Die schlimmsten Eltern der Welt

Autor*in
Walliams, David
ISBN
978-3-499-01031-6
Übersetzer*in
Bettina, Münch
Ori. Sprache
Illustrator*in
Ross, Tony
Seitenanzahl
308
Verlag
Rowohlt
Gattung
Buch (gebunden)Comic
Ort
Hamburg
Jahr
2023
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Freizeitlektüre
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Walliams spricht pubertierende Kinder an, die Erwachsene in dieser Lebensphase in der Regel nur noch als peinlich erleben und alle ihrer aufgetragenen Regeln als nicht nachvollziehbar. Eine pädagogische Absicht zu unterstellen, wäre wohl sinnlos. Die entworfenen Figuren und Szenarien sind so skurril und übertrieben gezeichnet - auch durch die Mitgestaltung des genialen Zeichners T. Ross-, dass die Unsinnigkeiten kaum mehr zu überbieten sind. Hier entlädt sich mancher Frust.

Beurteilungstext

Kinder, die ihre Eltern aus unterschiedlichsten Gründen oft als peinlich erleben, sind gefühlt mit solch einem Feuerwerk an Gedanken und Gefühlen konfrontiert, wie die Kinder in den zehn Kapiteln von Walliams Buch.
Es geht z.B.
- um gegenseitiges Ausstechen: mein Kind ist das klügste Kind von allen.
- Oder um: diese tollen Eigenschaften können nur von mir sein;
- oder um: ich verteidige meinen Nachwuchs am vehementesten;
- oder, noch peinlicher: meine Mutter ist Lehrerin an meiner Schule (sie kommt allerdings letztlich noch ganz gut davon);
- Oder: Kevin Klopper, der „Bartstoppeln wie Schleifpapier“ hat, „Blumenkohlohren“ und „mit einem startenden Flugzeug ein Tauziehen bestreiten kann“, aber nur „ ein Gehirn wie ein
Pingpongball“ besitzt. (Weshalb ihm dieses Gehirn auch immer weh tut.)
- schließlich um Peter Puh, den Vater mit den fiesesten Stinkefüßen, die aber nur die anderen stören. Immerhin rettet er bei einem internationalen Kochwettbewerb zunächst den Beitrag
seiner Tochter, die den Parmesan vergaß, bis er leider aufflog. Das übertraf alle „käsigen Albträume“: „Bllllllllööööööööörrrrrrrrrrrrrrrrrrkkkkkkkkkkkkkkkkk!“, rief ein Zuschauer, als es
auffiel. „Was war das Problem?“...“Hätte es noch mehr Käse gebraucht?“ , waren daraufhin Peter Puhs Fragen.

Weiter beschäftigt Walliams das Verhalten des Vaters, der niemals anstehen möchte und alle Beteiligten aufs Hinterhältigste überlistet, um mit den Kindern vorgezogen zu werden und um sich Vorteile zu verschaffen. Kein Betrug ist ihm dafür zu schade.
Er erfindet Geschichten von Erwachsenen, die
- Immer eilig sind und es – seit ihrer spektakulären Geburt - immer noch eiliger haben;
- sich als schnöseliges Paar auf Schloss Protz nicht um das eigene Kind kümmern, sondern alles der bezahlten Nanny überlassen;
- die Spielbausteine ausnahmslos selbst verbauen, die sie vorher den Kindern geschenkt hatten (dabei kommen schon mal das Haus und die Erdkugel ins Wanken, wenn der letzte
Baustein versteckt wurde);
- die Tierliebe zum Hund so auf die Spitze treiben, dass sie damit Ehemann und Kind aus Bett und Haus verbannen und ihnen den Schlafplatz im Mülleimer draußen zuweisen.

Peinlichkeiten des elterlichen Verhaltens kennt sicher jedes Kind, jede/r Jugendliche. Die Gefühle, machtlos zu sein und sich zu fragen: Wie können sie mir das nur antun? Warum habe ich ausgerechnet diese unmöglichen Eltern? Wieso kann ich an ihren Macken nichts ändern?, stellen sich dann nahezu zwangsläufig.
Denn, alle erwachsenen Protagonisten sind frei von jeglicher Selbsteinschätzung, Reflexionsfähigkeit und Perspektivenübernahme.

