WIR alle

Schlagwörter

• Familie
• Freundschaft
• Frieden
• Kindheit
• Kulturen
• Liebe

Teaser

Das als Sachbuch angelegte Bilderbuch "WIR alle" befasst sich grundlegend mit der Entstehung des Wir-Gefühls, eines globalen Miteinanders. Es zeigt auf, dass ein Mensch unterschiedliche WIRs erleben kann - z. B. in der Klasse, der Familie, als Mitglied einer Mannschaft. Das WIR verbindet die unterschiedlichsten Menschen, wenn sie sich mögen oder Schönes miteinander erleben. Zum WIR gehört das Heimat-Gefühl ebenso wie die Fähigkeit, Sprachbarrieren zu überwinden oder andere nach ihren Träumen zu fragen. Wer WIR erlebt, meint statt Gleichheit individuelle Stärken und die Grundidee von Gleichwertigkeit.

Beurteilungstext

Sie kennt sich aus mit dem WIR, die Autorin und Illustratorin Daniela Kunkel; immerhin ist es bereits das sechste Werk aus der Serie "Das kleine WIR". Ihre WIR-Figur hat Wiedererkennungswert, ist ein grünes, zotteliges, freundliches Wesen mit Blümchen auf dem Kopf und einer rot-weiß gestreiften Langnase. Und so ziert da grüne Zottel-WIR mindestens einmal jede Doppelseite im "WIR alle".

Die illustratorische Handschrift Daniela Kunkels führt den Leser/die Leserin auf bekanntes Terrain: Ihre Figuren sind, sofern sie nicht gerade Gefühle spiegeln sollen, grundfreundlich, das Lächeln ist ihr liebster Ausdruck.
Sprachlich bemüht sich Kunkel um Klarheit im Ausdruck und im Satzbau (Hauptsätze bzw. einfache Haupt- und Nebensatzkonstruktionen), wobei der Text manches Mal allzu pathetisch daherkommt: "Hände, die uns halten und Liebe, die uns trägt" - ob ein Vierjähriger diese abstrakte Dimension versteht? "Wenn dich deine Gefühle belasten, sprich darüber!" ist eine wahre Aussage, verlangt jedoch eine Reflexion eigener Emotionen... und der Satz "Unsere Gefühle können wir nicht steuern, aber wir können lernen, gut mit ihnen umzugehen" scheint Überforderungspotential zu bergen und ist eigentlich in jedem Lebensratgeber für Erwachsene besser verortet.
"WIR alle" ist in jedem Fall ein Buch, über das sich viel reden lässt. Warum brauchen Kinder Geschichten? Warum können Freunde wie ein Zuhause sein? Was bedeutet es, dass Mieke gern noch einmal mit ihrer Oma Waffeln essen möchte? Und warum träumt Adanna davon, in die Schule gehen zu dürfen? Interkulturalität, der Abgleich von Eigenem und Fremdem, spielen bei der Rezeption dieses Bildersachbuchs eine große Rolle. Es gilt, die Bedeutung einzelner Bilder und Bildunterschriften zusammenzuführen. Auch die direkte Ansprache der Leserschaft ist eine Stärke: "Erkennt du, was die Kinder gerade fühlen?"
Für das Thema "Vorurteile" nimmt sich die Autorin zwei Doppelseiten. Nach einer textlich tragbaren Warnung vor Zuschreibungen, sollen die Leser:innen in der nachgelagerten Übung genau das machen, nämlich Bilder in mit Adjektiven versehene Schubladen sortieren. Ist Jannis eingebildet, weil er die Nase hoch trägt? Oder ist das eher "klug"? Ist Hannes "gruselig", weil er eine Augenklappe trägt, oder sieht er damit eher "gefährlich" aus? Auf der Folgeseite stellt sich heraus, dass alle Zuschreibungen (wahrscheinlich) falsch waren: Jannis ist eigentlich schüchtern und nett, Hannes arbeitet im Tierheim und ist ebenfalls total nett.
Auch wenn es vorhersehbar ist, ist "WIR alle" ein nettes Bilderbuch. Lehrenden in der Grundschule sei es als Material für den Klassenrat oder Philosophie- bzw. Religionsstunden empfohlen.