Das Mädchen in Rot

Autor*in
Frisch, Aaron
ISBN
978-3-8369-5742-7
Übersetzer*in
Günther, Ulli
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Innocenti, Roberto
Seitenanzahl
32
Verlag
Gerstenberg
Gattung
BilderbuchMärchen/Fabel/SageSachliteratur
Ort
Hildesheim
Jahr
2013
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Angesiedelt in der Gegenwart, oder eher noch in einer nahen, Furcht erregenden Zukunft, wird “Rotkäppchen” neu erzählt. Menschenfeindlich ist die Stadt, in der das Mädchen mit der Mutter und der kleinen Schwester lebt: voller Verkehr, gigantischer Werbetafeln, bedrohlicher Gestalten und ohne Bäume oder Blumenwiese. Als sie sich auf den Weg zur Großmutter macht, kommt sie vom Weg ab, trifft eine jugendliche Motorradgang und einen vermeintlichen Retter. Der aber stellt die eigentliche Gefahr dar.

Beurteilungstext

Vorweg gesagt: das hier ist kein Märchenbuch für kleine Kinder! Viel zu bedrohlich und düster ist die Welt, in der “das Mädchen in Rot” unterwegs ist. Rotkäppchens Wald ist hier eine Großstadt der Zukunft, durchzogen von Straßen voller Unrat und Schmierereien. Die Menschen hetzen hin und her mit ihren großen Autos und Motorrädern, drängen sich verbissen mit ihren Einkaufswagen durch Konsumtempel und leben in heruntergekommenen Häusern, Baracken, Wohnwagen. Überall sieht man Gefahren, Fratzen, agressive Werbung. Nur im Umfeld des Mädchens sind noch kleine Lichtpunkte zu erkennen: die Blumen auf dem Balkon ihrer Wohnung, der liebevolle Blick der Mutter, Großmutters Versuch, ihr Zuhause zu dekorieren.
Keine Märchenwelt ist dort zu finden, wie man erwarten kann, wenn man die Altersempfehlung “ab 5 Jahren” des Gerstenberg-Verlages liest. Und trotzdem ist dieses Buch meiner Meinung nach sehr empfehlenswert, wenn man eine andere Leserschaft vor Augen hat und dem Buch einem anderen Genre - dem der Dystopie - zuordnet.
Laut Wikipedia ist Dystopie “in der Literaturwissenschaft eine fiktionale, in der Zukunft spielende Erzählung mit oftmals negativen Ausgang” und “handelt von einer Gesellschaft, die sich zum Negativen entwickelt”. Diese Beschreibung passt in vollem Umfang auf dieses Buch. Es zeigt eine Welt, in der wir nicht leben möchten, in der Kinder keinen Platz finden, in der man der Natur nur noch in Form von streunenden Katzen, Ratten oder bissigen Hunden begegnet. Der helle Ort dieser Welt, dem alle Menschen zuströmen, ist die Flitterwelt des Konsums. Aber selbst im Einkaufstempel “THE WOOD / LE BOIS” sieht man keine entspannten Gesichter, weder bei den Kunden noch auf den Werbebannern.
Da verwundert es nicht, dass die Polizei zu spät kommt, um das Mädchen und die Großmutter zu retten. Der Motorradfahrer, der das Kind zur Großmutter bringen wollte, stellt sich als Unhold dar, plötzlich sieht man unter dem Helm die Fratze eines Wolfes. Ihm gelingt die Flucht, die Mutter wartet vergeblich auf die Rückkehr ihrer Tochter. “Kein Sonnenstrahl wird an diesem Tag durch die Wolken brechen.”
Ganz so schwarz soll die Geschichte dann doch nicht enden, denn “Geschichten sind magisch. Wer sagt, dass sie nur ein Ende haben können?” Und so erzählt das strickende Großmütterchen aus der Rahmengeschichte den Kindern eine zweite Fassung. Hier kommen die Polizisten rechtzeitig, der Wolf ist gefangen, Großmutter, Mutter und das Mädchen in Rot liegen sich in den Armen.
Dem amerikanischen Autor Aaron Frisch gelingt es in seiner Neuerzählung die magische Welt der Märchen einzufangen und den Leser schon mit seinem ersten Satz zu fesseln: “Rückt zusammen, Kinder, ich will euch eine Geschichte erzählen.” Besonders bemerkenswert in diesem Buch sind die Zeichnungen von Roberto Innocenti, durch seine einzigartigen Illustrationen sticht das Buch aus dem Berg der Neuerscheinungen hervor. Der Italiener Innocenti gilt als einer der bedeutendsten Kinderbuchillustratoren und wurde mehrfach ausgezeichnet, so 2008 mit dem Hans Christian Andersen Preis. Bekannt wurde er u.a. durch seine Bücher zum Thema Holocaust: “Rosa Weiss” und “Erikas Geschichte”.
“Das Mädchen in Rot” ist kein Bilderbuch für kleine Kinder, aber sehr empfehlenswert für junge Leser ab etwa zehn bis 12 Jahren, die mit Märchen vertraut sind, sowie für Jugendliche und Erwachsene, die sich für Märchen interessieren. Das Buch bietet auch eine gute Grundlage, um mit älteren Schülern über Zukunftsvisionen zu sprechen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von htd.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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