Arti - Auf Freundschaft programmiert

Autor*in
Elsäßer, Tobias
ISBN
978-3-446-27425-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in / Sprecher*in
Christians, Julia
Umfang
268  Minuten
Verlag
Hanser
Gattung
Buch (gebunden)Digitale MedienErzählung/RomanScience Fiction
Ort
München/Wien
Jahr
2022
Alters­empfehlung
8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Freizeitlektüredidaktisches MaterialKlassenlektüre
Preis
17,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Jessy bekommt den Avataren Arti zum Geburtstag. Sie geht in die Schule, die individuelle Fähigkeiten fördert. Das Leben ist nach einem Crash durch Computer optimiert und überprüfbar? Omas alte Freundin will auf diese Daten illegal zugreifen. Durch sie wird Arti zunehmend empathischer. Jessy will Omas Zugänge zurück, Papa eigene Musik produzieren, der Vogel über seine Freiheit entscheiden und Ludwig, der Schulpartner, will sein Wissen über Natur nutzen. Es gibt noch viele Ebenen zu verfolgen.

Beurteilungstext

Das Buch spielt in einer vorstellbaren zukünftigen Welt, nach einem großen Internet-Crash, der wegen viel zu hohen Energieverbrauchs zustande kam. Kinder, die das Buch lesen, sollten also ein ganz klein wenig über die Internetwelt kennen. Dort, wo Jessy und ihre Eltern leben, haben sich die Menschen mit unzähligen Haushalts- und Verwaltungsrobotern eingerichtet. Vater macht zwar noch selbst Musik und bastelt an einem eigenen Tonstudio mit üblichen Werkzeugen, doch Mutter, die ihre Halbinsel für Forschungen verlassen darf, ist erfreut über die Möglichkeiten der neuen Robotergeneration.
Den Avataren Arti (nach „Kunst“ benannt) hat sie Jessy gegen deren Wunsch zum Geburtstag geschenkt. Er soll in die Familie hineingehören und sich an alle Wünsche und Regeln - auch denen der anderen Roboter – anpassen. Sie hofft dadurch auch das Gewichtsproblem der Tochter durch Kontrolle der Ernährung besser in den Griff zu bekommen.
Der kleine Roboter ist freundlich, nett aber nicht der Alltagssprache angepasst. Auch die Roboter rebellieren im Anfang gegen ihn. Da ist es gut, dass eine alte Freundin der verstorbenen Oma sich noch mit alten Techniken auskennt und früher Wissenschaftlerin war. Sie arbeitet in einem Repair-Cafe mit einer verzweigten Unterwelt. Die alten Frauen konnten in der alten Netz-Welt so realistisch programmieren und bauen, dass Jessy sich noch immer danach sehnt. Sie vermisst die Großeltern.
Als aber Frau Westic eingreift und Arti umprogrammiert hat, entwickelt der zunehmend empathischere Züge. Es geht soweit, dass er den Papageien der Mutter freilässt, weil Freiheit ein großes Gut ist, das auch Tieren zustehen sollte.
Das deckt sich gut mit den Interessen von Ludwig. Er wohnt auch erst seit kurzem in der Umgebung. Er und seine Eltern haben bisher Landwirtschaft betrieben. Er vermisst seine Tiere und die Natur. Ludwig geht in die gleiche Schule wie Jessi. Sie sind ein "Tandem-Paar", das der Schulcomputer aufgrund ihrer Talente zusammengeführt hat. Die MSSfzB (Mary-SommervilleSchule für zukunftsweisende Bildung) versucht, unterschiedliche Fähigkeiten zu fördern und gibt feierlich Projektaufgaben an die Schüler, die sie in einer bestimmten Zeit lösen müssen. Die Aufgaben sind verschlüsselt. Jessi und Ludwig haben mit der Lösung Probleme und suchen auch deswegen Frau Westic auf.
Die Schaltungen, die Frau Westic vornimmt, können die Kinder nicht immer nachvollziehen. Sie vertrauen der gutmütigen und klugen Frau. Alle wissen zunächst auch nicht, dass die Betreiber von Arti aus SOLEIADO-City nicht wirklich ein „Leben und Arbeiten im Paradies“ anstreben, sondern über Frau Westic hoffen, Zugang zum früheren Internet zu bekommen.
Es gibt viele nette und witzige Familien- und Schulszenen und Beschreibungen, wie Jessy und Ludwig sich immer mehr anfreunden. Arti ist dabei wie ein Katalysator, um den beide bemüht sind. Die Gedanken des Roboters über die Grenzen der Technik, das Fehlen der Gefühle bei den Robotern und die Probleme, die Gefühle den Menschen bereiten können, sind schon philosophisch zu nennen. Seine Gedanken kreisen um die Grenzen von Mensch und Maschine. Ob sie für Kinder auf dieser Ebene schon nachvollziehbar sind, wird wohl sehr unterschiedlich sein.
