Das Geheimnis der Nachtwache

Autor*in
Walda, Dick
ISBN
978-3-7026-5778-9
Übersetzer*in
Marenzeller, Andrea
Ori. Sprache
Niederländisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
184
Verlag
Jungbrunnen
Gattung
Ort
Wien
Jahr
2006
Lesealter
12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Im Amsterdam des 17. Jahrhunderts. Der junge Wiggert begleitet seinen blinden Vater, einen Spielmann, zu seinen Auftritten und begegnet dem Maler Rembrandt. Der findet Gefallen an dem geschickten Wiggert und nimmt ihn in seine Dienste. Aus nächster Nähe erlebt der Junge, wie des Malers berühmteste Gemälde “Die Nachtwache entsteht.
Nur Koppenol, Rembrandts Sekretär, ist dem Jungen übel gesonnen. Als Wiggert bemerkt, dass Koppenol Rembrandt hintergeht, rächt sich der korrupte Sekretär.

Beurteilungstext

Heute ist “Die Nachtwache” das berühmteste Gemälde des niederländischen Malers Rembrandt. Damals jedoch - im Jahr 1642 - wurde es ein Misserfolg! Den Auftraggebern, der Schützenkompanie von Amsterdam, gefiel das Bild, das des Malers größter Auftrag war und alle bisherigen Formate sprengte, überhaupt nicht. Sie fanden sich nicht gleichberechtigt in Großaufnahmen vor. Und überhaupt: Was sollte die junge Frau und der Junge mit dem Pulverhorn auf dem Bild?
Und damit sind wir schon mittendrin - in der Geschichte, die vom Geheimnis “Der Nachtwache” erzählt und uns mitnimmt in das lebendige Amsterdam des Jahres 1642. Im Mittelpunkt steht der pfiffige Junge Wiggert, der seinen blinden Vater - einen sehr gefragten Spielmann - auf alle Veranstaltungen begleiten muss. Auf der Hochzeit im Haus des reichen Kaufmann Commelyn begegnet er gleich zwei für sein späteres Leben sehr wichtigen Persönlichkeiten: dem berühmten Maler Rembrandt und dem Wundertäter Kolhak. Beide erkennen seine Geschicklichkeit und sein selbstbewusstes ehrliches Auftreten und wollen ihn unbedingt in ihre Dienste stellen, der eine als seinen Faktotum, der andere als seinen Gehilfen. Wiggerts Begegnung mit Rembrandt fällt etwas geheimnisvoll aus und ist von Distanz geprägt, wohingegen der Junge zu Kolhak von Anfang an ein offenes und freundschaftliches Verhältnis findet. Die Entscheidung trifft letztendlich seine Mutter, die Kolhak weniger symphatisch findet. So tritt Wiggert als Faktotum in die Dienste des Malers und stellt sofort sein außerordentliches Organisationstalent unter Beweis. An Rembrandts Seite erlebt er, wie dieser den Auftrag der Schützengilde annimmt, ein außergewöhnlich großes Gemälde für ihren Vereinssaal zu malen. Er organisiert für den Maler die geeigneten Räumlichkeiten, indem er sich der versprochenen Hilfe des reichen Kaufmann Commelyn entsinnt. Er wird bei den Verhandlungen Rembrandts mit seinen Auftraggebern immer mit hinzugezogen.
Sein freundschaftliches Verhältnis zum Wundertäter hält Wiggert aufrecht, mehr noch, über ihn entsteht eine enge Freundschaft zwischen Kolhak und Rembrandt.
Alle im Hause Rembrandts mögen den Jungen - nur Koppenol, Rembrandts Sekretär, kann den Jungen nicht leiden und schmiedet ein Komplott gegen ihn. Als Wiggert ihn als Dieb entlarvt, macht er ihn betrunken und verkauft ihn als Schiffsjungen nach Indien. Doch der Junge hat eine geheimnisvolle Freundin, die ihn noch rechtzeitig retten kann.
Dick Walda nimmt die Leser mit auf eine Zeitreis in das Amsterdam des 17. Jahrhunderts. Vor dem Hintergrund wahrer geschichtlicher Begebenheiten - der Entstehung des Gemäldes “Die Nachtwache” - erzählt er uns sehr fantasievoll und lebendig aus dem Leben des Jungen Wiggert. Fantasie und Wirklichkeit, historische und erfundene Personen vermischen sich zu einer Geschichte, die den Leser neugierig macht - zum einen, mehr darüber zu erfahren, welche Situationen der Junge meistern muss und wie er es schafft. Zum anderen weckt sie die Neugier, mehr über das Leben und Schaffen des Malers Rembrandt wissen zu wollen.
