Wo kommst du denn her? Warum das die falsche Frage ist und was uns wirklich ausmacht

Schlagwörter

• Diversität
• Emanzipation
• Gender/Geschlecht
• Rassismus

Teaser

Dieses Buch ist ein Geschenk und eine Einladung zugleich: Es kommt einigermaßen unscheinbar daher, versteckt aber in seinem Inneren einen Schatz, der den Blick auf die Welt erweitern kann. Es erklärt und feiert Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Menschen, ist dabei wertschätzend und deutlich zugleich.

Beurteilungstext

Besonders hervorzuheben ist die Selbstverständlichkeit, mit der andere Vorstellungen vom Leben als die einer westlichen Mehrheitsgesellschaft abgebildet und als gleichrangig gewürdigt werden. Vorbilder und Beispiele kommen aus den unterschiedlichsten Ecken der Welt. Nie ist es lamentierend oder anklagend, wie es schnell beim Thema Diskriminierung geschehen könnte, stattdessen immer erfrischend klar und ja, zutiefst menschlich. Man spürt, dass die Autorinnen auf viel Wissen zurückgreifen können, sich schon lange mit dem Thema Vielfalt beschäftigen. Die Beispiele in den Texten sind erfreulich aktuell: Es geht um Dekolonisierung, K-Pop, um vegane Ernährung oder Banksys Bilderschreddern.
Der Aufbau ist übersichtlich und abwechslungsreich zugleich: In 20 Unterkapiteln wird nichts weniger als das Leben betrachtet: Es geht natürlich um Sprache, Politik, Glaube und Religion, aber auch um Träume und Sehnsüchte, Kleidung und Mode, Düfte und Gerüche – und was sie mit der eigenen Herkunft zu tun haben. Auf einer Doppelseite sind stets vier Texte zu einem der Unterthemen gesetzt, dann folgt eine Doppelseite mit dazu gehörenden Illustrationen. Hier wird es dann konkret und beispielhaft.
Überhaupt, die Illustrationen: Sie sind das Highlight des Buches. Vier Illustratorinnen bebildern gemeinsam die verschiedenen Themen. Eine Künstlerin produziert digital sehr glatte, fast flächenhafte Bilder, eine andere arbeitet mit Buntstift oder Kreide und kräftigem Strich. Manche Illustrationen sind collagenhaft, andere eher filigran und ein wenig verträumt. So unterschiedlich die Stile sein mögen, alle Künstler:innen wählen satte, kräftige und überwiegend fröhliche Farben. Und allen gelingt eine spielerische visuelle Umsetzung des Textes, die mal eine bildliche Erläuterung ist, mal die persönlichen Erfahrungen der Illustratorinnen aufgreifen. Letzteres ist ein großer Gewinn, kommen hier ganz unterschiedliche Perspektiven und kulturelle Praxen zur Geltung. Viele Bilder haben etwas kindlich Verspieltes, das erleichtert den Zugang zu manch komplexerem Text. Sehr übersichtlich macht das Ganze der viele Weißraum im Hintergrund, auf den Text und Bilder gesetzt sind.
Die Texte sind recht anspruchsvoll, richten sich an Kinder und Jugendliche mit einem sehr umfassenden Weltwissen. Zwar werden einzelne Wörter im knappen Glossar am Ende des Buches erklärt und wird mit vielen Beispielen aus der Lebenswelt der Kinder gearbeitet, dennoch bleibt die Frage, in welchem Setting das Buch sein ganzes Potential entfaltet. Dass junge Menschen große Teile allein rezipieren, scheint nicht sehr wahrscheinlich. So eignet es sich wahrscheinlich insbesondere, um als Erwachsene mit ihnen allein oder in einer Gruppe ins Gespräch zu kommen. Genug Stoff für gemeinsamen Austausch, neue Erkenntnisse und Herzensbildung gibt es jedenfalls mehr als genug.