Bruno will hoch hinaus

Schlagwörter

• Gender/Geschlecht
• Sexualität

Teaser

Abseits aller Tabus in Bezug auf die Geschlechtlichkeit nimmt in diesem Bilderbuch der kleine Bruno seine Leser und Betrachter mit auf eine Entdeckungsreise des männlichen Körpers und seiner Geschlechtsmerkmale.

Beurteilungstext

Wer meint, in diesem großformatigen Bilderbuch eine spannende Raumfahrt des kleinen Bruno zu erleben, wird enttäuscht sein. Allerdings sollte er schon bei dem Coverbild aufmerken und sich wundern. Warum fliegt der Junge mit einem Raketenrucksack, aber ansonsten nackt mit einer davonfliegenden Unterhose durch den Weltraum? Die Hintergründe werden bald klar: Es geht in dem Buch in erster Linie um eine Erkundungstour nicht des Weltraums, sondern des männlichen Körpers und seiner Geschlechtsteile. Die Autoren wollen dem tabuisierten Intimbereich, der ihrer Meinung nach stark an gesellschaftliche Stereotype und toxische Männlichkeitsbilder geknüpft ist, entgegenwirken. Dabei geht es auch um zahlreiche Sachinformationen zu Körperpflege, Anatomie und Gesundheit. Ein wichtiges Anliegen ist es den Autoren, auf die Diversität (heute schon ein beinahe geläufiges Wort im Sprachgebrauch) hinzuweisen. Nein, es stimmt nicht, dass jedes Baby, das mit einem Penis geboren wird, ein Junge ist. Tatsächlich? Da gerät man doch sehr ins Zweifeln! Wissenschaftler sehen das wohl anders (vgl. z. B. Prof. Christiane Nüsslein-Volhard). Die Informationen über Penis und Hoden und ihre Handhabung werden sehr differenziert in Text und Illustration dargestellt. Dabei werden Erektion des Penis und der Austritt von Spermien zwar erwähnt, nicht aber ihre Bedeutung für die Fortpflanzung. Neben der Erfahrungsgeschichte von Bruno bieten in gesonderten Infoboxen, die sich im Buchstabentyp unterscheiden, sachlich weiterführende Hinweise Stoff für die Wissbegierde des Lesers und Betrachters. Merkwürdig: Beim Abflug in den Weltraum trägt Bruno plötzlich doch einen entsprechenden Anzug, wie es sich bei einem solchen Unternehmen gehört. Vollkommen unverständlich ist der begeisterte Schrei von Bruno im Weltraum: "Peeennniiiiiiisss!" Nun ja, das Wichtigste ist abgehandelt, die vorgeschobene fiktive Raumfahrt endet kurz und bündig als Bruchlandung im weichen Berg der aufgeschichteten Kuscheltiere. Die Illustratorin hat sich in der Darstellung vieler Einzelheiten bemüht, die Diversität darzustellen. So findet man in Brunos Kinderzimmer neben dem Raumanzug ein Ballettkleidchen, neben einem Roboter eine Puppe, über der Tür hängend eine rosa Federboa. Auch die Darstellung von Bruno mit seinen seltsamen weißen Haarsträhnchen empfinde ich nicht als besonders ansprechend. Das Buch überzeugt mich nicht in seiner Intention und auch nicht in den Illustrationen.