Zwischenwelten

Autor*in
Aerts, Mariëtte
ISBN
978-3-8339-0127-0
Übersetzer*in
Anrich, GeroldInstinsky-Anrich, Martina
Ori. Sprache
Niederländisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
384
Verlag
Baumhaus
Gattung
Fantastik
Ort
Frankfurt
Jahr
2012
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Freizeitlektüre
Preis
12,99 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Tios Vater ist Zauberer bei einer kleinen Wanderbühne und Tio hilft ihm. Als er eines Tages mit Ayse in die schwarze Zauberkiste mit dem doppelten Boden steigt, kommen sie nicht im Zirkuszelt heraus, sondern in einer anderen Welt. Was sollen sie da und wie kommen sie zurück?

Beurteilungstext

Mariëtte Aerts Roman „ZwischenWelten“ ist der kinder- und jugendliterarischen Fantastik zuordnen, weist aber Elemente unterschiedlicher Unterarten wie Cyberspace-Novel oder Anti-Utopie auf.
Der 13-jährige Tio ist während der Ferien bei seinem Vater, einem mäßigen Zauberer bei einer kleinen Wanderbühne, und hilft ihm bei seinen Auftritten. Als er seiner neuen Freundin Ayse das Geheimnis der Zauberkiste mit ihrem doppelten Boden zeigen möchte, gelangen die beiden aber nicht in das Zirkuszelt, sondern tauchen in einer anderen Welt auf. Diese entpuppt sich schnell als eine Art Computerspiel, denn jedes Mal, wenn Tio und Ayse die sekundäre Welt aufsuchen, befinden sie sich in einem anderen Level. Allerdings ist nicht nur der Übergang von realer zu sekundärer Welt durch die Kiste schleifenförmig angelegt. Wie sich erst gegen Ende des Romans herausstellt, sind auch die unterschiedlichen Level schleifenförmig, so dass die beiden Hauptfiguren zwischen ihnen hin- und herwechseln können. Außerdem sind die Ebenen aufeinander aufbauend angelegt: Zum einen gibt es eine unbewohnte, in der sich die Figuren mit Lebensnotwendigem versorgen können. Zum anderen bauen die bewohnten aufeinander auf: Die Folgen gesellschaftlichen Handelns auf einer Ebene werden auf der nächsthöheren spürbar. So verändert sich der sozioökonomische Status der beiden Völker „Salzländer“ und „Runji“, indem eines auf- und das andere absteigt. Gleich bleiben die Figuren des „Spiels“, sie sind quasi alterslos und sind in ihrem Wissensbestand auf das jeweilige Level beschränkt, in dem sie gerade auftreten. Da sie aber in jedem Level vorhanden sind, ebenso wie die Ortschaften, ergibt sich ein Konstrukt von aufeinander aufbauenden Parallelwelten.
Eng damit verbunden ist, dass dem Leser der eigentliche Kern der Handlung bis zum letzten Viertel des Buches verborgen bleibt, denn die Hauptfiguren haben bis zu dem Punkt so gut wie keinen Einfluss auf die Handlung. Sie beschränken sich in weiten Teilen auf ein passives Erleben und warten auf einen „Spielauftrag“. Den erhalten sie auch nicht vom mysteriösen Babatunde, der ebenfalls zur Wanderbühne gehört und im „Spiel“ eine steuernde Funktion hat, sondern müssen ihn „irgendwie“ selbstständig entdecken.
Erst sehr spät erkennen Ayse und Tio, dass sie ins erste Level zurück müssen, um dem Krieg zwischen den Völkern vorzubeugen und ihnen die Chance zu einem friedlichen Miteinander zu verschaffen. Ab dem Zeitpunkt gewinnt die Handlung bis zur Problemlösung immens an Tempo. Gelungen ist der Autorin dabei, dass sich die Kinder in einem Gewissenskonflikt befinden, ob sie den Salzländern wirklich die gestohlenen Baupläne für eine Kriegsmaschine zukommen lassen sollen. Die Entscheidung, die Pläne zu übergeben, führt aber letztlich zu dem Resultat, dass die Maschine friedlich genutzt wird und die Koexistenz beider Völker ermöglicht. Zudem übertragen Tio und Ayse die Situation der Spielwelt auf die primäre und erkennen, dass auch in ihrer Welt Reichtum und Wohlstand der einen immer zu Lasten anderer gehen.
Weniger gelungen ist allerdings der Schluss des Romans, nachdem sich in der sekundären Welt alles zum Guten gewendet hat. Weshalb Ayse die ganzen Erlebnisse nur wie ein Traum vorkommen und keinerlei Indizien dafür sprechen, dass jemals eine Wanderbühne vor Ort war und damit auch Tio nur Fiktion war, erschließt sich nicht. Dieser Griff ins Märchenhafte, der nur den seltsamen Babatunde als Initiator einer anscheinenden Traumreise übrig lässt, war überflüssig.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass „ZwischenWelten“ eine wichtige Botschaft vermittelt, aber durch die Langatmigkeit des ziellosen Herumziehens der beiden Helden Potential verschenkt und sicherlich manchen Leser nach der halben Lektüre kapitulieren lässt. Da helfen auch die kleinen „Abenteuerchen“ und teilweise parallelen Handlungsstränge von Tio und Ayse nicht weiter. Der Kern der Handlung bleibt einfach zu lang verborgen bzw. wird nicht aktiv angegangen.

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Diese Rezension wurde verfasst von str.
Veröffentlicht am 01.06.2022