Die Eiche und der Federschopf. Von Wurzelwissen, Autobahnen und einem ziemlich frechen Eichelhäher
- Autor*in
- Dumon Tak, Bibi
- ISBN
- 978-3-8369-6175-2
- Übersetzer*in
- Blatnik, Meike
- Ori. Sprache
- Niederländisch
- Illustrator*in
- Tolmann, Marije
- Seitenanzahl
- 128
- Verlag
- Gerstenberg
- Gattung
- Buch (gebunden)Erzählung/RomanFantastik
- Ort
- Hildesheim
- Jahr
- 2022
- Lesealter
- 10-11 Jahre8-9 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- BüchereiFreizeitlektüreVorlesen
- Preis
- 16,00 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Warum es sich lohnt, ein Buch über eine real existierende, fast 200-jährige Eiche auf dem Mittelstreifen einer viel befahrenen niederländischen Autobahn zu lesen.
Beurteilungstext
Weder Titel, Untertitel noch Klappentext hätte mich normalerweise nach diesem Buch greifen lassen. Eine alte Eiche, an ihr vorbeibrausender Verkehr, ein Eichelhäher und ein Wurzelchor ließen eine wenig erbauliche zivilisationskritische Abrechnung in märchenhafter Form vermuten. Also keine Lektüre, die ich unbedingt gewählt hätte, wenn die Autorin nicht Bibi Dumon Tak wäre.
Sie hat unter anderem zwei Bücher mit kurzen, ebenso informativen wie poetischen Sachtexten über bekannte und weniger bekannte Tiere herausgebracht, die ich gerne und effektiv im Leseflüssigkeitstraining im Unterricht einsetze.
Nun also „Die Eiche und der Federschopf“, in der die Autorin einer alten Eiche auf dem Mittelstreifen der A58 in den Niederlanden nach einer kurzen Einführung eine Stimme gibt.
Monologisch und im Dialog mit einem Eichelhäher, dem Federschopf, entwickelt sich die Geschichte dieser Stieleiche und die Geschichte der Region, in der sie steht, mit den beiden Weltkriegen, Friedenszeiten, dem Bau der Autobahn und Rettungsmaßnahmen für die Eiche. Der freche und vorlaute Eichelhäher kommt immer wieder und immer länger, um die Geschichten zu hören, entwickelt sich vom Gast zum Freund und Beschützer. Frech, und vorlaut, aber zunehmend liebevoll frotzelnd und besorgt, spricht der Federschopf mit der Eiche. Und immer wieder verkündet der Wurzelchor mit seinem Wurzel_Weiten_Web Neuigkeiten und Bedrohungen rund um die Eiche in gereimter Form.
Die Vogelperspektive, im wahrsten Sinne des Wortes, erweitert sich im Laufe der Geschichte um die eines Baumes: einem komplett statischen und passiven Ausharren an einem Ort, jedweden äußeren Einflüssen und Geschehnissen ausgesetzt.
Poetisch, philosophisch, aber ohne Pathos, dafür mit Humor, wird der Gegensatz von Natur und moderner Zivilisation, von Langsamkeit und Hast, von Baum und Vogel gezeichnet.
Nach dem Lesen des Buches musste ich erstmal einigen Fragen nachgehen.
So wollte ich zum Beispiel genauer wissen, ob und wie weit Bäume tatsächlich durch Wurzelnetze miteinander verbunden sind oder in welchem Verhältnis Dichtung und Wahrheit in diesem Buch stehen (Ergebnis: wenig Dichtung, viel Wahrheit).
Wie der Zufall es will, werde ich bald an dieser Eiche vorbeifahren, und hoffe, dass sie noch steht, nun wo ich ihre Geschichte kenne: Als Symbol für Beständigkeit, aber auch als Mahnung - und für den Fall, dass sich in der Realität tatsächlich ein Eichelhäher auf den Mittelstreifen der Autobahn verirren sollte.