicht auf dem Status Quo ausruht und mit Traditionen alle Ungleichheit begründet. Diese neue Welt kann nur entstehen, wenn die fünf auf ihre eigene magische Begabung verzichten, was sie nach einem inneren Konflikt auch tun.
Eingearbeitet in diese Handlung ist die Liebesgeschichte zwischen der Heilerin Laelia und dem Heiler Hadrian, die recht trivial und kitschig anmutet, aber sicher die Herzen der pubertierenden Leserinnen ansprechen wird.
Insgesamt ist der Roman sicherlich spannend. Die Konflikte, um die es geht, sind nachvollziehbar und regen zur Stellungnahme und zur moralischen Auseinandersetzung an. Die Autorin gestaltet eigene und reizvolle Parallelen zu unserer Welt, so z. B. mit der Schaffung der "Magieküchen", geheimen Hinterzimmern, gesetzlich verbotenen Orte, an denen Magielose sich magische Unterstützung kaufen können - eine Analogie zu illegalen Spielbanken.
Und die Grundidee, dass Privilegierte auf ihre Privilegien verzichten müssen, ist ja durchaus eine auf unsere Welt übertragbare Vorstellung.
Sprachlich allerdings hat der Roman einige Mängel. So ist zwar die Handlung, die Szenerie, die Darstellung der Personen eher vage antik gehalten, die Dialoge aber sind meist in heutiger Umgangssprache gefasst, was nicht sehr stimmig wirkt. Auch die Versuche, eine bildliche Sprache mit Metaphern und Vergleichen zu nutzen, wirkt eher bemüht und trifft manchmal auch daneben: "Im Vergleich mit dem bunten Kijana war Talina nichts als ein öder Farbklecks." (S. 157) - Bunt wäre ja der Farbklecks, oder?
Auch der Umfang des Romans ist problematisch. Das ursprüngliche Ziel verliert sich ein bisschen in all den vielen kleineren Abenteuern, die die Gruppe bewältigen muss. Und trotz der Länge wird die Dauer der Reise, die sehr lang ist, nicht erlebbar für die Leser*innen - es muss gesagt werden, damit man es merkt.
Die Autorin ist sehr jung und hat sicher viel Potenzial, das sie weiterentwickeln kann. Und trotz aller Kritik: Die jugendlichen Leserinnen (vielleicht auch der eine oder andere Leser) werden das Buch als spannenden Schmöker lieben.
Gudrun Stenzel

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Diese Rezension wurde verfasst von Gudrun Stenzel; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 15.06.2020

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