Das Zauberbuch
- Autor*in
- Scheller, Anne
- ISBN
- 978-3-7512-0039-4
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Wegner, Stefanie
- Seitenanzahl
- 68
- Verlag
- Oetinger
- Gattung
- Buch (gebunden)Erstlesebuch
- Ort
- Hamburg
- Jahr
- 2021
- Lesealter
- 6-7 Jahre8-9 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Klassenlektüre
- Preis
- 10,00 €
- Bewertung
Teaser
Das Internat Espenstein ist keine gewöhnliche Schule. Wie ein Filmschloss birgt es viel Platz für Geheimnisse und Abenteuer und die Leser und Leserinnen sind mittendrin. Zusammen mit Tom und Anni müssen sie sich dieses Mal auf die Suche nach einem Zauberbuch begeben. Die Zeit läuft. Kobolde sind aus dem Dunklen Buch ausgebrochen und richten überall Chaos an.
Beurteilungstext
„Escape School“, der Reihentitel, kann mit „Flucht aus der Schule“ übersetzt werden. Zunächst denke ich da an meine Alltagserfahrungen im Schulsystem. Vor mancher langweiligen Stunde oder schwierigen Klausur wäre ich gern geflohen.
In den Bänden der Reihe sind jedoch weder Langeweile noch die Strenge eines Systems Anlass für Fluchtgedanken. Weil es in der Schule (lebens-)gefährlich ist, müssen Leser und Leserinnen nach einem Ausweg suchen. Dieses Mal hat jemand aus dem Dunklen Buch einen Zauberspruch ausgesprochen und nun treiben heimtückische Kobolde ihr Unwesen in der Schule. Nun muss das Buch der sieben Zauber gefunden werden, damit der Zauber beendet wird.
Zum Glück gibt es Anni, Tom und die Lemurin Katta, die sich den Rätseln und Schwierigkeiten der Suche stellen. Anni ist in dieser Konstellation der sportliche und praktische Teil. Tom ist der Bücherwurm und Katta repräsentiert ein Zufallselement, so etwas wie die natürliche Intuition. Auch die Leser und Leserinnen sind Teil des Teams und der Handlung.
Der Band ist eine Art Spielbuch. Auf jeder Seite sind die Lesenden gefragt, mitzuhelfen und Entscheidungen zu treffen. In vielen (Rollen-)Spielbüchern führen die Entscheidungen ausschließlich zum Seitenwechsel. Es wird hin- und hergeblättert und es entstehen verschiedene Handlungsabläufe, je nachdem, welche Seiten hintereinander gelesen werden. Daran orientiert sich der Band und fügt noch weitere Aktivitäten hinzu. Da müssen Wörter in einem Buchstabengitter gesucht werden oder Informationen aus den Illustration herausgefunden werden. Des Weiteren gibt es eine lose Extraseite – angeblich aus dem Buch der sieben Zauber – die an manchen Stellen weiterhilft.
Diese Verbindung aus Rätsel- und Spielbuch kann Schule machen, weil es dadurch gelingt, den Entscheidungsprozess abwechslungsreicher zu gestalten. Bei anderen Spielbüchern kann es schon manchmal langweiliger oder belastend werden, wenn ständig das Buch durchgeblättert werden muss.
Mit Blick auf das Zielpublikum der Erstleser*innen handelt es sich vielleicht auch um eine nützliche Bucheigenschaft. Auf diese Weise lässt sich das Erkennen und Suchen von Seitenzahlen unterhaltsam üben. Auch die Rätsel passen gut in diesen Kontext, wenn Buchstaben neu angeordnet werden müssen, um ein Lösungswort zu finden. Oder es sollen Buchstaben weggestrichen oder rückwärts gelesen werden. Im Band finden sich viele Ideen mit Sprache zu spielen, durch die das Buch ein breites Erfahrungsspektrum der Möglichkeiten von Schrift bietet.
Literarisch stellt sich dabei die Frage, inwiefern es Erstleser*innen gelingt, mit diesen Textversatzstücken einen Überblick über die Handlung zu behalten. Es könnte nützlich sein, eine Karte oder ein Baumdiagramm zu erstellen. Ebenso ist es vielleicht eine Herausforderung, die Balance zwischen dem Nachvollzug der Handlung und den eigenen Aktivitäten zu finden. Wie lange hält die Aufmerksamkeitsspanne von Erstlesern und Erstleserinnen? Ist es nach dem Lösen eines Rätsels vielleicht notwendig, die Seite noch einmal zu lesen?
Der Band verwendet noch ein weiteres literarisches Element, das kaum bekannt ist. Zu dessen Verständnis fehlen möglicherweise Vorerfahrungen. Das Buch ist als Du-Erzählung verfasst worden, gelegentlich wird auch das Pronomen „ihr“ verwendet. Die Leserin oder der Leser werden vom Erzähler direkt angesprochen. Diese persönliche Ansprache zielt auf einen stärkeren Einbezug in die Handlung. Zum einen sind Entscheidungskraft und Rätsellösungskompetenz gefragt, wenn die richtige Seite ausgewählt oder gefunden werden muss. Können der Handlungsplan des Erzählers nachvollzogen werden? Zum anderen wird die Vorstellungskraft aktiviert, wenn das „Du“ mitten in die Bildbeschreibungen (Ekphrasen) des Textes platziert wird.
Dieser Einbezug kann für das Zielpublikum gut funktionieren, da im Grundschulalter weniger Details für eine Identifikation mit den Figuren und Situationen benötigt werden. Die Differenzen in Gedanken, Gefühlen und Handeln zwischen personaler und figuraler Identität beginnen die Lesenden erst zu entdecken.
Eine bewusste Auseinandersetzung mit der beschriebenen Leserfigur und dem eigenen Selbstverständnis wäre dann bestens geeignet, in das Phänomen der Fiktionalität einzuführen. Da steht bspw. „du rufst aufgeregt“, aber würde das der- oder diejenige tatsächlich tun? Wie würde es sich anfühlen oder anhören? Welche Handlungsoptionen gibt es noch?
Der Band „Das Zauberbuch“ aus der Reihe „Escape School“ ist ein unterhaltsames Buch, passend für alle, die eine Mischung aus Fantasy, Rätsel und Krimi mögen. Es bietet Möglichkeiten zum Spiel mit den Buchstaben und der Handlung. Wenn die Lesenden Lust haben, dann können sie sich in das Geschehen hineinversetzen und anfangen ihre eigene Geschichte zu schaffen.