Der wilde Junge
- Autor*in
- Gerstein, Mordicai
- ISBN
- 978-3-7725-1859-1
- Übersetzer*in
- Rosenstein, Richard
- Ori. Sprache
- Englisch
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 40
- Verlag
- Freies Geistesleben
- Gattung
- BilderbuchSachliteratur
- Ort
- Stuttgart
- Jahr
- 1999
- Lesealter
- 10-11 Jahre12-13 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Bücherei
- Preis
- 12,50 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Mit vielen Bildern wird die Geschichte des Wolfsjungen aus dem französischen Aveyron erzählt, der um 1800 entdeckt und gefangen wurde und nach wissenschaftlicher Untersuchung für schwer geistig behindert eingestuft wurde. Erst mehrjähriges Zusammenleben mit dem Arzt Itard bewirkte eine deutliche “Zivilisierung”, sprechen allerdings lernte der Junge nie. Das Buch umfasst die Zeit der Kindheit des Jungen bis zu den ersten Fortschritten.
Beurteilungstext
Ein schönes und ergreifendes Buch, dessen Reiz neben der durchaus packenden Geschichte vor allem auch in seiner Darstellung früher pädagogischer Bemühungen beruht, die z.T. bis in die Jetztzeit Gültigkeit besitzen. Dieser pädagogische Blickwinkel mit dem Ansatz ganzheitlicher Förderung und Verbindungen zu Montessori- und Heilpädagogik ist natürlich eher ein den erwachsenen Leser ansprechender Aspekt. Aber auch den jugendlichen Leser wird das Schicksal des Jungen ergreifen, ob in seiner tierhaften Verbindung zu den Phänomenen der Natur, solange er alleine lebte, ob in seiner Verlorenheit beim erzwungenen Kontakt mit der Zivilisation. Unwillkürlich drängen sich Fragen auf zum Wert typisch “menschlicher” Verhaltensweisen gegenüber anderen Lebewesen, auch und gerade auf dem Feld eines fremden Erfahrungshintergrundes oder anderer Sinnesausprägungen. Hier lassen sich Anknüpfungspunkte erkennen zur Thematik “Artgerechtigkeit” und “Behinderung”, die es verdienen, auch Eingang in den Unterricht zu finden.
Auch die Darstellung der Begrenztheit von Geduld und Verständnis eines eigentlich mehr als gutwilligen Pädagogen bleibt zeitübergreifend nachvollziehbar und eindrucksvoll. Jedem, der in irgendeiner Form mit der Förderung brachliegender Fähigkeiten zu tun hat, wird die Parallelität von Freude und Verzweiflung über anscheinend “nur” kleinste Fortschritte geläufig sein. Und gerade die Offenheit des Buchschlusses, ohne abschließende Wertung oder Perspektive animiert den Leser zum Fortspinnen der begonnenen Entwicklung.
Besonders hervorzuheben sind die ausdrucksvollen Farbzeichnungen, die nicht nur die Geschichte illustrieren, sondern in ihrer Dynamik und die emotionale Ebene vertiefenden Farbsymbolik (grauere, stumpfe Farben bei bedrohlichen Situationen, heitere, warme Farbigkeit bei Szenen der Ausgeglichenheit) eine zusätzliche Erzähl- und Erlebnisebene erzeugen. Für jüngere und ältere Leser also wirklich ein Gewinn.