Das heimliche Mädchen und der Dancing Boy

Autor*in
Braig, Maria
ISBN
978-3-7450-6054-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
296
Verlag
Nahrendorf, Rainer
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
Neuss
Jahr
2017
Lesealter
12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
13,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Afghanistan: Als die 13jährige Shirin zum ersten Mal auf dem Basar als Teeverkäufer Shahin unterwegs ist, ist sie ganz schön nervös: Ob jemand merkt, dass sie kein Junge ist? Ihr geheimnisvoller Freund Faruk, den sie auf dem Basar kennenlernt, hat auch ein mindestens genauso großes Geheimnis wie Shirin. Als seine Situation immer bedrohlicher wird, beschließen die beiden Jugendlichen zu flüchten.

Beurteilungstext

Shirin ist ein aufgewecktes 13jähriges Mädchen, das mit seinen Eltern und den kleinen Schwestern in einem Dorf in Afghanistan lebt. Sie ist sehr wissbegierig, geht gerne in die Schule und hat schon Zukunftspläne: Irgendwann möchte sie – vielleicht sogar im Ausland – studieren. Ihre Familie ist arm, der Vater arbeitet in einer Autowerkstatt und nebenbei hilft er beim Minenräumen. Eines Tages wird er dabei getötet. So verliert die Familie ihr Einkommen. Die Mutter hat dann die rettende Idee: Shirin soll als Junge verkleidet auf dem Basar Tee verkaufen.
In Afghanistan gibt es die Praxis, dass in Familien, die „nur“ Töchter haben, eines oder mehrere der jüngeren Mädchen bis zur Pubertät als Jungen verkleidet, sogenannte „Bacha Posh“ zum Lebensunterhalt der Familie beitragen, z.B. indem sie im Geschäft des Vaters oder Onkels helfen. Shirin verwandelt sich von daher in Shahin und nach anfänglicher Unsicherheit, fühlt sie sich zunehmend sicher in ihrer neuen Rolle. Auf dem Basar lernt sie Faruk kennen, der ebenfalls aus einer sehr armen Familie stammt und ohne Verwandte nur als „Bacha Bazi“ („Dancing Boy“) überleben kann. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine Form der Kinderprostitution. Die Jungen müssen als Frauen verkleidet vor Gruppen von Männern tanzen und auch sexuelle Dienste leisten.
Beide Jugendliche sind durch die Verhältnisse in gewisser Weise „gefesselt“ und bewegen sich in ihren Geschlechterrollen auf unsicherem Boden.
Nachdem Shirins Mutter einen neuen Mann gefunden hat, schlägt sie Shirin vor, das Land zu verlassen, um ihr Glück im Ausland zu suchen. Als dann auch noch Faruk an einen furchtbaren neuen „Herrn“ verkauft werden soll, machen die beiden sich auf den langen, gefährlichen Weg in den Iran und schließlich nach Deutschland, wo aus Shahin wieder Shirin werden kann.
Den Hauptteil der Erzählung nehmen die Schilderungen der Lebensverhältnisse von Shirin ein, in die immer wieder erklärende Passagen einfließen, z.B. zur jüngeren Geschichte Afghanistans, der Rolle von Mädchen und Frauen. Diese Teile stören gerade zu Beginn den Erzählfluss stark, so dass man leicht den (meist dünn gesponnenen) Faden der Handlung aus den Augen verliert. Schon auf den ersten Seiten wird das Bemühen und die Absicht der Autorin deutlich, aufklärend zu wirken und um Verständnis für das Schicksal von Flüchtlingen zu werben, was sehr ehrenwert und verdienstvoll ist.
Leider bleiben die Figuren dabei sehr blass und stehen stellvertretend für bestimmte Archetypen, wie z.B. die hilflose Mutter, der böse Onkel, der arme Junge. Selbst die Protagonistin wirkt wie eine Figur, die mit Gedanken und Gefühlen ausgestattet ist, wie sich eine erwachsene Autorin aus Deutschland das vorstellt. Weil auch die sprachliche Gestaltung des Textes wie auch die Sprechtexte der Figuren kaum Annäherungen an dieses so andere Leben ermöglichen, wird weder die Handlungsdynamik plausibel, noch wie aus Shirin so ein selbstbewusstes Mädchen wird, das schließlich mutig und entschlossen gegen den Willen des Onkels in eine völlig unbestimmte Zukunft in Deutschland (ein Paradies?) aufbricht.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von SRAn; Landesstelle: Hessen.
Veröffentlicht am 13.10.2018

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