Wer sagt denn hier noch Eskimo

Autor*in
ISBN
978-3-936286-74-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Paulzen, Vanessa
Seitenanzahl
124
Verlag
Ökotopia
Gattung
Ort
Münster
Jahr
2005
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
18,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Eine Reise durch das Land der Inuit mit Spielen, Liedern, Tänzen und Geschichten

Beurteilungstext

Die Inuit sind ein Volk nicht nur mit anderer Lebensweise, sondern mit ganz anderen Denkweisen. Das zeigt allein schon ihr Umgang mit den Jahreszeiten. Da war es für sie zum Beispiel nicht wichtig, was der Kalender festlegte; sie teilten ihr Jahr in sechs Zeiten, die Zeit, wenn "die Sonne über dem Horizont aufgeht" (sekiliniak), wenn "es warm wurde" (arkajuassuak), wenn "die Vögel zurückkehrten" (aqpallarssult tikitarflat) oder "wenn die Vögel Eier haben" (tingmissat erniviat), wenn "die Jungvögel nach dem Süden fliegen" (ivnanit aorsarnialertarfiat) oder "die Seen zufrieren" (talsit aikoutat). So fremd wie ihre Sprache erscheinen uns oft die Menschen selbst, die im Laufe einer einzigen Generation nachholten, wozu andere Hunderte von Jahren brauchten.
In gewohnter Manier hat sich der Ökotopia Verlag der Menschen der Arktis "angenommen" und ein fantastisches Buch dazu herausgebracht, das schon unseren Kindern vermitteln will, wie anders und doch so ähnlich Menschen auf der Welt sein können. Auf jeder Seite merkt man das ehrliche Bemühen, einer fremden Kultur gerecht zu werden, Kinder die Achtung zu lehren vor einem Volk, das ganz besonders seine Kinder liebt und ihnen ungewohnt große Freiräume lässt zur Entfaltung und vielmehr ein eigenes Beispiel gibt als durch Worte zu erziehen.
Die Autoren haben eine wohlausgewogene Mischung gewählt zwischen zu vermittelnden Fakten, alten Sagen und Spielen, um das Fremde zu erfassen und als gar nicht so fremd darzustellen. Naturwissenschaftliche Erklärungen stehen neben alten Schöpfungsmythen, wenn es gleich zu Beginn darum geht, in die geographisch-topographischen Gegebenheiten des Landes einzuführen und klar zu machen, dass allen schon diese eine andere Lebensweise bedingen.
Die einzelnen Kapitel behandeln viele Aspekte: Tier- und Pflanzenwelt der Arktis, die Geschichte der Inuit, die Lebensweise des Jägervolkes. Aus allem wird deutlich, welche Ehrfurcht der Inuk vor dem Leben hat (er bittet zum Beispiel das Tier um Erlaubnis, es erlegen zu dürfen). Beleuchtet werden auch die Wohnsituationen im Iglu, das Familienleben, Kleidung, Essen, aber auch Sprache, Kunst, Musik und Religion.
Um so viel Andersartiges Kindern wirklich so nahe zu bringen, dass sie Verständnis aufbringen, bedarf es einer ganz besonderen Vermittlung, und die ist hier ausgezeichnet gelungen. Zu allen Themenbereichen können Kinder ab dem Kindergartenalter etwas "tun", d.h. sie rezipieren nicht nur theoretisch, sondern durch eigene Erfahrung.
So gibt es als erstes ganz viel Musik (dazu ist eine eigene CD erschienen) mit lebendigen Texten und fetzigen Rhythmen. Da werden viele Sachen gebastelt, von der Tiermaske bis hin zum Iglu und der Schneeflocke. Und immer wieder gibt es Spielvorschläge mit den einfachsten Mitteln, nämlich jenen, die auch den Inuitkindern zur Verfügung stehen, Knochen, Fäden, Stöcken; so geht es vorwiegend um Bewegungsspiele wie Werfen, Springen, Zielen, um Rollenspiele, Tierspiele, Eiskönigspiele und anderes. Wer einmal in eine solche Rolle geschlüpft ist, der wird verstehen - und sei es nur intuitiv -, was er gespielt hat.
Ein ganz tolles Buch, das man allen Kindergärten und Grundschulen und Ganztagsschulen und Projektleitern und Museumspädagogen und vielen andern dringend ans Herz legen möchte.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von avn.
Veröffentlicht am 01.01.2010