Schräger, als Walliams es beschreibt, kann es nicht zugehen. Ein Kapitel toppt das nächste in der Darstellung, den Dialogen und comicartigen Hinweisen. Doch er treibt es manchmal etwas zu weit, wenn seine Phantasie mit ihm durchgeht? Da kann man sich nur abwenden und die Augen zuhalten.
Aber dann wird wahrscheinlich wieder weitergelesen und weiter geschaut. Zudem die Seiten kurzweilig die Sprengsätze widergeben, die die Texte liefern und sie oft noch verstärken. Lautmalerei, bunt oder zackig umrahmt, farbig jeweils verschieden und mit unendlich vielen Ideen bereichert, ist jede Seite ein Abenteuer.
Sind nun die Zeichnungen spannender oder der Text mit seinen Hervorhebungen, fett oder versetzt gestalteten Schrifttypen, die einmal quer mit allen Möglichkeiten zu spielen scheinen?
Manchmal wirr, weil es verwirrt, doch nie unsortiert, endet das letzte Kapitel (gleich nach den Protzeltern) mit der peinlichsten Klofrau-Mutter der Welt, einer wahren „Supermum mit magischen Superkräften“, die mit dem „Racheeimer der Verdammnis“, dem „Mopp der Verwüstung“ und der „Klobürste der kosmischen Katastrophe“ um Ordnung kämpft. „Tretet zurück! Supermum riskiert alles, um dich mit deinem Filzstift wiederzuvereinigen.“ Mit „Zisch“, „Doing“, „Wusch“, „Ploing“ geht es weiter, um die „Killerklos“ zu besiegen, die sich in London überall selbständig gemacht haben und dabei sind, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Die Kinder bewaffnen sich nun selbst mit den Waffen – optisch in „Superkids“ verwandelt als „ULTRABOY“ und „GALACTIC GIRL“.
„Supermum lächelte still vor sich hin. Sie mochte peinlich sein, aber wenigstens hatte sie die Welt gerettet.“

Walliams Vorschläge und Sprache sind auch mal grenzwertig. Es scheint so, als nähme er mit seinen Überzeichnungen Anleihen bei Comics u.a. aus den 50er Jahren, bzw. zitiere ihre Art der Gestaltung. Dafür spricht auch der ungewöhnliche Einband mit von dort adaptierten Farben(?) und z.T. goldenen Lettern. Wobei er heute natürlich besser sein möchte, als die nur erdachten Figuren in den Heften, die die Charaktere nur spiegeln. Er greift hier direkt auf menschliche Figuren als Protagonisten zu und überhöht ihre Eigenschaften: Schließlich spricht auch noch das Cover vom „WELTBESTEN Autor(en) der Welt“. Er fügt den Zeichnungen die sie noch übertreffenden Erklärungen durch einen erzählenden Text hinzu. Damit es auch wirklich verstanden wird! (Was ist ihm nur widerfahren?)
Mit den genialen Zeichnungen von Tony Ross passt das alles zusammen. In Comics – vor allem o.g. - finden sich häufig solch übertriebene Handlungen und Charaktere. Sie sind so übertrieben, dass klar ist, was sie bezwecken wollen. Außer gut zu unterhalten, wollen sie aufdecken und nutzen dazu u.a. das Mittel der Überspitzung bis hin zur Drastik.
Als erwachsener Leser und Betrachter erkennt man sehr schnell die Sachlage oder sogar sich selbst wieder. Damit das aber nicht nur so harmlos zum Schmunzeln stehen bleibt, muss noch dicker aufgetragen werden.
Das gilt ausschließlich dem Schutz der Kinder und Jugendlichen vor problematischen Eltern. Sie sollen vor solchen Übergriffen in Schutz genommen werden. Walliams und Ross zeichnen ihre Welt und Sichtweise ganz rücksichtslos. Ihr Standpunkt ist deutlich, Eltern sollten sich vielleicht endlich mal „raushalten“.
Besteht nun die Gefahr, dass das Anliegen sich ins Gegenteil umschlägt, weil Walliams Ideen zu verrückt daher kommen?
Das kann vielleicht alles nur von den Adressaten beurteilt werden.


Anmerkung

Kunst und Gestaltung eigener Comics

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von stoni; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 14.01.2024

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