World on Fire

Autor*in
Wolfram, Hänel
ISBN
978-3-570-31471-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
256
Verlag
cbj/cbt
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
München
Jahr
2022
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüre
Preis
10,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Lukas und seine Freunde wollen nicht länger tatenlos zuschauen, wie die Umwelt durch Raubbau an der Natur und geldgierige Großkonzerne zunehmend zerstört wird. Bislang haben sie sich auf kleinere Aktivitäten beschränkt, ganz anders als die Umweltaktivisten der Gruppe OFF, die anlässlich einer Umweltkonferenz spektakuläre Aktionen geplant haben. Lukas würde dabei gerne mitmachen, wird aber von Marie ausgebremst. Warum? Das wird ihm erst allmählich klar.

Beurteilungstext

Lukas und seine Freunde haben schon lange das Bedürfnis, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für Umweltbelange einzusetzen, etwa indem sie Hochsitze ansägen und zu Fall bringen, um das Wild vor Jägern zu schützen. Sie ärgern sich über die zumeist nur hohlen Phrasen der Politiker oder der eigenen Eltern. Es wird viel diskutiert, aber ein tatsächlich wirksames Konzept für weiterreichende Aktionen haben sie noch nicht gefunden. Dabei steht gerade eine Klimakonferenz an, anlässlich derer man vielleicht deutlich mehr Aufmerksamkeit in der Bevölkerung erregen könnte. Allerdings kommen sie den Klimaaktivisten der Gruppe OFF ins Gehege, die fast schon professionell im Sinne des Umweltschutzes für Unruhe sorgen wollen. Und dann geht einiges voll daneben.
Hänel orientiert sich in seinem Roman sprachlich am aktuellen Jugendwortschatz, in dem häufig englischsprachige Begriffe verwendet werden. Das soll auch durch den englischen Buchtitel und die ebenfalls englischsprachigen Kapitelüberschriften verdeutlicht werden. Hänel entwickelt einen spannenden, lebendig beschriebenen Plot; häufig erwähnt er dabei bekannte Slogans, wie sie bei Demos von Fridays for Future, PETA, Extinction Rebellion und ähnlichen Gruppierungen verwendet wurden und werden. Um eine gewisse Neutralität zu wahren, lässt er indes im Buch eine fiktive Umweltaktivistengruppe OFF agieren.
Manches erscheint dabei arg stereotyp, ist aber leider allzu oft Fakt. Etwa die „typischen“ nichtssagenden Gemeinplätze beschwichtigender Politiker, die ohne durchschlagende Ergebnisse bleiben. Ebenso die Relativierung des Klimawandels durch Eltern, die mit Augen-zu-und-durch-Mentalität weiter machen wollen wie gehabt. Oder die ihre Umweltaktivitäten in einer „Ist-doch-ohnehin-nichts-mehr-zu ändern“-Argumentation auf ein allenfalls symbolisches Maß reduzieren. Die nahezu unausweichlich daraus entstehenden familiären Konflikte zwischen Eltern und zunehmend mündigen Kindern werden ebenfalls gut nachvollziehbar thematisiert.
Immer wieder stellt sich für die Protagonisten die Frage, was im konkreten Fall getan werden darf bzw. ob wegen der akuten Dringlichkeit der Umweltproblematik auch über den zivilen Ungehorsam hinausgehende, möglicherweise strafbare Handlungen begangen werden dürfen oder sogar müssen.
Hänel bezieht dazu keine eindeutige Stellung, legt sich aber einigermaßen weit aus dem Fenster. Einerseits wird in einer Vorab-Warnung darauf hingewiesen, dass einige der im Roman beschriebenen Aktionen nicht zur Nachahmung geeignet sind, da sie den Strafbestand der Sachbeschädigung erfüllen und Menschenleben gefährden könnten (S.6). Andererseits ermutigt er im Roman immer wieder dazu, die aus Bequemlichkeit oder Angst vor Strafe häufig viel zu eng gezogenen Handlungsgrenzen so weit wie nur irgend möglich auszudehnen. In diesem Zusammenhang ist indes seine sehr negative, zwar nicht zwingend unzutreffende, aber stark polarisierende Darstellung der Polizeikräfte als willfährige Handlanger der Staatsgewalt zumindest kritisch zu hinterfragen.
Die beschriebene, schnell aus dem Ruder laufende Aktion anlässlich der Klimaschutzkonferenz erscheint recht absurd und wenig real, ist aber deshalb –vermutlich absichtlich – auch schwerlich als Vorlage für eigene Protestaktionen verwendbar.
Realer erscheint da die konfliktbeladene kleine Lovestory zwischen Lukas und Marie, wenngleich die Charakterisierung der Hauptfiguren des Romans mitunter etwas klischeemäßig gerät. Letzteres gilt vor allem für Marie, fast eine Art Idealtypus einer jungen Action-Heldin: super aussehend, außergewöhnlich sportlich, schlagfertig, mit Führungsqualitäten, unberechenbar und je nach Lage der Dinge heißblütig oder total cool. Deutlich anders ist dagegen Lukas‘ Freund Bennie: Mit amputierten Unterschenkel als Folge unvorsichtigen S-Bahn-Surfens hat er dennoch immer lockere Sprüche parat, die den Eindruck vermitteln sollen, dass ihn seine Behinderung angeblich nicht sonderlich stört – was keineswegs der Fall ist; er möchte jedenfalls möglichst bei allen Aktionen mitmachen, was bisweilen an seinem Rollstuhl scheitert, aber dafür ist er ein Ass am Computer und kann so seine Kumpels optimal unterstützen.
„World on Fire“ ist eine sehr empfehlenswerte Lektüre für aktive wie auch für (noch) passive jugendliche Umweltschützer ab ca. 12 Jahren sowie für erwachsene Leser, die die Beweggründe jugendlicher Klimaaktivisten besser verstehen wollen. Das Buch ist zudem ausgezeichnet als schulische Diskussionsgrundlage zum aktuellen Thema Umweltschutz im Unterricht der Mittel- und Oberstufe geeignet.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Gerd Klingeberg; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 19.10.2022

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