Das Schloss der Smartphone - Waisen

Schlagwörter

• Abenteuer
• Außenseiter
• Familie
• Freundschaft
• Gefühle
• Kindheit
• Komik/Humor
• Mut
• Spannung
• Technik

Teaser

Nach dem tödlichen Unfall ihrer Eltern – verursacht durch den Gebrauch eines Smartphones bei einer Bergtour– wächst Marla bei ihrer Großmutter auf. Da nicht jedes Waisenkind ein neues Zuhause bei Angehörigen findet, beschließt sie, ein Heim für Smartphone-Waisen zu gründen. Mit Kalli, Leo, Tara, Bodhi und Bhavani werden passende Bewohner gefunden und alle kommen gut miteinander aus. Nun soll das Waisenhaus abgerissen werden. Die Kinder lernen Hermine kennen, die ein Schloss bewohnt und sie aufnehmen würde. Aber Hermines Sohn Henri will es verkaufen. Die Entführung von Henris Neffen gelingt und Artschie, der Kotzbrocken, will sie sogar unterstützen.

Beurteilungstext

Die Idee zu dieser Geschichte ist genial, passt zu unserer Zeit und ist alles andere als unrealistisch. Jede/r LeserIn wird schnell erkennen, wie häufig und unreflektiert man das Smartphone auch selbst im Alltag nutzt und abgelenkt ist. Wie oft ärgert man sich als Radfahrer, dass selbst lautes Klingeln nicht gehört wird, dass Fußgänger die Straße überqueren, ohne einen Blick für ihre Umgebung zu haben. Da sind Unfälle vorprogrammiert! Eigentlich ein Wunder, dass bisher so wenig über die Kinder solcher Unfallopfer zu hören ist.
Diese Tatsache hat der Autor Salah Naoura aufgegriffen und sie ziemlich überspitzt für sein Kinderbuch genutzt. Der Hinweis auf fünf Waisenkinder, deren Eltern durch ihr besessenes Smartphone-Nutzen ums Leben kommen, ist schon reichlich skurril und hat doch einen sehr ernstzunehmenden Hintergrund. Die sehr eigenwillige Geschichte sprüht vor Phantasie, Ideenreichtum und lebt von den liebenswerten Figuren und der Überzeichnung der Situationen. In schnellen Schnitten reihen sich die Ereignisse aneinander und erheben keinen Anspruch auf Logik und Realität. Immer wieder nimmt der Autor/ Sprecher auch den Leser/den Zuhörer ins Visier und bezieht ihn in die Ereignisse mit ein. So stellt er rhetorische Fragen: du glaubst nicht, dass so etwas passieren kann. Dann schau dich doch mal um und du wirst sehen, wie die Menschen sich verhalten. Diese offensichtlich pädagogisch gemeinten Einschübe haben eindeutig erzieherischen Charakter. Die ungewohnt wenig dramatische Sicht auf doch eigentliche dramatische Ereignisse hat ihren ganz besonderen Reiz.
Das überbordende Tempo der Ereignisse kommt den James Bond Filmen schon sehr nah und genau darin liegt meiner Meinung das Problem. Ich fühlte meinen Verstand durch Erzähltempo, den Wechsel von Szenen und Ereignissen z.T. überstrapaziert und bin mir nicht sicher, ob ein 8 jähriger Mensch diesem schrägen Krimi folgen kann. Auch, wenn die Sprache und der Sprachstil der heutigen Zeit angepasst sind, bleibt die Nachvollziehbarkeit teilweise auf der Strecke. Nichtsdestotrotz hat dieses Hörbuch eine Anziehungskraft, die der vorab geäußerten Kritik trotzt.
Der Autor liest die Geschichte selbst, was in diesem Fall tatsächlich ein Gewinn ist. Dramatische Ereignisse werden lapidar erzählt, das Tempo der Geschehen wird herausgenommen durch eine gelassene Sprache und Unwahrscheinlichkeiten werden so selbstverständlich dargestellt, dass man sie – zunächst zumindest - fraglos akzeptiert. Zumindest eine Entdeckung, nicht für jeden Geschmack.