Wir leben im Verborgenen. Aufzeichnungen einer Romni zwischen den Welten

Autor*in
Stojka, Ceija
ISBN
978-3-85452-691-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
280
Verlag
Picus
Gattung
Ort
Wien
Jahr
2013
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
21,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In diesen ""Aufzeichnungen einer Romni"" hat Herausgeberin Karin Berger die beiden bereits 1988 bzw. 1992 erschienenen Lebenserinnerungen von Ceija Stojka über ihr Überleben in den KZ als Kind und ihre Erfahrungen als junge, alleinerziehende Mutter nach 1945 in Österreich überarbeitet und ergänzt durch zwei Gespräche mit ihr und einen Essay, in dem sie sich mit der gesellschaftlichen Lage und der Wahrnehmung der Sinti und Roma heute beschäftigt.

Beurteilungstext

Das vorliegende Buch, erschienen Anfang 2013, sollte eigentlich ein Geschenk an Ceija Stojka werden, die im Mai 2013 ihren 80. Geburtstag gefeiert hätte. Leider hat sie die Veröffentlichung nicht mehr erlebt - sie ist im Januar 2013 in Wien gestorben.

Ihre beiden Erinnerungsbücher ""Wir leben im Verborgenen"" (1989 erstmals erschienen) über ihre Zeit in den KZ-Lagern und die Fortsetzung ""Reisende auf dieser Welt"" (1992 erschienen) über ihr Leben nach 1945 in Österreich sind in diesem Band erstmals zusammen erhältlich.
Nach dem Erscheinen des 1. Bandes 1989 schrieb R. Burger gegen das offiziöse Gedenken der österreichischen Politik in einer würdigenden und klugen Besprechung des von Karin Berger und Ceija Stojka gemeinsam veröffentlichten Buches: ""...Eine Frau Mitte Fünfzig, die hier zu Hause ist und keine Heimat hat, erzählt darin ihre Lebensgeschichte. Sie erzählt sie bruchstückhaft und episodisch, ohne aufgesetzte Moral, unkonstruiert und mit zögernder Stimme, naiv und gar nicht ""sentimentalisch"", aber mit unendlicher Zärtlichkeit für die Menschen und die Dinge, die sie umgeben und die sie begleitet haben. Sie erzählt fast schamhaft und ohne modische Betroffenheitsattitüde, sie drängt sich auf kein Zeitzeugenpodest... Ceija Stojka ist der Hölle entronnen, aber was nachher kam, in Österreich, war auch keine zivilisierte Gesellschaft... Vierzig Jahre lang hat sie geschwiegen, hat in bescheidenen Verhältnissen gelebt, hat sich als Marktfahrerin durchgeschlagen und ihre Kinder großgezogen. Jetzt hat sie ihre Geschichte aufgeschrieben, weil das Schweigen um ihr Volk zu laut geworden ist, gerade im Geschwätz des ""Bedenkens"". Es ist keine Elendsgeschichte geworden, sondern im Gegenteil eine des Stolzes, der Würde, der Noblesse..."" (Rudolf Burger, PROFIL, Februar 1989)
Ich zitiere Burger so ausführlich, weil er genau trifft, was ich beim Lesen der Erinnerungstexte, der Gedichte, dem Anschauen ihrer Bilder (sie ist auch eine beeindruckende Künstlerin) und Nachdenken über diese so starke Frau auch empfinde: Bewunderung und Verehrung. Sie ist trotz der Hölle durch die sie gegangen ist, nicht zerbrochen, war sich (und ihrem Volk) immer treu, lernte noch spät lesen und schreiben, so dass sie ihre Geschichte und die ihres Volkes aufschreiben und so - auch gegen Widerstände - bewahren konnte.
Trotz der Verfolgung und der Ermordung vieler Verwandter in der Vernichtungsmaschinerie der Nazis (Ermordung der meisten Familienmitglieder und insbesondere ihres jüngsten Bruders Ossi mit 7 Jahren in Auschwitz) und des frühen Todes ihres Sohnes Jano und ihres Mannes Kalman blieb sie dem Leben zugewandt und engagierte sich. Sie erhielt zahlreiche Preise für ihre Arbeit und ihre künstlerischen und politischen Werke, sowie den Ehrentitel Professorin.
Bevor ich mit dem Stoijkas Gedicht ""Auschwitz ist mein Mantel"" diese Rezension abschließe, möchte ich dieses Buch sowie das 2009 bei cbj erschienene und ebenfalls von Karin Berger herausgegebene Taschenbuch mit der Geschichte ihrer Befreiung im Lager Bergen-Belsen (""Träume ich, dass ich lebe?"") dringend für die Lektüre in Schule und Unterricht empfehlen. Außerdem möchte ich nicht versäumen auf Ceija Stojkas künstlerisches Schaffen, insbesondere ihre Bilder hinzuweisen, die z.B. in der edition exil, Wien 2008 zusammen mit Texten veröffentlicht sind.

auschwitz ist mein Mantel

du hast angst vor der finsternis?
ich sage dir, wo der weg menschenleer ist,
brauchst du dich nicht zu fürchten.

ich habe keine angst.
meine angst ist in auschwitz geblieben
und in den lagern.

auschwitz ist mein mantel,
bergen-belsen mein kleid
und ravensbrück mein unterhemd.
Wovor soll ich mich fürchten?

Ceija Stoijka

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Diese Rezension wurde verfasst von ASR.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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