All die Farben, die ich dir versprach
- Autor*in
- Katouh, Zoulfa
- ISBN
- 978-3-7513-0047-6
- Übersetzer*in
- Khayat, Rasha
- Ori. Sprache
- Englisch
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 399
- Verlag
- Dressler
- Gattung
- Buch (gebunden)Erzählung/Roman
- Ort
- Hamburg
- Jahr
- 2022
- Lesealter
- 16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- BüchereiFreizeitlektüre
- Preis
- 22,00 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Ein jugendliterarisch hervorragend bearbeiteter Blick auf die psychologischen Folgen von Krieg und Flucht.
Beurteilungstext
Zoulfa Katouh hat einen autofiktionalen Jugendroman verfasst, der dringlicher und intensiver nicht hätte sein können. Aus unmittelbarer Betroffenheit erzählt die Ich-Erzählerin Salama von den letzten Tagen ihres Lebens in Homs, Syrien. Die junge Pharmaziestudentin, die in den Kriegswirren im Krankenhaus wie eine Ärztin arbeiten muss, macht zutiefst traumatisierende Erfahrungen. Nicht nur die ständigen Toten und Schwerstverletzten, denen sie im Krankenhaus begegnet, tragen dazu bei, sondern auch die völlige Auslöschung ihrer Familie durch die Schergen Assads. Dabei gelingt es Katouh diese Traumatisierung besonders literarisch darzustellen, indem sie ihre Protagonistin über mehrere Monate mit vorgestellten ehemals Lebenden zusammenwohnen lässt. Das geschieht besonders eindringlich, denn lange Zeit nimmt die Lesende die Perspektive von Salama ein und hält deren Freundin und Schwägerin, wie sie, für lebendig.
Eine solche Traumatisierung zeigt auch bei der Figur Folgen. So erzwingt sie eine Fluchtüberfahrt für sich und ihre (vermeintlich lebendige) Freundin mit deutlich inhumanen Mitteln. Auch diese Darstellung ist besonders wichtig. Ähnlich wie Spiegelman in MAUS wird dadurch deutlich, dass Kriege nichts Gutes bestehen lassen, dass selbst die Verfolgten und Gefangenen in kriegerische Praktiken verfallen, weil der Krieg nicht eine einzige Praxis des Lebens verschont.
Neben dieser psychologischen Einsicht in die Kriegserfahrungen syrischer Jugendlicher behält sich die Autorin aber auch die Hoffnung als ein zentrales Motiv von Fluchtliteratur vor. Eine Liebe und neue Verantwortung, ein Leben in Frieden in Kanada und Deutschland, vor allem aber auch die immer wieder erscheinenden Erinnerungen und Vorstellungen an ein glückliches Leben in einem prosperierenden Syrien evozieren dieses Hoffnungsmotiv. Ein Motiv, dass in blühenden Zitronen symbolisiert ist, die über jedem Kapitel illustriert sind. Diese Hoffnung ist nicht nur wichtig, um den Sinn und die Notwendigkeit der Flucht zu untermalen. Sie ist auch notwendig, um als Lesende das Erzählte aushalten zu können. Denn für ein Jugendbuch sind die Trigger „Krieg, körperliche, seelische und sexualisierte Gewalt, sowie Tod, Trauer und Verlust“ eine Herausforderung. Es ist Katouhs Verdienst, dass sie diese Trigger literarisch bearbeiten kann und damit aushaltbar macht – und somit auf einen anhaltenden bestialischen Krieg vor den Toren Europas verweist.