wie ich es will

Autor*in
Bredow, Katarina von
ISBN
978-3-407-81048-9
Übersetzer*in
Dörries, Maike
Ori. Sprache
Schwedisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
268
Verlag
Gattung
Ort
Weinheim
Jahr
2009
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,95 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Jessica und ihr Freund sind 15, gleich beim ersten Mal wird sie schwanger. Alle Welt geht davon aus, dass sie abtreiben lässt, nur sie nicht. Obgleich sie sich immer wieder verunsichern lässt, steht sie dennoch die Schwangerschaft durch und ebenso das Befremden ihrer Mitschüler, der Mutter, der Busenfreundin und erst recht ihres Freundes. Erst nachdem eine Abtreibung nicht mehr möglich ist, gewinnt sie alle Freunde wieder zurück.

Beurteilungstext

Gleich vorweg: Dieses Buch ist ein Plädoyer für das Kinderkriegen auch von Kindern. Deswegen kann ich dieses Buch auf keinen Fall für Jugendliche empfehlen, die mit dem Gedanken spielen, ein Kind zu bekommen: Einige wesentlichen Überlegungen fehlen mir hier einfach, siehe unten.

Bredow hat hier ein musterhaftes Protokoll einer Schwangerschaft beschrieben. Von der recht unbewussten Befruchtung bis zur Geburt reicht die Erzählzeit, von den Teenies, die eigentlich nicht so richtig wissen, was sie wollen, bis zur bewussten Mutterschaft.
Am Anfang der Schwangerschaft steht das Nicht-Daran-Glauben, die 15-Jährige ist eigentlich noch Kind. Dieses Kind setzt sich mit seiner Mutter auseinander, die aktive Veganerin und Esoterikerin ist, ohne deswegen völlig abgehoben zu sein. Die Tochter sieht das humorvoll-distanziert, auch wenn ihr einiges peinlich ist. Besorgt achtet sie auf die Reaktion ihres Freundes, wie er bei einem Besuch auf die esoterische Ausstattung der Wohnung reagiert. Völlig bodenständig sind dagegen ihre Freundin und deren Mutter. Diese Freundin reagiert auch am meisten entsetzt, als sie von Jessica hören muss, dass sie das Kind austragen will. Gemeinsam mit Jessicas Mutter bearbeitet sie die Schwangere, die sich endlich eingestehen musste, dass ihre Ahnungen richtig sind. Die Mutter schleift sie zur Schwangerschaftsberatung und ist empört, dass die Beraterin nicht ebenso vehement zur Abtreibung rät. Esoterik hin oder her: in diesem entscheidenden Punkt will sie anders als die Tochter. Und die, die sie doch bislang der Esoterik und dem Veganismus eher nüchtern gegenüber steht, ist der Meinung, dass auch der kleinste Fötus schon ein menschliches Lebewesen ist. Aber diese Umkehrung der Einstellungen kann das Problem nicht lösen. Jessica entzweit sich völlig mit ihrer Freundin, der Junge wendet sich von ihr entsetzt ab, die Distanz zur Mutter wird immer größer. Ausgerechnet jetzt findet sie - neben der absolut objektiv beratenden Hebamme - in der Mutter ihrer Freundin eine Unterstützerin. Gegen das Einverständnis ihres Mannes ist auch sie noch einmal schwanger geworden, zwar ungewollt, das aber als Chance begreifend. Diese beiden werdenden Mütter setzen sich jetzt gegen alle anderen durch, werden trotz des Altersunterschieds enge Freundinnen und bestärken sich gegenseitig. Jessica versucht nicht mehr, ihre Schwangerschaft zu vertuschen und teilt das auch ihrer Klasse mit - und unvermittelt ergreift ihre Freundin sofort Partei für sie, als die Angriffe wittert. Fortan ist sie bis zur Geburt Mitstreiterin, Anwältin, Wegeebnerin.
Parallel dazu ist die Schwangerschaft selbst das Thema dieses Romans, mit all seinen physischen und psychischen Veränderungen, den Verunsicherungen, Entdeckungen, der Verzweiflung in den ersten Wochen, der Euphorie in den letzten. Hier liegt geradezu ein Musterbuch vor für Schwangere. Begreiflicher als üblicherweise in einem Sachbuch wird beschrieben, wie sich Körper und Psyche innerhalb der neun Monate verändern. Auch werdende Väter können mit Hilfe dieses Buches lernen: die Schwangerschaft ist nicht unbedingt eine rationale Auseinandersetzung mit etwas im Bauch, sondern der Körper und die Psyche verändern sich nach bestimmten Mustern mit dem Heranwachsen des Kindes.
Wenn also ein Mädchen oder eine Frau ein Kind bekommt, sich eindeutig gegen eine Abtreibung entschieden hat, ist dieses lebendige und sachkundige Buch dringend zu empfehlen. Das Alter ist dabei nebenrangig, weil Jessica sehr schnell vom kleinen Mädchen zur Frau reift und später kaum noch teeniehaft reagiert.

Dennoch - wie anfangs bemerkt - könnte ich guten Gewissens dieses Buch keinem Mädchen in die Hand drücken, das sich noch nicht unwiderruflich für das Austragen des Kindes entschieden hat. Zu ausschließlich geht die Autorin aus der Sicht der Mutter vor. Auch wenn das das eigentliche Thema ihres Buches ist, eine rationale Auseinandersetzung mit der Frage des Kindeswohles fehlt völlig. Ich finde, dass eine Grundüberlegung für oder gegen das Kinderkriegen ist, wie das Kind denn aufwachsen solle. Nicht dass man ein Lebensprogramm entwickeln sollte, aber die Chancen und Probleme sollten schon reiflich überdacht werden. Was nützt die Illusion, wenn man später entweder auf ein selbstbestimmtes Leben verzichten soll oder das Kind in andere Hände geben müsste? Alles ist möglich, denkbar und auch schon durchgeführt worden, aber zur Entscheidung für ein Kind gehört auch ein Blick in die Zukunft. Das ist nicht loszulösen von der Zukunft einer jungen Mutter (der Vater kann sich dem leichter entziehen, wenigstens emotional) und ihrer Möglichkeit, sich dem Kind zu widmen. Auch relativ junge Großmütter können nicht einfach mit hinzu gezogen werden, auch wenn sie sich kaum der Anforderung entziehen werden.

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010