Der Fotograf von Auschwitz Das Leben des Wilhelm Brasse

Autor*in
Engelmann, Rainer
ISBN
978-3-570-15919-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
190
Verlag
Gattung
Biografie
Ort
München
Jahr
2015
Lesealter
14-15 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Brasse wird 1940 in das KZ Auschwitz eingeliefert. Der polnische Fotograf hatte sich geweigert, als Deutscher an der Front verheizt zu werden, nur weil er Deutsch kann. Im KZ kann er sich die privilegierte Rolle eines Fotografen verschaffen - weiß aber noch nicht, Augenzeuge welcher Gräuel er so wird. Die Protagonisten des Terrors lernt er alle kennen, noch mehr aber der Opfer muss er porträtieren. Er überlebt.

Beurteilungstext

Mit 28 Jahren ein neues Leben anzufangen, ist eine Herausforderung, die Brasse nur durch einen massiven Schnitt schaffte: Er konnte nach dem Krieg nicht mehr als Fotograf arbeiten, die Gesichter seiner KZ-Porträts ließen ihn nicht mehr los. - Anfangs hatte ich mit der eher umständlich als deskriptiv erscheinenden Sprache Engelmanns meine Schwierigkeiten. Als ich aber an die Kapitel über die KZ-Schergen, allen voran Mengele, geriet, verstand ich, warum Engelmann so und nicht anders schreiben musste. Jede andere Sprachhaltung gegenüber derartigen Teufeln wäre unerträglich gewesen. Und damit bin ich gleich bei der Zielgruppe dieser Biografie: Es müssen und sollen Jugendliche sein. Nur wenn man schonungslos berichtet was geschah, kann man sich gegen eine Wiederholung der Massenvernichtung von Menschen engagieren. Eine Resignation angesichts der Gräuel lässt dieses Buch nicht zu, wenn ein Mensch wie Brasse, der nichts weniger und nichts mehr als ein Durchschnittsmensch ist, der so rein gar nichts von einem Helden an sich hat, es geschafft hat, Auschwitz zu überleben, dann kann das auch jeder andere. Jeder, du und ich. Ich der Alte, und du, der Junge ohne jede Lebenserfahrung.
Klug ist die Gliederung, erst kommt die rein biografische Erzählung, dann folgen KZ, die Porträts der Insassen, erst nach der unausweichlich erfolgenden Beschreibung des KZ-Alltags, der allzeit bestehenden Todesgefahr, der vielen Risiken der tödlichen Willkür der SS, folgen Porträts der schlimmsten Scharführer et.al, immer aus dem Erleben Brasses beschrieben. Es gab auch die ""guten"" Vorgesetzten, aber den Rahmen des beschriebenen Mordgeschehens darf man dabei nicht vergessen. Fotobeispiele, besonders das der 15-jährigen Czeslawa Kwoka und ihrer kurzen Geschichte, die mehr aufrüttelt als eine lange Gräuelgeschichte, sind repräsentativ für Brasses Arbeit als KZ-Fotograf. Die schlimmen Beispiele werden nur skizziert, nicht abgebildet. Der Autor hat klugerweise darauf verzichtet, das voyeuristische Verhalten eines Mengele auch noch hier zu transportieren. Mag nachgucken, wer auch immer wo will - die Geschichte alleine reicht. Mehr als genug.
Zusätzlich zum unverzichtbaren Glossar werden die Biografien der wichtigsten SSler, denen Brasse begegnete, in Kurzbiografien beschrieben. Es mag dem jugendlichen Gerechtigkeitsempfinden der Leser Genüge tun, dass fast allen Prozesse gemacht wurden, fast alle verurteilt, zum Teil auch gleich nach dem Kriege hingerichtet wurden (soweit sie den überlebten). Dass es auch ganz andere Lebensläufe gab, hat hier nichts verloren. Nur Mengele überlebte unbehelligt. Ausgerechnet.
Genug aber kann man nicht über die Gräuel der SS berichten, die im Namen des Deutschen Volkes begangen wurden. Oder lesen. Engelmann hat hier ein schonungsloses Porträt vorgelegt, das mehr erreichen kann als ein Porträt der zukunftslosen Opfer. Kann man ein Zuviel an Grausamkeiten beschreiben? Sicherlich, Engelmann tut das aber nicht. Er hält sich sehr zurück, das Grausame steckt hinter seinen Worten. So kann der Empfindliche bei der Lektüre sehr viel mehr ausklammern als der, der sich der Geschichte der KZs offen zu nähern versucht. Mich hat dieses Buch maßlos beeindruckt.
Cjh15.01

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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