Die Puppenspieler von Flore
- Autor*in
- Thal, Lilli
- ISBN
- 978-3-8369-5801-1
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 480
- Verlag
- Gerstenberg
- Gattung
- Dystopie
- Ort
- Hildesheim
- Jahr
- 2015
- Lesealter
- 12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Bücherei
- Preis
- 9,95 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Der 16-jährige Tamaso wird am Tag seines Schulabschlusses von den Agenten des Staates Corona abgeholt und mit 19 anderen Jugendlichen in ein Ausbildungscamp gebracht. Einige Monate später muss er verdeckt im Feindesland Flore spionieren und mit den anderen um sein Leben bangen.
Beurteilungstext
Lilli Thal hat mit „Die Puppenspieler von Flore“ einen spannenden Agentenroman verfasst, dessen Titel aber irgendwie nicht recht passen mag. Die Handlung spielt in einer real-fiktiven Welt, in der die beiden Länder Flore und Corona miteinander im Konflikt stehen. Flore ist ein totalitärer Militärstaat, der bereits zahlreiche Staaten unterworfen hat und nach weiterer Expansion strebt. In diesem Land, in dem Literatur und Kunst nur der Glorifizierung des Militärs und Krieges dienen dürfen, wird paradoxerweise seit Jahrhunderten ein kunstvolles Puppenspiel gepflegt. Coronas Herrschaftsform wird nicht explizit erwähnt, vieles deutet aber darauf hin, dass auch dort das Militär eine tragende Rolle hat. Corona sieht sich als Hegemonialmacht gegenüber vielen kleineren Staaten, aber tritt dabei eher herrisch-kolonial auf. Dazu gehört auch, dass in einem geheimen Projekt koronische Kinder bei Leiheltern in Parman aufwuchsen, am Tag ihres Schulabschlusses von den Coronern entführt werden und in einer brutalen Ausbildung zu Agenten gedrillt zu werden. Als solche werden sie in die Machtzentralen Flores eingeschleust und müssen dort spionieren und Geheimaufträge ausführen. Einer dieser Jugendlichen ist der Ich-Erzähler Tamaso, der sich der coronischen Disziplin nie ganz unterwerfen kann, seine parmanischen Zieheltern liebt und vermisst. Aufgrund seiner Fingerfertigkeit wird er als Mechaniker in das Haus des Marschalls Utuk eingeschleust. Dieser ist der zweite Mann im Staate nach dem „Obersten Führer“, allerdings ist der eigene Sohn, Herr Rix, verkrüppelt und damit eine Schande. Noch dazu pflegt er mit seiner Mutter das Puppenspiel. Durch die Reparaturen an den Marionetten kommt Tamaso mit ihnen in Kontakt, lernt ein altes Märchen kennen und deutet das als Parabel auf die gegenwärtige florische Gesellschaft. Die Übungen der Puppenspieler durchbrechen den Erzählfluss des Ich-Erzählers immer wieder und haben fast den Charakter einer Binnenerzählung. Die Übungen gipfeln letztlich in der Aufführung beim nationalen Puppenspielerwettbewerb, der gleichzeitig der Höhepunkt des Romans ist, weil der „Oberste Führer“ ermordet wird und die jugendlichen Agenten sich auf Schleichwegen nach Corona durchschlagen müssen. Erst nach der Heimkehr kann Tamaso aufdecken, dass er und seine Kameraden von einem Doppelagenten missbraucht wurden.
Der Roman ist eine spannende Lektüre, die sich von der Fantastik und dystopischen Literatur abhebt. Freilich trägt die Konzeption der konkurrierenden Staaten fast dystopische Züge, dennoch dominiert die realistische Darstellungen so weit, dass sich Analogieschlüsse zu realen Diktaturen, vor allem bei Flore zu Nordkorea, ergeben. Die Zeichnung der Figuren gelungen, sie agieren glaubwürdig. Gelungen ist zudem, dass die Brutalität der florischen Militärs nie explizit oder gar reißerisch inszeniert wird, sondern nur angedeutet.