Der Weg nach Hause

Schlagwörter

• Abenteuer
• Kindheit
• Reisen

Teaser

Der Weg ist das Ziel: Wieder einmal schickt Sven Nordqvist einen kleinen Jungen auf die Reise durch ein fantastisches Abenteuerland. Auf dem Weg "nach Hause" meistert er einige gefährliche Situationen, oft mithilfe der merkwürdigen kleinen und großen Wesen, die diese Welt bevölkern. Der Text ist bei Sven Nordqvist zweitrangig – das Erzählen übernehmen die wimmeligen, kunterbunten, unglaublich verrückten Bilder im Großformat.

Beurteilungstext

Inspiriert wird der schwedische Autor, der sich mit der Reihe "Petterson und Findus" in den achtziger Jahren sowie "Mama Muh" in den neunziger Jahren längst als Klassiker etabliert hat, immer wieder durch die skandinavische Welt der Wichtel und Trolle, seine Naturliebe, aber auch vom Traumszenario der "Alice in Wunderland" und anderen Fantasy-Vorreitern aus dem neunzehnten Jahrhundert. Der Plot ist dabei nur der Aufhänger, sich auf einem "gelben Weg" durch die abwechslungsreichen Landschaften zu schlängeln und dabei den unerschöpflichen Einfallsreichtum des Bilderbuchkünstlers auf sich wirken zu lassen. Nordqvist hat zwar ein festes Repertoire an Szenarien, aber auch unzählige Variationen dafür: Es gibt die ländliche Idylle mit Apfelbaum, Blaubeeren und Sonnenblumen, die gelehrte Bücherstube der "alten Frau, die alles weiß", kunstvolle Wasserläufe mit Rädern und Rinnen, den unheimlichen dunklen Wald (Trolle!), eine sehr aufregende Fahrt übers Meer (diesmal mit U-Boot), eine Reise in die Vergangenheit oder in ferne, südöstliche Länder. Überall begegnen uns sehr kleine oder sehr große Wesen, aber auch die Grenzen von Raum und Zeit, Himmel und Erde, Traum und Wachzustand werden erkundet. Zum Glück hat der kleine Junge einen Rucksack mit auf den Weg bekommen, der einige Male hilfreiche Dinge enthält. Denn so unterhaltsam sich die Reise auch gestaltet, es lauern überall Gefahren. Die Trolle im Wald beschimpfen ihn. Ein Rabe bietet ihm eine Zigarette an. Die Busfahrt kostet Geld – man kann aber auch mit einem Lolli bezahlen. Auf hoher See ertrinkt der Junge fast – ihn retten seine Schwimmweste und ein U-Boot-Kapitän. Schließlich läuft er in ein Gemälde hinein – wird aus dem Fenster geworfen – fliegt! – und hat zum Glück einen Fallschirm im Rucksack. Dann muss er noch vor einem bösen Mädchen durch ein Labyrinth flüchten, bevor die Umgebung endlich vertraut wird und der Junge sein Zuhause erreicht. Er muss sich ganz allein orientieren, verständigen, behaupten, er hat Hunger und Durst, badet, schläft und ist doch irgendwie geborgen in "seinem" Abenteuer, das den kleinen Pfadfinder schließlich zu einem guten Ende führt.
Auch wenn die Zeichnungen kindgerecht bunt und putzig und oft comicartig ansprechend gestaltet sind, werden hier viele ernsthafte und herausfordernde Situationen beschrieben. Mut und Zuversicht werden vermittelt, es geht darum, unbekannte Dinge auszuprobieren und auf gar keinen Fall zu verzweifeln, wenn etwas schief läuft. Unvorhergesehenes ist völlig normal! Alles kann, nichts muss passieren, und es gibt immer einen Ausweg – man muss ihn nur finden.
Nordqvist hat schon zwei ähnliche Bilderbücher veröffentlicht, "Wo ist meine Schwester?" (2008) und "Spaziergang mit Hund"(2019). Es sind anspruchsvolle All-age-Bücher, die schon Kleine gerne anschauen und die auch älteren Betrachtern nie langweilig werden – vorausgesetzt natürlich ein Sinn für schräge Charaktere und Ereignisse und die Bereitschaft, die Fantasie ausufern und jegliche Logik beiseite zu lassen. Wer möchte, kann Anspielungen auf Tolkien, Kafka oder Jules Verne entdecken. Oder in eine kindliche Vorstellungswelt abtauchen, wo alles belebt oder auch zweckentfremdet ist wie in einer Spielzeugwelt. Nordqvist ist einfach Kult, und wer ihn mag, kann nicht genug von diesen Büchern bekommen!