Die Anatomie der Nacht

Autor*in
Bennett, Jenn
ISBN
978-3-551-32061-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
347
Verlag
Carlsen
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
Hamburg
Jahr
2022
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
10,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Eine große Liebe und die Leidenschaft für Kunst, Familienprobleme und die Suche nach einem individuellen Weg ins Leben. Das alles vor der Kulisse San Franciscos – erzählt in einem aufregend frischen Stil.

Beurteilungstext

Bex ist achtzehn und arbeitet hart für ihren großen Traum, den viele Menschen in ihrem Umfeld für eine sehr „schräge“ Idee halten. Sie möchte anatomische Zeichnerin werden und dafür ein Stipendium für ein College in einem Kunstwettbewerb für Schüler gewinnen. Ihre Bitte, in einem Anatomiesaal Skizzen anfertigen zu können, wird zunächst abgeschlagen. Auf der Heimfahrt allerdings erlebt sie im Bus die Begegnung ihres Lebens: Sie trifft Jack, der sie sofort in den Bann zieht. Der Gleichaltrige ist charmant, sieht gut aus und hat ganz offensichtlich großes Interesse an Bex. Dass er noch mehr ist, erahnt das Mädchen schnell: Er muss der Verursacher der Graffitis sein, über die ganz San Francisco seit Wochen spricht – riesige Worte in goldenen Buchstaben. Bald begegnen sich beide wieder und verlieben sich ineinander. Dass die Wandbilder Sachbeschädigung darstellen und Jack sich strafbar macht, schreckt Bex nicht ab. Erst recht nicht, nachdem sie herausgefunden hat, warum er diese Street-Art-Aktionen macht. Jacks Zwillingsschwester Jillian ist schizophren und verbringt, nachdem sie im Zuge eines psychotischen Schubs ihre Mutter angegriffen hatte, ihr Leben in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung. Jack widmet ihr seine Bilder, sie geben ihr Mut. Bex ist überglücklich mit ihrem Freund. Auch ihre Mutter und ihre Bruder, mit denen sie die Wohnung teilt, nachdem der Vater die Familie wegen einer anderen Frau verlassen hatte, finden Jack sympathisch. Schockiert ist Bex freilich, als sich herausstellt, dass Jacks Vater der Bürgermeister der Metropole ist. Als auffliegt, dass Jack der illegale Sprayer ist, droht das Glück der beiden ein jähes Ende zu finden; weil ihnen der Kontakt zueinander verboten wird. Schließlich aber versöhnen sich Bex wie Jack mit ihren Familien und können in ein gemeinsames Leben aufbrechen.
Jenn Bennets Roman überzeugt in erster Linie wegen der frischen, unverbrauchten, dynamischen Sprache. Der Autorin gelingen griffige sprachliche Bilder fernab von Stereotypen; die Dialoge sind witzig und authentisch. Die Geschichte ist linear erzählt, Bennett verzichtet auf Rückblenden und Handlungssprünge. Die Protagonisten sind individuell und nachvollziehbar dargestellt und die Handlung wird geschickt entwickelt. Neben den beiden Hauptfiguren werden auch die anderen wichtigen Charaktere plastisch und mehrdimensional herausgearbeitet, vor allem Bex` Mutter und ihr Bruder Heath, aber auch Randfiguren wie „Schnorrer-Will“. Die sich entwickelnde Liebe zwischen Bex und Jack wird feinfühlig und ohne Kitsch erzählt. Der Plot dagegen hat einige Schwächen. So driftet das Ende des Romans zu sehr in Richtung eines klassischen Hollywood-Happyends ab; die „Läuterung“ des vor allem auf seine Karriere bedachten Bürgermeister-Vaters ist wenig glaubwürdig und die Bereitschaft von Bex´ Mutter, den Kontakt zum Vater wieder herzustellen, kommt zu plötzlich und „glatt“. Dass Jacks Vater ausgerechnet ein hochdotierter Kommunalpolitiker sein muss, tut dem Buch auch weniger gut. Dennoch ist „Die Anatomie der Nacht“ lesens- und empfehlenswert – vor allem als Mutmach-Buch, als Aufforderung, zu seinen Träumen zu stehen und sich für die einzusetzen. Bemerkenswert ist auch die einerseits recht explizite, aber andererseits gekonnt-leichte Darstellung von Sexualität und ebenso die vollkommen natürliche und unverkrampfte Art und Weise, wie Heaths Homosexualität erzählt wird.

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Diese Rezension wurde verfasst von RPKJ; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 29.01.2023