Wie ein leuchtender Stern

Autor*in
Mafi, Tahereh
ISBN
978-3-7373-5902-3
Übersetzer*in
Zeltner-Shane, Henriette
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
288
Verlag
FISCHER KJB Sauerländer Duden
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2022
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüre
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Dieses wunderbare Jugendbuch ist wahrlich keine leichte Lektüre, aber es entfaltet eine immense Kraft, lädt zum Mitfühlen ein, fordert zum Nachdenken heraus. Kurz: Es steckt so, so viel darin!

Beurteilungstext

Die Geschichte spielt in den USA in den Jahren nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Zu schreiben „Die Geschichte wird erzählt von einer jungen Frau", stimmt so nicht, vielmehr werden die Leser:innen ins Leben, in die Gedanken und Gefühle der jungen Muslima Shadi hineingesogen. Ihre Stimme ist so glaubhaft und stark, verletzlich und widerständig zugleich, dass man meint, teilzuhaben, dabei zu sein.
Shadi beschreibt eindrücklich anhand ganz kleiner Szenen, wieviel Ablehnung und Hass Muslimen in dieser Zeit entgegenschlug. Insbesondere (jungen) Frauen, die aufgrund des Kopftuchs sofort als „anders“ oder gar „(mit)schuldig“ identifiziert wurden. Als seien Diskriminierung und Rassismus allein nicht genug, muss Shadi den Tod des älteren Bruders und die damit einhergehende Trauer der Eltern und älteren Schwester verkraften. Das Leben der Familie gerät aus den Fugen. Shadi sieht es als ihre Aufgabe an, die Mutter zu schützen. Dafür verleugnet sie alle eigenen Bedürfnisse, die eigene Trauer, errichtet eine undurchdringliche Fassade des „Um mich muss man sich nicht sorgen.“.
Im Zentrum der Geschichte steht eigentlich die Entfremdung von der einstmals besten Freundin. Nach und nach erfahren die Leser:innen die Entwicklung dieser Freundschaft, die nie eine war. Heute hieße diese Art der Beziehung wohl toxisch. Und das Buch ist nicht zuletzt die Geschichte einer ersten großen Liebe, die lange verleugnet wird und am Ende – so viel sei verraten – siegt.
Irgendwann taucht beim Lesen unweigerlich der Gedanke auf: ‚Wie um Himmelswillen hält diese junge Frau das alles aus?‘. Und obwohl die ganz schweren Themen behandelt werden, obwohl Einsamkeit und Verletzungen viel Raum einnehmen, ist es trotzdem keine traurige Geschichte. Es ist in gleichem Maße eine Geschichte der Selbstermächtigung, des Loslösens von Zuschreibungen und Erwartungen anderer Menschen, die Übernahme von Verantwortung für das eigene Leben, ein inneres Wachsen.
Das Buch spielt auf verschiedenen Zeitebenen, das ist eingangs angenehm verwirrend. Die Sprünge sorgen für Neugier und Spannung, Stück für Stück wird alles freigelegt. Durch die Wahl der Ich-Perspektive kann Tahereh Mafi uns in die Gefühlswelt Shadis mitnehmen, können wir ihre Handlungen nachvollziehen. Großartig, wie die Muttersprache der Eltern und älteren Erwachsenen, Farsi, mit eingebunden ist. Sprachlich wechseln sich beschreibende Passagen mit Schilderungen der Gedanken und Gefühle sowie Dialoge ab. Das ist sehr gekonnt und immer prägnant formuliert.
Einzige klitzekleine kritische Frage, die beim Lesen hin und wieder aufploppt: Warum muss die Hauptfigur doch wieder außergewöhnlich hübsch sein? – Doch sei’s drum.
Eine unbedingte Leseempfehlung – gern als Klassenlektüre!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ah; Landesstelle: Berlin.
Veröffentlicht am 17.08.2022