Das kleine Wildschwein und die Krähen

Schlagwörter

• Familie
• Freundschaft
• Gefühle
• Kindheit
• Krankheit
• Tiere

Teaser

Eine Wildschweinfamilie steht im Mittelpunkt dieser Geschichte. Fünf der Jungen benehmen sich, wie junge Wildschweine sich zu benehmen haben, eines ist anders: Das kleinste Wildschwein ist im Grunde ein Ornithologe und "spricht" mit den Vögeln - es grunzt zu ihrem Gezwitscher. Zudem teilt es sein Futter mit ihnen. Doch dann erkrankt das kleinste Wildschwein ernsthaft...

Beurteilungstext

Der Plot ist schnell erzählt: Nachdem der Wildschweindoktor letztlich zu "Kastanien aus Paris" als wohl einzig wirksamem Heilmittel rät, machen sich die Krähen-Freundinnen und -Freunde des kleinsten, schwerkranken Wildschweins auf den langen Flug. Währenddessen kümmern sich die verzweifelten Wildschweineltern rührend um ihr Sorgenkind und auch die fünf Geschwister erkennen den Ernst der Lage. Natürlich hat die Geschichte ein gutes Ende: Drei Kastanien aus Paris überleben den Rückflug der Krähengruppe und schließlich gesundet das kleinste Wildschweinkind. Der glückliche Wildschweinvater belohnt die ganze Vogelgemeinschaft mit frischen Maiskolben. Ende.

Das Bilderbuch ist auf Erfolg konzipiert, was vor allem an den eindrücklichen Bildern von Kathrin Schärer liegt. Wie schon in "mutig, mutig" (mit Text von Lorenz Paul) spielt sie ihre illustratorischen Stärken voll aus und man kann nicht umhin, die Parallelen zu erkennen. Beispielsweise dann, wenn Schärer das kleine Wildschwein nach dem Genuss der heilenden Kastanien auf einer Doppelseite ohne weiteres Beiwerk aufstehen, sich drehen und tanzen lässt. Schon bei Schnecke und Spatz in "mutig, mutig" hat Schärer diese Bildsprache, die Betrachtung einer Figur von allen Seiten, umgesetzt. Ausdrucksstarke Nahaufnahmen von Tieren kann Schärer tatsächlich wie keine zweite Bilderbuch-Illustratorin, das zeigt sie hier im besprochenen Buch und das kennen wir aus "Da sein: Was fühlst du?" oder eben auch aus "mutig, mutig".
Mit Franz Hohler verbindet Kathrin Schärer eine längere Zusammenarbeit, etwa für den Tiergedichtband "Am liebsten aß der Hamster Hugo Spaghetti mit Tomatensugo". Schätzenswert an Hohler ist seine klare Sprache, die sich nicht davor scheut, auch den allerkleinsten Bilderbuch-Rezipient:innen Hauptsätze mit Nebensätzen und doppelten Einschüben zuzutrauen. Kein Adjektiv zu viel, aber eben auch keines zu wenig. Ob die Story an sich sein muss, darüber ließe sich diskutieren. Tierfreundschaften über das real Mögliche hinweg sind ein beliebtes Bilderbuch-Motiv, bei "Kastanien aus Paris" kann man aber auch aussteigen.

Kein Zweifel, dieses Bilderbuch ist gelungen. Der Hauptgrund, weshalb das vorliegende Werk für mich "nur" zwei Sterne wert ist, erklärt sich mit der Wiederholung der Gemachtheit. Mein absolut begeistertes Primärerlebnis mit Kathrin Schärers Bildsprache war nun einmal "mutig, mutig" (erschienen 2009).