Calpurnias (r)evolutionäre Entdeckungen

Autor*in
Kelly, Jacqueline
ISBN
978-3-446-24165-7
Übersetzer*in
Kollmann, Birgitt
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
336
Verlag
Hanser
Gattung
Ort
München
Jahr
2013
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Texas, 1899. Calpurnia ist elf und wächst als einziges Mädchen mit sechs Brüdern auf. Die Verhältnisse sind gediegen. Von Callie werden Stricken, Kochen, Klavier spielen erwartet, und später heiraten und Kinder bekommen. Doch sie streift lieber mit dem Großvater, einem unkonventionellen Naturwissenschaftler und Tüftler, durch die Natur, sammelt Tiere und Pflanzen. Sie würde gern irgendwann studieren. Und als sie am 1. Januar 1900 zum ersten Mal Schnee sieht, ahnt sie: Alles ist möglich.

Beurteilungstext


Ein großartiges Buch! Bereits der erste Satz macht deutlich, dass hier Geschichte, lyrische Sprache und resignierender Humor eine Rolle spielen: ""Die Dunkelheit wussten wir 1899 bereits zu zähmen, doch nicht die texanische Hitze.""
Im Zentrum der Geschichte steht Calpurnia, die dem Leser in Ich-Person ein gutes halbes Jahr ihres beschützten, ländlichen und trotzdem aufregenden Lebens präsentiert. Was passiert hier alles: der älteste Bruder Harry verliebt sich gleich zwei Mal, und Calpurnia findet das doch ziemlich albern, eine Telefonleitung wird ins Dorf gelegt und eine Telefonistin eingestellt, drei ihrer Brüder verfallen dem Charme ihrer besten Freundin. Vielleicht liegt es am ungewöhnlich heißen Wetter in Texas? Aber noch viel wichtiger ist, dass Callie - als einzige in der Familie - eine Beziehung zu dem Großvater entwickelt, um den sonst lieber alle vorsichtig herumtappen. Zu innovativ, zu neugierig ist der alte Herr, von seinen seltsamen Destillationsversuchen, wie man aus Pekannüssen Whiskey machen kann, ganz zu schweigen. Doch er ist es, der in Calpurnia den Hunger nach Wissen weckt bzw. ihn in die richtigen Bahnen lenkt und ihr zum Beispiel beibringt, wie man naturwissenschaftliche Beobachtungen korrekt, ausführlich und kritisch festhält. Als sie beide bei einer ihrer Exkursionen eine neue Pflanzenart entdecken, sind Großvater und Enkelin glücklich wie nie zuvor. Natürlich ruft das ganz und gar ""unweibliche"" Interesse an der Naturwissenschaft das Misstrauen von Calpurnias Mutter hervor, die der Meinung ist, dass all zu viel Wissen und noch mehr Desinteresse am Führen eines Haushalts Calpurnias angedachten Weg als gefügige Hausfrau und Mutter eher im Weg stehen als ihr dabei zu helfen. Womit die Mutter, aus ihrer Sicht, natürlich recht hat. Denn was Calpurnia in diesem halben Jahr der aufregenden Entdeckungen, der beginnenden Pubertät und dem heimlichen Vergleich mit ihren Brüdern und was die alles dürfen, findet, ist nichts weniger als das, was Frauen in den nächsten Jahrzehnten und bis heute beschäftigt: Emanzipation, das selbstverständliche Zugeständnis der Gesellschaft, ohne Wenn und Aber einen Beruf zu verfolgen, der den eigenen Wünschen entspricht und der einen finanziell unabhängig macht.
So ist die weiße Schneedecke, die Calpurnia am ersten Tag des neuen Jahres 1900 als erste des großen Haushalts entdeckt, ein letztes, wunderbar poetisches und stimmiges Bild: Sie wird die Spuren des eigenen Lebens auf frischem, unbekannten Gebiet selbstbestimmt hinterlassen zu dürfen.
Der Roman hat historische Querverweise, die allesamt gut recherchiert sind: Der Großvater ist Mitglied der National Geographic Society, die tatsächlich im Jahre 1888 gegründet wurde. Calpurnia bezieht sich auf Mark Twain und Mark Twains ""Tom Sawyer"" und Lewis Carrolls ""Alice im Wunderland"": Auch sie standen damals bereits in den Bücherregalen.
Sprachlich ist der Autorin ein wunderbares Werk zwischen eifriger Mädchenerzählung und ironischer Selbsterfahrung geglückt, in denen die Ich-Erzählerin nie wissentlich über das ihr zugedachte Gebiet herausfällt, aber zugleich intuitiv alles macht, um der Enge zu entkommen.
Jacqueline Kelly hat, auch das sei erwähnt, sowohl Medizin als auch Jura studiert, in beiden Berufsfeldern praktiziert, bevor sie sich entschloss zu schreiben. ""Calpurnia"" ist ihr Debütroman, der in den USA auf Anhieb und sehr zu recht den renommierten Newbury Award erhalten hat.
Wunderschöne schwarzweiße Vignetten von Maria Sybilla Merian - Schmetterlinge, Pflanzen, kleines Getier - untermalen die naturwissenschaftliche und autobiographische Suche, auf die Calpurnia geht.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von krä.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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