Das Geheimnis, das das berühmte Gemälde auch heute noch umgibt, nimmt Walda nicht nur zum Titel, sondern auch zum Anlass, in der Geschichte eine ganz eigene Art der Deutung zu finden.
Auf dem Hochzeitsfest im mittelalterlichen Amsterdam stellt er uns zunächst alle Personen vor, die um den Jungen agieren: seinen Vater, seine Mutter, Kolhak, Klassje und Commelyn. Von Beginn an hegt der Leser große Symphatien für Wiggert, der seinem blinden Vater hilft, fleißig, ehrlich, genügsam und verantwortungsbewusst ist. Später im Hause des Malers kommen zwei weitere Personen hinzu: Saskia, des Malers Frau, die Wiggert sehr lieb gewinnt, und Koppenol, den Sekretär des Malers, der Gegenspieler Wiggerts. Der Leser spürt, von Koppenol aus droht Gefahr für den Jungen.
Während er die Geschehnisse im Hause Rembrandts verfolgt, wartet er gespannt auf den eskalierenden Konflikt zwischen Wiggert und Koppenol. Der Leser will wissen, wie das Verhältnis zwischen den beiden endet. Schade, dass jedem diese Spannung genommen wird, der den Text auf der Rückseite des Einbandes liest. Auch wirkt der Höhepunkt des Konflikts etwas zu konstruiert, weil Koppenol auf den vorangegangenen Seiten zwar als “rauer Kerl” und Bösewicht dargestellt wird, sich aber am Ende des Buches als brutaler Verbrecher herausstellt.
Etwas zu blass erscheint auch Wiggerts Beziehung zu dem Mädchen Klaasje. Er wechselt ab und zu ein paar Worte mit ihr, verhält sich ihr gegenüber jedoch distanziert. Der Leser erfährt wenig über die Gefühlswelt beider zueinander. Desto unglaubhafter erscheint es, dass sich Wiggert am Ende der Geschichte dem Mädchen anvertraut.
Dick Waldas Erzählung zeichnet sich durch eine Vielzahl von Dialogen aus, die immer wieder mit kurzen Passagen wechseln, in denen knapp Situationen, Personen oder Sachen beschrieben werden. Aktionsgeladene Dialoge sind es, die die Handlung vorantreiben, aber auch indirekt die Beziehungen der Personen zueinander zum Ausdruck bringen. So geben die Gespräche zwischen Kolhak und dem Jungen ein deutliches Bild von deren Verhältnis wieder.
Der Leser muss die Dialoge aufmerksam lesen, damit er sie dem richtigen Gesprächspartnern zuordnen kann und diese nicht verwechselt. Das ist manchmal für junge Leser nicht ganz einfach!
In kurzen Sätzen beschreibt der Autor die Gedanken- und Gefühlswelt seiner Figuren, besonders die des Jungen. Er erzählt in der dritten Person alltägliche Begebenheiten ohne die Geschehnisse näher zu erläutern und Hintergründe aufzuklären. Dadurch erhöht er das Erzähltempo seiner Geschichte.
Die Geheimnisse, die die Personen mit sich führen sind es, die den Leser von der ersten bis zur letzten Seite des Buches fesseln. So wird das Geheimnis um Klaasje erst auf den letzten Seiten gelüftet. Als zwiespältige Person erscheint Kolhak in der ersten Hälfte der Erzählung, auch er trägt ein Geheimnis mit sich. Von mehreren Geheimnissen umwoben agiert Koppenol. Wiggert entdeckt eines und entlarvt ihn.
Rembrandts Geheimnis findet man in den von ihm gemalten Bild. Der Autor verrät dem Leser seine eigene Deutung des faszinierenden Gemäldes. Am Ende des Buches weiß der Leser, wer die junge Frau und der Junge mit dem Pulverhorn auf dem Bild des Malers Rembrandt sind.
Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur wählte im Oktober 2006 Dick Waldas Erzählung als Jugendbuch des Monats aus. Und das sicher nicht nur, weil sich in diesem Jahr der Geburtstag des Malers zum 400. Mal jährt.
Waldas Buch ist eine anspruchsvolle Lektüre, die einen lebendigen Eindruck aus der Zeit des Künstlers vermittelt und dem Leser auf spannende Weise Kunst und Geschichte näher bringt.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von GaSc.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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