Charlottes Traum

Schlagwörter

• Adoleszenz
• Liebe
• Tiere

Teaser

Die 15-jährige Charlotte muss für sie große Veränderungen durchleben. Nach der Trennung ihrer Eltern zieht Charlotte gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren Brüdern zur Großmutter. Ihr Vater hat eine neue Freundin und ihre Mutter sucht Trost beim Nachbarn. Charlotte kann ihre Eltern nicht verstehen und gerät in einen Konflikt mit sich und der Liebe. Doch dann lernt sie selbst einen Jungen kennen.

Beurteilungstext

„Du bist schuld, dachte ich und wusste, dass es Quatsch war, du, Ulme, bist schuld, weil du so weit weg bist, so weit. Ich spüre ein Schluchzen, ein Ziehen. Sie war doch mein Erdbeerbaum, sie hätte alles verhindern müssen, uns niemals weglassen dürfen aus unserem Haus und unserem Garten.“(S.26)

Die 15-jährige Charlotte lebt bis zur Trennung ihrer Eltern wohlbehütet, gemeinsam mit ihren beiden jüngeren Brüdern in einem ruhig gelegenen Haus mit großem Garten. An ihr Zimmer grenzt ein eigener Balkon, an dem eine Ulme wächst. Sie liebt ihr Zuhause und ihre Ulme sehr, die sie „Erdbeerbaum“ nennt. Dieser Pflanze kann sie jedes Problem, jedes Geheimnis und all ihre Sorgen anvertrauen.

Charlottes Eltern wollen nicht mehr zusammenleben, sodass Charlotte gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren Brüdern in das Reihenhaus ihrer Großmutter zieht, indem nun alle auf engem Raum zusammenleben. Ihr Vater liebt jetzt seine Sekretärin, ihre Mutter den Nachbarn Melchior. Immer mehr sehnt Charlotte sich ihr altes Leben zurück. Besonders ihre schulischen Leistungen leiden unter der neuen Lebenssituation, sodass sie das Schuljahr wiederholen muss. In ihrer neuen Klasse findet sie nur schwer Anschluss. Lediglich der seltsame Sulzer interessiert sich für sie und wird nach und nach zu einem Freund. In ihrem Gefühlschaos bemerkt Charlotte nicht, dass dieser mehr als nur Freundschaft für sie empfindet.

Als Carlo neu in die Straße zieht, werden die Drei zu einem unzertrennlichen Gespann. Carlo lebte zuvor in Italien. Mit dem Tod seines Vaters hält seine Mutter dort nichts mehr und sie ziehen gemeinsam zurück nach Deutschland. Er ist der Schwarm aller Mädchen der Schule, sodass Charlotte es niemals für möglich hält, dass er sie mögen könnte, und so entgeht ihr beinahe, dass der hübsche Carlo nur Augen für sie hat.

Gabi Kreslehner lässt hinter dem Titel „Charlottes Traum“ und dem Buchcover zunächst einen typischen Mädchenroman vermuten. Doch bereits auf den ersten Seiten erfahren die Leser, dass die Protagonistin Charlotte keinesfalls das verträumte Mädchen ist, welches das Cover und der Titel widerspiegeln. Sie reagiert auf die Trennung mit Unverständnis und Wut und empfindet diese Entscheidung ihrer Eltern als egoistisch.

Die unterschiedlichen Emotionslagen von Charlotte werden von der Autorin in sprachlichen Bildern dargestellt. Gabi Kreslehner nähert sich behutsam der Trennungsthematik, welche seit langer Zeit zur Alltagsproblematik vieler Kinder und Jugendlichen geworden ist, wobei sie das ernste Thema durch charmante Charakterisierungen einiger Nebenprotagonisten auflockert. So wird die neue Eigentümerin des Hauses beispielsweise als "hell gebackenes Flaumtörtchen aus einer ganz teuren Bäckerei“ beschrieben, die Mutter hingegen mit einem „Germteig“ verglichen, der überall zu erhalten ist.

Die Geschichte ist aus der Ich-Perspektive von Charlotte geschrieben und erklingt dadurch in einem unverfälscht jugendlichen Ton, der dem Leser das Gefühl gibt, die Gefühlswelt der Protagonistin nachempfinden zu können. Die Autorin gliedert den Verlauf nicht in gewöhnliche Kapitel, sondern schuf ein- bis vierseitige Kurzepisoden, welche zu Beginn durch einen Fettdruck gekennzeichnet sind. Diese Kurzepisoden ermöglichen dem Leser einen durchgängigen Lesefluss, lassen aber dennoch die Geschichte nicht langatmig erscheinen.

Charlottes Charakter reift während des Geschichtsverlaufs. Sie lernt sich ihrer Situation anzunehmen und wächst vom wohlbehüteten Kind, über den rebellierenden Teenager bis hin zur selbstbewussten, jungen Frau. Durch den Beginn ihrer ersten Liebe zu Carlo lernt sie die Probleme ihrer Eltern zu verstehen, sodass sie sich ihnen langsam annähert. Carlo ist ihr während dieser Phase eine wichtige Stütze. Durch den Tod seines Vaters sind die Trennung und der Verlust eine wichtige Gemeinsamkeit zwischen den beiden Protagonisten.
Der Ausgang der Geschichte wird offen gelassen und lässt somit viel Raum für die Fantasie der Leser.

Zwischen 2008 und 2010 wurde Gabi Kreslehners Werk „Charlottes Traum“ mit diversen Preisen ausgezeichnet. Diese sind nach eingehender Betrachtung verdient, denn der Autorin ist ein authentischer Adoleszenzroman gelungen. Trotz des mädchenhaften Bezuges, ist die Geschichte sowohl für jugendliche Mädchen und Jungen ab 12 Jahren, als auch erwachsenen Lesern zu empfehlen. Insbesondere für den Einsatz im Unterricht ist der Roman sehr empfehlenswert, da er neben einem sozialen Appell eine diverse Auswahl an literarischen Besonderheiten bietet, die in Bezug auf die zu erlangenden Kompetenzen vielfältig erarbeitet werden können.