Wolf sein

Autor*in
Wegenast, Bettina
ISBN
978-3-7941-6046-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Bußhoff, Katharina
Seitenanzahl
Verlag
Gattung
Ort
Düsseldorf
Jahr
2005
Lesealter
8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
9,90 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der Wolf ist tot, jubeln die drei kleinen Schweinchen. Das Schaf Kalle bewirbt sich um die frei gewordene Stelle und schlüpft in den Wolfspelz. Als es seinen Artgenossen René frisst, nimmt Locke die Stelle des Jägers an, um René aus dem Wolfsbauch zu befreien. René sorgt für die Läuterung Kalles, als beide ihm ein Glöckchen statt der üblichen Wackersteine in den Bauch einnähen. Kalle und Locke kündigen, und auch der Zwerg gibt die Leitung der Stellenvermittlung auf und zieht wieder in den Berg.

Beurteilungstext

Das Spielen mit Märchenmotiven, das Einbinden des Geschehens in eine moderne Welt der Arbeitsagenturen und Probezeiten macht dieses Buch interessant. Das Märchen von Rotkäppchen ist ja schon viele Male umgeschrieben worden; hier wird der Frage nachgegangen, ob der Tod des Wolfs gleichzeitig auch das Ende des Bösen ist. Kalle verneint das - einer müsse immer der Böse sein. Und hat diese Rolle nicht auch ihre Reize? In der Figur des Kalle kann man diese ausleben - wie er das Schaf René in den Wald lockt, wie er seine Überlegenheit ausspielt und schließlich zubeißt - da gibt es keine Zweifel, keine moralischen Bedenken. Als Locke Hilfe holen will, erweist es sich, dass auch der Part der Gerechtigkeit nicht besetzt ist. Locke muss die Stelle des Jägers annehmen, um René retten zu können. Doch meint Gerechtigkeit auch Bestrafung des Bösen? Locke, der bisher als die Verkörperung eines Schäfchengemüts erschien, lässt sich von seiner Rolle mitreißen und lässt es nicht bei der Befreiung Renés bewenden. Er meint, es müsse alles seine Ordnung haben: Kalle ist der Wolf, und er ist der Jäger. Jäger töten Wölfe. Also soll Kalle doch im Fluss ertrinken.
Das Aufgehen der beiden Schafe in ihren unnatürlichen Rollen hängt eng mit dem Akt der Verkleidung zusammen. Und diese Kostüme werden vom Zwerg als Leiter der Stellenvermittlung bereitgestellt. In welche Rolle man schlüpft, welche Bedingungen man sich auferlegt, wenn man einen Job annimmt, darüber könnte man weiter nachdenken. Locke und Kalle jedenfalls tragen, nachdem sie aus ihrer falschen Identität herausgefunden haben, ihre Kostüme zurück und kündigen. Und auch der Zwerg hängt seinen Job an den Nagel. Für das alte Jäger-Wolf-Spiel will er nicht mehr verantwortlich sein.
Der mit einer Brille ausgestattete René als Opfer Kalles bleibt als einziger er selbst und kann eine Eskalation von Gewalt und Rache verhindern. Mit einer klugen Lösung beugt er einem erneuten Gewaltausbruch vor. Haben sich Kalle und Locke in ihren Rollen verloren, sich gänzlich identifiziert, bewahrt René gesunden “Schafs”verstand und Mitgefühl, so dass Kalle mit seinen Steinen im Bauch nicht wie im Märchen sterben muss. Er wird erneut aufgeschnitten, und die Steine werden hinausgenommen. Dafür wird aber Lockes Glöckchen eingenäht, so dass Kalle ein für alle mal gebrandmarkt ist. Das Läuten wird ihn immer daran erinnern, welche Triebe in ihm stecken, und gleichzeitig geht von ihm nun keine Gefahr mehr aus, denn mit dem leise Anschleichen ist es nun nichts mehr. Locke erkennt, dass auch er sich von seiner Rolle hat mitreißen lassen und kann so Kalle ebenfalls verzeihen. Einem Miteinander jenseits der Kategorien von Gut und Böse steht nichts mehr im Wege.

Schwarz-weiß-Zeichnungen unterstützen die Geschichte und bringen zusätzliche Ideen ins Spiel. So sind im Regal der Stellenvermittlung auch Aschenputtels Schuh oder Ball und Krone des Froschkönigs zu sehen - es scheinen viele Märchenrollen unbesetzt zu sein ...
So rund diese Geschichte scheinen mag, so vorhersehbar ist sie an vielen Stellen. Und oftmals hat man das Gefühl, dass hier viele Einfälle niedergeschrieben worden sind, ohne dass sie genügend poetisch durchdrungen worden wären. Freude an Sprache, an Formulierungen vermag der Text nicht zu wecken. Und damit bleibt auch die Lesefreude insgesamt etwas auf der Strecke.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von sr.
Veröffentlicht am 01.01.2010

Weitere Rezensionen zu Büchern von Wegenast, Bettina

Wegenast, Bettina

Krähenbein und Hexenreim

Weiterlesen
Wegenast, Bettina

Krähenbein und Hexenreim

Weiterlesen
Wegenast, Bettina

Wolf sein

Weiterlesen
Wegenast, Bettina

Happs, das Computermonster

Weiterlesen