Zebrawald

Autor*in
Gewirtz, Adina Rishe
ISBN
978-3-570-16309-2
Übersetzer*in
Ernst, Alexandra
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
251
Verlag
Gattung
Krimi
Ort
München
Jahr
2014
Lesealter
12-13 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Alice und ihr Bruder Rew, 11 und 9 Jahre alt, leben mit ihrer Großmutter weit ab von allem, direkt am Zebrawald. Beide Kinder haben gelernt, sich intensiv um die depressive Gran zu kümmern - Harmonie pur. Plötzlich kommt ein Häftling auf der Flucht zu ihnen, nimmt sie in Geiselhaft - es ist ihr totgeglaubter Vater. Wochenlang ist das Quartett aufeinander angewiesen, mühsam entsteht so etwas wie eine Nähe und Verständnis für die Lage, aus der sie sich endlich befreien können.

Beurteilungstext

Der Zebrawald ist allgegenwärtig: in der Erzählung, auf jeder Seite begleitet er die Lektüre am Außenrand. Das SchwarzWeiß der Baumstämme spiegelt sich im SchwarzWeiß wider, das das Denken der Kinder bewegt: Die Gran ist manchmal nicht anzusprechen, dann müssen sie sich selber behelfen - sie haben das gelernt. Vor allem lesen sie sich Stevensons Schatzinsel vor und leben mit deren Personal, haben ihre Vorlieben und ihre Asympathien, die sie pflegen. Außenkontakte gibt es nur wenig, Alice geht zur Schule, darf aber auch fehlen, wenn ihr nicht danach ist. Wirkliche Freunde haben sie nicht, keinen Fernseher, kein Radio, nur ein Schnurtelefon, das der Eindringling auch sogleich aus der Wand reißt. Rew ist jähzornig bis zum Exzess, dabei aber hochintelligent, dass Alice, die Ich-Erzählerin, immer wieder feststellen muss, dass er ihr in vielen Dingen überlegen ist, vor allem in der Schnelligkeit, mit der er Situationen erfasst, die ihr noch Schwierigkeiten bereiten. Vor allem die Jähzornigkeit aber ist es, die Rew mit dem Eindringling, ihrem Vater, gemein hat. Den hat das ins Gefängnis gebracht, frei gekommen ist er durch den Zufall, dass eine Großzahl von Gefangenen durch einen Aufstand ausbrechen konnte. Er ist einfach nur mitgelaufen, nur in die andere Richtung, so dass er nicht gefunden wird.
Rew lehnt den Mörder impulsiv und aggressiv ab. Alice versucht, das Beste aus ihrer Situation zu machen, die Gran, die Mutter des Mörders, zieht sich in ihre Depressionen und ihr Bett zurück. Handelnde sind also nur die drei übrigen. Handlung aber gibt es kaum, wohl aber die Auseinandersetzungen der Geschwister, ihre Befürchtungen, Ängste, Hoffnungen. Rew wird argwöhnisch beaufsichtigt, zu offensichtlich ist sein Wunsch auszubrechen. Alice wird zum Einkaufen geschickt und traut sich nicht, Polizei oder andere zu informieren. Und erst ganz allmählich beginnt sich die Situation zu entkrampfen - und die Kinder lernen zu ihrer eigenen Verwunderung, dass es noch etwas anderes als Schuldig oder Nichtschuldig gibt. Letztlich akzeptiert der Vater seine Haft, die Kinder, dass sie einen Vater haben, und es gibt für sie eine Zukunft.
Dass das Trio unmittelbar neben dem Gefängnis lebt, sich von der Welt isoliert hat, stellt sich als logische Folge des Verbrechens heraus. Erst als Alice und ihr Bruder (und damit die Leser) dies verstehen, scheint es eine Lösung geben zu können.
Ergreifend ist der Augenblick, als der Neunjährige erkennt, dass er das gleiche Verhalten wie sein Vater zeigt: für den gab es keinen Ausweg, er aber hat den Zebrawald vor sich, in dem er sich austoben kann, wenn ihn die große Wut erfasst.
Ein nachdenklich machendes Familiendrama.
Auf der Auswahlliste zum LesePeter.cjh14.07

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010