Zap

Autor*in
Eschbach, Andreas
ISBN
978-3-401-60703-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
304
Verlag
Arena
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Würzburg
Jahr
2023
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
20,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Als Finn von der Schule nach Hause kommt, hat sich nahezu alles verändert: Fremde wohnen in der Wohnung, die Straßennamen sind ihm unbekannt, der Bus fährt auf völlig neuer Linienführung. Und sogar das Schulgebäude ist plötzlich zum Forschungsinstitut geworden. Finn zweifelt zunehmend an seinem Verstand. Dann trifft in der nahezu menschenleeren Stadt auf Lea, die ihn über eine perfide Aktion des örtlichen TV-Senders aufklärt. Und die muss und will Finn unbedingt unterbinden.

Beurteilungstext

Für den 15-jährigen Finn beginnt dieser Freitag so normal an wieder jeder andere. Erst vor Kurzem ist die Familie überraschend nach Ostwaldau umgezogen. In der neuen Schule fühlt sich Finn, der liebend gerne liest, sich aber eher ungern wie seine Klassenkameraden auf Social-Media-Plattformen aufhält, nicht sonderlich wohl. Als er nach der Schule nachhause kommt, erwarten ihn dort völlig Fremde. Hat er sich etwa im Weg geirrt? Es wird noch schlimmer: In der kaum bevölkerten Innenstadt befinden sich plötzlich andere Geschäfte, seine Schule erkennt Finn ebenfalls nicht wieder. Und der Bus, mit dem er zu seiner Oma flüchten möchte, fährt nur eine Ringlinie. Als Finn das Praxisschild eines Psychiaters entgegenleuchtet, will er sich dort Hilfe suchen. Auf der Treppe wird er jedoch von der cleveren Lea angerempelt, die ihn in einer verschwiegenen Ecke darüber aufklärt, dass es sich bei allem um ein neues, detailliert ausgetüfteltes Format des örtlichen Fernsehsenders 1spass-TV und dessen Chef Jo Brenner handelt. Erst nach langem Überlegen und mit der Hilfe seines Freundes und Computerfreaks Navid findet Finn eine Möglichkeit, aus dem Schlamassel herauszukommen und zugleich den Initiatoren dieses fiesen Spiels eine deftige Lektion zu erteilen.
Die Hintergründe des Geschehens werden nach und nach aufgedeckt. Fernsehboss Jo Brenner hatte sich etwas ganz Besonderes ausgedacht, nämlich so etwas wie eine Hard-Core-„Verstehen-Sie-Spaß“-Version. Damit sollte ein neues Stück Fernsehgeschichte geschrieben werden. Unter ungeheurem finanziellem, personellem und logistischem Aufwand wurden in der ganzen Stadt massive Veränderungen vorgenommen, zudem wurde die Bevölkerung entsprechend instruiert – notfalls mit Strafandrohung für den, der nicht mitspielt. Finn weiß von alle dem nichts; er ist das bedauernswerte Opfer, das von unzähligen Kameras, Drohnen und Mikros permanent live beobachtet wird. Natürlich sehr zur Freude der hämischen Zuschauer, derweil Finn fast in den Wahnsinn getrieben wird.
Es ist ein Experiment, das so oder ähnlich durchaus in naher Zukunft auch in der Realität vorstellbar wäre. Dass man sich auf Kosten wissender oder unwissender Mitmenschen köstlich amüsiert, ist dabei nichts Neues (s. Dschungelcamp, Vorsicht Kamera o.ä.), wohl aber das im Buch geschilderte Ausmaß des Geschehens. Die Ironie im Buch besteht darin, dass Finn, für den Social-Media-Angebote gänzlich uninteressant sind, gerade dort durch das neue TV-Format zum Star werden soll, während seine Schwester, die sich als Influencerin mit allen Mitteln um gesteigerte Aufmerksamkeit bemüht, nicht einmal annähernd das erreicht, was Finn ungefragt und ohne sein Zutun an Bekanntheit zuteil wird.
Als reichlich fragwürdig wird eingestuft, dass Finns Eltern als Erziehungsberechtigte mit ihrer Unterschrift dieser dubiosen Art der Vermarktung ihres Sohnes zustimmen, ohne ihn um seine Zustimmung gefragt zu haben. Sie haben es zwar im guten Glauben getan, weil ihnen gesagt würde, dass Finn davon nur profitieren könne. Aber als sie während der Live-Übertragung feststellen müssen, welche extreme psychische Belastung für Finn daraus entsteht, fühlen sie sich betrogen, haben jedoch keinerlei Möglichkeit mehr, ihre Entscheidung rückgängig zu machen. Die bittere Einstellung Finns gegenüber seinen Eltern ist daher nur allzu verständlich.
Andreas Eschbach hat eine gut durchdachte, zunächst noch unaufgeregte, dann zunehmend sehr spannungsintensive Story vorgelegt. Dabei geht es ihm jedoch um ein kritisches Hinterfragen unterschiedlichsten Social-Media-Angebote und deren Folgen, vor allem im Hinblick auf jugendliche Nutzer. Der Autor scheut sich nicht vor harscher Kritik, wenn er den TV-Boss unverblümt sagen lässt: „Fernsehen, das ist Macht… Die Macht der Bilder. Wir sind die, die die Leute am Gängelband haben. Wir sind die Strippenzieher, diejenigen, die die Marionetten steuern. Das, was wir den Leuten mit unsren Bildern erzählen, das glauben sie, und wenn’s der größte Quatsch ist.“ (S.233f).
Zugleich wird an Finns Beispiel verdeutlicht, wie schwierig es mitunter sein kann, sich gegen derartige Beeinflussungen zu wehren. Aber es ist eben auch nicht völlig unmöglich – und kann im besten Falle, wie im Buch, auch auf die Verursacher zurückfallen.
„Zap“ ist eine bestens für junge Leserinnen und Leser ab 14 Jahren geeignete Lektüre, um als Lehre aus dieser spannenden Geschichte im eigenen Umgang mit Social-Media eine differenzierte, von 'gesunder' Skepsis bestimmte Haltung zu entwickeln. In dieser Hinsicht kann der unterhaltsam geschriebene Roman auch sehr gut als Diskussionsgrundlage im Unterricht verwendet werden.

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Diese Rezension wurde verfasst von Gerd Klingeberg; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 30.10.2023