In der Erzählung führt es sogar soweit, dass Arti beschließt – mit der selbst erlernten Handschrift – Jessi einen langen Abschiedsbrief zu hinterlassen. Er trauert, dass er ihre Gefühle nicht wird teilen können, obwohl er ja dazu programmiert wurde, seine Besitzer und Familien glücklich zu machen.
Die Kinder und Frau Westic machen sich durch die unterirdischen Gänge des Repair-Cafes, die Kanalisation und mit Flugrobotern auf die Suche nach ihm. Sie finden dabei eine alte Tür, den Zugang zum alten Internet. Sie müssen schneller sein als die Betreiber, die sie vielen technischen und natürlichen Gefahren aussetzen und Arti bald abschalten werden. Auch Frau Westic ist nun immer unsicherer, ob Arti gezielt in die Familie eingeschleust wurde, um mehr Hinweise für leichtes Ausspähen zu bekommen.
Es gelingt ihnen, alle feindlichen Roboter zu besiegen und mit Hilfe von menschenfreundlichen Robotern in das Forschungslabor der TrueLifeFriends einzudringen. Hier fertigen nur Roboter. Jessi muss Arti finden. Er hatte gelebt, davon ist sie überzeugt. Er würde es auch noch lernen, Musik zu fühlen. Frau Westic kann mit Hilfe einer mitgebrachten Himbeere einen Kontakt überbrücken, und eine Eins-zu-Eins-Kopie herstellen. Arti hat gelernt. Über alte Funkverbindungen gewarnt, können sie schließlich sogar dem Sicherheitsdienst entkommen. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft , kennt jetzt sogar Arti.
Jessi setzt ihm nun als neues Ziel „Sei du selbst!“. Auch alle anderen Erzählstränge kommen zu einem guten Ende.
Tobias Elsässer schreibt in einer Sprache, die für Schüler Ende der Grundschulzeit gut zu verstehen ist. Jessys Geschichte um das verpatzte Geburtstagsgeschenk lässt sich auch als einfache Familiengeschichte lesen, in der ein Roboter als Freund eine Rolle spielt. Viele Kinder fänden einen solchen Begleiter sicher witzig und auch mit weniger Funktionen wäre der sicher ein spannendes Spielzeug. Die Konflikte in der Familie um verabredete Computerzeiten, vernachlässigte Hausaufgaben und zu wenig Sport und Bewegung gibt es schon jetzt. Sie mögen in der Zukunft sicher auch noch vorhanden sein.
Elsässer stellt aber auch Fragen nach dem zunehmenden Einfluss und der nicht immer garantierten Sicherheit der Produkte. Die Eltern von Jessy gehen davon aus, dass sie den Anbietern vertrauen können. Omas Freundin, immerhin früher selbst Wissenschaftlerin, zeigt, dass selbst sie die Programme nicht immer entschlüsseln kann. Jedoch verfügt sie neben ihren Kenntnissen auch über mehr notwendige Skepsis und große Lebenserfahrung. Daher wäre es durchaus sinnvoll, dass das Buch vor allem auf der kritischen Ebene gelesen werden wird. Ob Kinder in diesem Alter bereit und in der Lage sind, sich hierüber Gedanken zu machen, hängt wohl von vielen individuellen Voraussetzungen ab. Daher sollte es dort gelesen werden, wo ein Austausch und Hilfen möglich sind. So, wie es Frau Westic in geringer Form in Ansätzen leistet.
Die Zeichnungen von Julia Christians sind in verschiedenen Grau- und Schwarztönen gehalten. Die Gesichter zeigen stilisiert die Empfindungen der Figuren. Sie sind oft eher eine Bebilderung, ohne eine weitere Lesart oder Qualität der Charaktere hinzuzufügen. Sie passen aber zu der technokratischen Welt und bleiben dort auch. Insofern ist der Roboter Arti sogar ein wenig weiter, wenn er differenziert über Gefühle nachdenkt und darüber, wie es ihm gelingen kann, die menschliche Mimik besser zu verstehen und zu deuten. Die letzte Zeichnung von Arti allerdings (S. 243) lässt dann doch erahnen, dass in ihm kaum noch Leben stecken kann, nachdem verschiedene seiner Festplatten gelöscht wurden. Mit ihm werden Kinder unmittelbar Mitleid entwickeln.



Anmerkung

Gute Grundlage, um über den Einsatz von Robotern zu sprechen. Ohne die Story zu zerreden. Spielzeugroboter, sogar die Tonies sind nicht immer vollständig sicher, um doch ausgespäht zu werden.
Viele Kinder werden u.U. den beschriebenen Hintergrund zum Internet und zu den Verschlüsselungen nicht kennen oder sind nur oberflächlich an der Geschichte interessiert. Das wäre schade, denn mit Erklärungen oder Lesehilfen können sich auf der Grundlage des Buches gute und kritische Überlegungen ergeben.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von stoni; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 11.01.2023

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