Wie außer Atem

Autor*in
Myerson, Julie
ISBN
978-3-8333-5071-9
Übersetzer*in
WURSTER, Gaby
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
317
Verlag
Bloomsbury in Berlinverlage
Gattung
Fantastik
Ort
Berlin
Jahr
2011
Lesealter
12-13 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
9,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Flynn steht im Garten unvermittelt Alex gegenüber, er wirkt anziehend auf sie. Ihr Bruder Sam will die Familie verlassen, beide suchen Flynn, finden ihn mit der Mutter Diana und der 5-jährigen Maus in einer Scheune und sie ziehen los, übernachten irgendwo und finden schließlich ein Märchenhaus, in dem sie alles haben, was sie brauchen, was sie suchen, was sie sich wünschen. Der Absturz ist hart, das Leben aber geht weiter und findet ein gutes Ende resp. eine gute Zukunft.

Beurteilungstext

Die völlig verrückte Idee der Autorin, eine locker zusammen gefügte Gruppe von sechs Kindern im Alter von 0, 5, 13, 16 und zweimal 17 im Europa (also GB) des 21. Jahrhunderts auf Abenteuerreise zu schicken, geht tatsächlich auf. Die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit sind so fließend, dass der Leser nicht mit bekommt, was wo endet und was wo beginnt - genauso wenig wie die Ich-Erzählerin Flynn. Alle Grenzen fließen, alle Wünsche und alle Träume sind unscharf von der Realität abgetrennt. Erklären kann Flynn das alles nicht, wohl aber sehr genau beschreiben, wie sie das alles wahr nimmt. Sie geht den Dingen und vor allem den Menschen auf den Grund, fragt unentwegt und neugierig, ist gespannt auf das, was das Leben ihr bieten kann, und schnell ist zu registrieren, dass ihr der Alltag Zuhause nicht ausreicht. Sie greift die Gelegenheit beim Schopf, etwas Neues auszuprobieren, und so sehr sie den älteren Bruder Sam verabscheut, den Macho und Egoisten, so überwiegt doch die Abenteuerlust, ihn zu begleiten, nachdem er sich mit der Mama heillos zerstritten hat. Da die gerade zu ihrer Mutter gerufen wurde, der Vater schon lange entfleucht ist, hat sie freie Hand und Zeit. Statt des hungrigen Landstreichers Alex finden die Geschwister ihn und Diana, die soeben in der Scheune ihr Kind geboren hat, und die Nervensäge Maus, die entweder schreit oder streitet oder sonstwie Aufmerksamkeit erregen will, keinerlei Toleranz besitzt oder gerade mal schläft. So unwahrscheinlich Konstellation und Handlung sind, so plausibel erscheint alles, wenn die Geschichten der Kinder erzählt werden. Nach und nach enthüllt sich eine gruselige Geschichte nach der anderen, aber gleichzeitig gehen die Kinder immer mehr aufeinander ein; was die einen anfangs nervig und unsympathisch erscheinen ließ, wird nun zu Persönlichkeitsmerkmalen, mit dem die anderen umgehen können und: sie verändern sich in der Auseinandersetzung miteinander. Besonders deutlich wird das bei dem großen Bruder Sam, der immer mehr Interesse für die anderen Menschen entwickelt - etwas was aus der Sicht Flynns vorher jenseits jeder Vorstellungsfähigkeit lag - und immer fürsorglichere Seiten sehen lässt. Als sie dann das Traumhaus entdecken - eine romantische alte Villa an einem See mit Wasserfall und Hühnern und einem Hund, aber auch einem alten, soeben im Sessel gestorbenen Mann, den sie bald beerdigen müssen - ist der Traum ihres Leben erfüllt. Sie finden alles, was sie brauchen und erst als Flynn und Alex ihre Liebe zueinander entdecken (eine ergreifende, scheue und fast noch vorpubertäre Liebe), müssen sie auch entdecken, dass alles Trugbilder waren. WIE AUSSER ATEM hat sich Flynn in der Gegenwart des Jungen gefühlt, und so hat sie die Realität nicht mehr wahrnehmen können, sondern ist den Traumbildern aufgesessen. Zur Entzauberung gehören auch die Geschichten von Dianas Vergewaltigung und dem Missbrauch der kleinen Maus.
Zum Traumbild gehört aber auch die Auflösung, das harmonische Auslaufen dieser atemberaubend spannenden und versponnenen Geschichte. Es gibt kein HappyEnd, aber eine happy Zukunft für alle Beteiligten.
Auf der Auswahlliste für den LesePeter. cjh 11.6

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010