Wie ich Fräulein Luise entführte ....

Autor*in
, Bohlmann
ISBN
978-3-522-50526-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Specht, Miriam
Seitenanzahl
240
Verlag
Thienemann
Gattung
Ort
Stuttgart
Jahr
2016
Lesealter
10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,99 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Greta taucht gemeinsam mit Fräulein Luise an Donnerstagnachmittagen in deren geheimnisvolle Vergangenheit ein. Als die alte Dame nach einem Sturz ins Pflegeheim kommt und Greta merkt, dass es ihr dort immer schlechter geht, reift in ihr ein Plan mit unglaublichen Folgen.

Beurteilungstext

Das Leben der zehnjährigen Greta ist völlig durchorganisiert. An jedem Nachmittag unter der Woche hat sie irgendwelche Kurse, die sie besucht, weil ihre Eltern es wollen und eine Menge Geld dafür ausgeben. Daher hat sie schon vieles ausprobiert, aber ist nie lange dabei geblieben. Ihre Eltern sind genauso beruflich ausgelastet wie Greta mit der Schule und ihren zahlreichen ‚Freizeit'-Aktivitäten. Eine Stunde ‚Quality-Time' täglich bleibt der Familie für das, was Familie eigentlich ausmacht - etwas gemeinsam zu unternehmen. Durch Zufall wird für Greta der Donnerstagnachmittag frei und dies bleibt letztendlich auch ihre private ‚Freiheit', mit der sie zunächst einmal umzugehen lernen muss. An einem solchen beginnt ihre Freundschaft mit Fräulein Luise Potz, die einige Stockwerke tiefer wohnt und fast achtzig Jahre alt ist. Nach einem Sturz in der Wohnung wird diese in ein Pflegeheim gebracht und landet fälschlicherweise in der Demenzabteilung. Obwohl Demenz nicht ansteckend ist, merkt Greta, dass es Fräulein Luise zunehmend schlechter geht, dass sie jeglichen Lebenswillen verliert. Ihr Cousin Ludwig wird zum Vormund erklärt und übernimmt die Haushaltsauflösung der alten Dame. Greta kommt zufällig dazu und findet eine Blechkiste, die sie Fräulein Luise ins Heim bringt. Sie ahnt nicht, dass sich darin die Vergangenheit ihrer älteren Freundin befindet - Briefe von deren Jugendfreund Artur und ein Schlüssel zu ihrem Haus an der Côted' Azur. Ein weiteres Geheimnis wird gelüftet: Fräulein Luise hat ein altes Cabrio in der Tiefgarage ihres Hauses stehen. In Greta wächst ein Plan heran, in den sie nur ihre Freundin Ava einbindet, denn diese muss für Greta die dreiwöchige Freizeit in Bayern übernehmen. Im Mittelpunkt des Planes steht Fräulein Luise - diese macht natürlich sofort mit, als Greta ihr von der Flucht oder Entführung aus dem Pflegeheim erzählt. Eine abenteuerliche Reise von Glückstadt an die Côte d' Azur beginnt, die sich deutlich schwieriger gestaltet, als Greta erwartet hätte. Unterwegs treffen sie Sam, der auf dem Weg zu einem Rockkonzert ist und sich als - fast - perfekter Cabrio-Fahrer nützlich macht. Wiederholt geraten sie an ihre Grenzen, denn ein solche Unternehmen nimmt sowohl die alte Dame als auch das betagte Auto ziemlich mit. Als sie in dem kleinen Ort ankommen, stellen sie fest, dass auch hier die Zeit nicht stehen geblieben ist. Nur mit Mühe findet Fräulein Luise ihren in fünfzig Jahren völlig zugewachsenen Besitz wieder. Eine Menge Arbeit wartet auf sie, bis sie die Vergangenheit freigelegt haben. Am Ende zeigt es sich, dass nicht nur das Haus die lange Zeit überdauert hat, sondern auch die Liebe nicht vergessen wurde und endlich zum Zuge kommt.
So abenteuerlich die Geschichte klingen mag, so schwingen in ihr viele Botschaften, die es zu verstehen gilt - die Freundschaft zwischen Jung und Alt, die Neugier und Offenheit auf beiden Seiten, die Suche nach Selbstverwirklichung und persönlicher Freiheit sowie der Bestand von Liebe und Treue über Grenzen und Jahre hinweg. Dass neben dem Abenteuer auch manches Lügengebäude errichtet und die Verantwortung für einander völlig unterschätzt wird, gerät im Rahmen der Handlung etwas in den Hintergrund, weil sich in kritischen Situationen immer ‚zufällig' eine Lösung oder eine Wende zum Guten einstellt. Dennoch gelingt es der Autorin, inmitten des Trubels und der Begeisterung, den Plan umzusetzen, dem Zerbrechlichen und Endlichen mit feinen Strichen den notwendigen Raum zu geben.
Das Buch lädt ein, aus dem eng verplanten Alltag auszubrechen und sich Zeit zu nehmen für seine Mitmenschen, nicht um neue Termine und Verpflichtungen auf sich zu nehmen, sondern um das Miteinander neu zu entdecken. Daher finde ich das Buch empfehlenswert.

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Diese Rezension wurde verfasst von magic.
Veröffentlicht am 01.10.2016