Das Haus, das ein Zuhause war

Autor*in
Fogliano, Julie
ISBN
978-3-7373-5623-7
Übersetzer*in
Gutzschhahn, Uwe-Michael
Ori. Sprache
Amerikanischen
Illustrator*in
Smith, Lane
Seitenanzahl
48
Verlag
MeyersDuden
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Frankfurt/Main
Jahr
2019
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Eine Einladung an die Faszination.
Eine Einladung,
Raum und Zeit zu vergessen.
Eine Einladung,
sich mit allen Sinnen hinzugeben.
Eine Einladung,
Pinsel und Stift in die Hand zu nehmen
und die eigenen Vorstellungsbilder auszumalen.

Beurteilungstext

Das Bilderbuch „Das Haus, das ein Zuhause war“ von Julie Fogliano (Text) und Lane Smith (Bild) erzählt davon, wie es ist, tief im Wald einem verwitterten Haus zu begegnen, beim Anblick des Hauses leichte Unsicherheit zu verspüren, doch so neugierig zu werden, dass man selbst einen von Dornen bedeckten Pfad in Kauf nimmt, um zu diesem Haus zu gelangen. Die beiden Kinder, die wir als Rezipierende auf ihrer Entdeckungsreise begleiten dürfen, scheinen dabei schier magisch von dem Haus angezogen zu werden. Aber nicht nur auf die Kinder, auch auf uns, übt das Haus eine magische Anziehungskraft aus. Poetisch verdichtet wird das Haus zwischen Bild und Text immer wieder literarisch hervorgehoben. So wird das Haus zum Beispiel am Anfang der Erzählung nicht in Farbe und auch nicht in der Tupftechnik, wie der Rest der Kulisse, illustriert, sondern nur skizzen-, ja fast schemenhaft angedeutet. Der Schrifttext erzählt dabei von einem Haus, „von dem die Farbe blättert, früher tat sie das nicht“. Genauso wie die Farbe von dem Haus blättert, scheint sie dabei auch von den Einzelbildern vieler Doppelseiten zu blättern, wodurch Bild- und Texterzählung eine gelungene Liaison eingehen. Die Farben zeigen nur selten klare Verläufe und scheinen sich immer wieder zu überlagern. Dadurch entsteht jedoch keine Unruhe, sondern vielmehr eine visuelle Erzählung voller Anmut. Ebenso wird das Haus im Text zum Beispiel durch eine Vielzahl an Wortwiederholungen oder elliptischen Sätze hervorgehoben. Die Sprache des Textes wirkt durch die Zeilensprünge dabei sehr lyrisch und kommt in der Regel ohne Reime aus.
Unvermeidlich wirft sich die Frage auf, was es mit diesem Haus auf sich hat, dem der verbale Erzähler, womöglich aus Sicht der Kinder, so viel Menschlichkeit zuspricht. Das Haus scheint auf jemanden zu warten, ein Fenster des Hauses beobachtet alles und spricht dann zu den Kindern: „Klettert rein.“ Zunächst sehr vorsichtig und bedacht machen sich die Kinder auf die Suche nach Hinweisen, um mehr über den Jemand zu erfahren, den es einst gab, nun aber fort ist. Doch schnell scheinen die Kinder Gefallen daran zu finden, das Haus zu erkunden und sich dabei Fragen zu stellen: „Wer war dieser jemand, der ...?“ In der Folge eröffnen uns die Bilder vielerlei Vorstellungen, die die Kinder zu haben scheinen. War der Jemand ein Mann, der vom Meer träumte? Oder vielleicht ein Mädchen, das zu Schallplattenmusik tanzte? Besonders ist, dass die Vorstellungsbilder durch klarere Farb- und Linienverläufe illustriert sind und so in Kontrast zu der erzählten Welt im Haus stehen, wobei eine hohe Anzahl an Bilddetails die Betrachter*innen herausfordert, über das im Bild Erzählte hinauszugehen. So zeigen sich auf dem Flügel eines Flugzeugs zum Beispiel Zeitungsausschnitte, die darauf hindeuten, dass der Jemand viele Geschichten gehabt haben könnte. Doch nicht nur durch die Vorstellungsbilder werden die Rezipierenden zu eigenen Imaginationen herausgefordert, auch durch die wunderbar gelungene Unbestimmtheit der Figuren und des Hauses, ist man sich als Rezipierender nicht immer sicher, was man glauben darf und soll. So ist es nur folgerichtig, dass der letzte Satz der Erzählung eine Wiederholung des ersten Satzes ist und die Rezipierenden dadurch einlädt, die beiden Kinder auf ihre Entdeckungsreise einfach noch einmal zu begleiten.

„Das Haus, das ein Zuhause war“ ist ein nachdrücklich zu empfehlendes Bilderbuch, das den Rezipierenden ein begeisterndes Spiel von verbalen und visuellen Erzählperspektiven eröffnet und dabei durch beseeltes Feingefühl in Bild und Wort evoziert, dass die Rezipierenden eine emotionale Bindung zu dem Haus aufbauen, wie sie anfangs nicht für möglich gehalten wurde. An dieser Stelle sei auch die besondere Übersetzungsleistung von Uwe-Michael Gutzschhahn lobend erwähnt.

Wie bereits im Teaser versucht wurde anzudeuten, lässt sich „Das Haus, das ein Zuhause war“ als poetische Einladung begreifen, die zum Verweilen auffordert. So war es auch nicht einfach, diese Rezension zu schreiben, denn ich brauchte Momente der Ruhe, der Sinnlichkeit, der Imagination, der Muse, da ich nur in diesen Momenten das Gefühl hatte, dem Bilderbuch gerecht werden zu können. Der „Klappentext“ auf dem hinteren Buchdeckel endet mit den Worten: „Eine magische Geschichte von lebendiger Erinnerung“. Für mich, ganz persönlich, ist dieses Bilderbuch dabei eine „lebendige Erinnerung“ daran, warum ich mich auch als Erwachsener immer wieder von Bilderbüchern begeistern lasse.

Sascha Wittmer

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Sascha Wittmer; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 06.05.2020

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