Wovon die Sterne träumen

Autor*in
Fargetton, Manon
ISBN
978-3-551-58472-4
Übersetzer*in
von der Weppen, Annette
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
412
Verlag
Carlsen
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
Hamburg
Jahr
2022
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wenn sich Schicksale aus einer Laune des Zufalls heraus berühren, können sie dein Leben verändern; dich zum Nachdenken über dich selbst und die Menschen um dich herum bringen; dir neuen Mut geben, dich deinen Träumen und Hoffnungen zu stellen. Ein Roman voller Zuversicht und sensibler Reflexionen, voller Witz und Hoffnung.

Beurteilungstext

Fünf Menschen, die kaum unterschiedlicher sein könnten. Was sie verbindet, sind Probleme, die ihnen über den Kopf zu wachsen scheinen – und eine gewisse Einsamkeit, ein Nicht- Einverständnis mit der Welt um sie herum. Alix steht vor dem Abitur. Sie arbeitet hart für ihr Ziel, Schauspielerin zu werden, die Aufnahme an der berühmten Theaterschule in Paris zu schaffen. Eigentlich ist ihr Leben im Lot – wäre da nicht der überfürsorgliche Vater und die abwesende Mutter. Armand, Alix´ Vater, ist Lehrer am Konservatorium, ein charmanter Frauenheld, dessen Leben nur einen Zweck hat – für seine Tochter zu sorgen, nachdem deren Mutter die kleine Familie unmittelbar nach Alix´ Geburt verlassen hat. Gabrielle ist Alix´ Theaterlehrerin und eine sehr enge Freundin von Armand – eine emotionale, dabei aber sehr raue Person, die ihre Gefühle zu verstecken weiß. Luce ist alt geworden – seit ihr geliebter Lucien vor zwei Jahren verstorben ist, tut ihr buchstäblich das ganze Leben weh und sie schafft es kaum noch, sich am Morgen aus dem Bett zu erheben. Schließlich Titouan – der Junge ist von einem so großen Ekel vor der Realität erfüllt, dass er beschließt, sein Zimmer nie mehr zu verlassen; egal wie sehr sich seine Familie um ihn bemüht.
Dann geschieht ein Wunder: Titouan erhält eine SMS, deren Absender er nicht kennt. Er bemerkt sofort, dass da jemand in tiefer Verzweiflung eine Art Hilferuf loswerden muss; gerichtet offenbar an einen Toten. Trotz seiner selbstgewählten Isolation ist der Junge tief berührt und erkennt, dass er handeln und helfen muss. Er simuliert zunächst den toten Lucien – denn die Nachrichten stammen von Luce – und gibt der alten Frau Aufgaben, die sie aus ihrer Lethargie befreien. Schließlich gibt er sich zu erkennen; nachdem er zufällig herausgefunden hat, dass er wohl Luciens Nummer vom Telefonbetreiber nach dessen Ableben zugeteilt bekommen hat. Er bringt Luce, die eine der ersten Pilotinnen Frankreichs war, dazu, Lebensmut zurückzugewinnen und sogar wieder kleine Maschinen zu fliegen. Ihm hilft sie wiederum – sie schafft, woran seine Eltern verzweifeln. Sie bringt Titouan dazu, sein Zimmer zu verlassen und sich wieder dem Leben zuzuwenden. Alix gelingt es, sich aus der erdrückenden Liebe ihres Vaters zu befreien, Freunde zu finden und vor allem über einige Umwege ihren Traum vom Theater Realität werden zu lassen. Sogar mit ihrer Mutter gelingt eine vorsichtige Annäherung. Armand erkennt, dass er seine Tochter loslassen muss, um sie nicht ganz zu verlieren. Gabrielle hilft ihm dabei. Sie selbst hat sich vor 25 Jahren mit ihren Eltern entzweit und sie nie wiedergesehen. Auch hier gelingt über viele Umwege ein zaghafter „Friedensschluss“. Der Roman endet scheinbar tragisch – Luce verunglückt tödlich mit einem Kleinflugzeug. Aber sie hat all ihren neuen Freunden etwas mitgegeben – dass es sich immer lohnt, für Träume zu kämpfen und nicht aufzugeben.
Manon Fargetton hat mit 35 Jahren bereits eine erstaunliche Anzahl an Jugendbüchern veröffentlicht. „Wovon die Sterne träumen“ ist das erste Buch, das in deutscher Sprache erscheint. Warum es aus dem Englischen statt aus dem Französischen übersetzt wurde, ist nicht zu recherchieren. Es gelingt ihr, einen sehr dicht erzählten, ebenso handlungsstarken wie emotionalen Roman zu schaffen; eingebettet in die schöne raue Landschaft der Bretagne. An einigen Stellen droht die Gefahr der Rührseligkeit, beinahe des Kitsches; aber die Erzählung gleitet nie dahin ab. Das Buch wird getragen von einer grenzenlosen Lebensbejahung, einem Bekenntnis zu den kleinen und größeren Wundern des Alltags, zu Optimismus auch in schwierigen Situationen. Vor allem ist der Roman eine Hymne an Empathie und Zugewandtheit der Menschen untereinander.
Das Buch ist gekennzeichnet von einer Reihe formaler Besonderheiten. Aufgebaut ist es wie ein „klassisches“ Drama mit fünf Akten. Erzählt wird wechselweise aus der Perspektive der fünf Protagonist*innen, dabei aber keinem starren Schema folgend – die Perspektive folgt der Handlungsdramaturgie. Einige der jeweils kurzen Kapitel in den großen Akten sind ebenfalls wie Theaterszenen konzipiert – mit eher eigenwillig angeordneten Dialogen und lediglich kurzen „Regieanweisungen“; vor allem die Passagen von Gabrielle. Erzählt wird durchweg im Präsens, was Aktualität und Energie bringt. Die Figuren werden sehr tiefgründig und plausibel herausgearbeitet. Die Dialoge sind frisch und spritzig. Besonders gelungen sind auch die vielen Nebenfiguren – Titouans kleine Schwester Lila; der Schlagzeugschüler Diego und Luce` junge Nachbarin Tess; Gaël, der Delfinbeobachtungen organisiert und vor allem „Bretagne-Bob“, der magische Galette- und Crepe-Verkäufer – am Ende stellt sich heraus, dass er es sein soll, der die Geschichten aufgeschnappt und niedergeschrieben hat. Obwohl sie teils nur kurz auftauchen, haben diese Figuren wichtige Rollen in der Gesamtkonzeption inne.

Anmerkung

Der Roman ist besonders empfehlenswert für den Bestand von Schul- oder Jugendbibliotheken.

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Diese Rezension wurde verfasst von RPKJ; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 03.11.2022