Weil wir träumten

Autor*in
Michaelis, Antonia
ISBN
978-3-522-20277-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
448
Verlag
Thienemann
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Stuttgart/Wien
Jahr
2022
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüre
Preis
18,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wegen einer schweren Erkrankung kann Emma nicht so am Leben teilnehmen wie andere Mädchen in ihrem Alter. Ihr größter Wunsch ist, einmal frei zu sein. Sie geht mit ihrer Großmutter auf eine Reise nach Madagaskar, ihrem Traumziel. Dort sieht sie den Ursprung des Glücks und der Freiheit. Werden ihre Erwartungen erfüllt?

Beurteilungstext

Die Protagonistin des Buches ist Emma, 16 Jahre alt und seit Geburt schwer herzkrank. Deshalb muss sie sich in vielen Dingen sehr einschränken und wird von ihrer Mutter sehr umsorgt. Sie musste viele Operationen und Krankenhausaufenthalte ertragen und lebt mit der ständigen Sorge um ihre Gesundheit. Unter Gleichaltrigen ist sie eine Außenseiterin, weil sie vieles nicht mitmachen kann, was man mit 16 macht.
Einmal im Leben möchte sie Madagaskar sehen, davon träumt sie nach der Lektüre von vielen Büchern und Reiseführern. Dort wird sie das Glück und die Freiheit finden, die sie in ihrem Alltag vermisst. Mit ihrer 80-jährigen Urgroßmutter Elise geht sie auf diese Reise, die aus gesundheitlichen Gründen und auch aus Altersgründen eigentlich unvernünftig ist. Doch beide sind wild entschlossen, die Reise ins Paradies zu genießen. Tatsächlich finden sie ein wunderbares Land vor - so scheint es - eine schöne Unterkunft und die Aussicht auf wunderbare Tage. Doch Emma ist neugierig und knüpft Kontakt zu Fy, einer gleichaltrigen Hotelangestellten, des Strandhotels. Dort erfährt sie vieles über das Leben der einheimischen Madegassin. Fy ist bereits Mutter, hat Missbrauch erlebt, ist alleinerziehend und muss sich darüber hinaus noch Sorgen um ihren Bruder machen, dem ein Mord vorgeworfen wird. Sie lebt das Gegenteil von Emma, die behütet aufgewachsen ist, deren Krankheiten nach besten Möglichkeiten versorgt werden und die ihr Leben leben kann, so gut es unter den Umständen geht. Fy verkörpert die arme madegassische Bevölkerung, die für die Touristen lebt. Emma freundet sich mit Fy an und erlangt so einen Einblick in die einheimische Kultur und sieht hinter die Kulissen der Hotelgärten und Traumstrände. Ihr begegnen Armut, sie erfährt von Gewalt und Kriminalität. Schließlich begegnet sie auch noch Luc, dem Weltenbummler und Draufgänger, der in den Tag hineinleben kann. Sie verliebt sich und erlebt mit ihm Abenteuer. Dabei geht sie weit über ihre Grenzen, nimmt ihre Medikamente nicht regelmäßig und verschwindet stundenlang, ohne Elise Bescheid zu sagen. Sie lebt die Freiheit in vollen Zügen.
Die Erzählperspektive wechselt zwischen Emma und Fy. Kapitelweise erzählen beide in der Ich-Form und zeigen somit schon rein formal die Gegensätze auf, die beide verkörpern. Emma, die Touristin, die in ein Paradies kommt und Fy, die Madegassin, die um ihren Lebensunterhalt kämpft, ein Kind erzieht und schließlich auch noch ihren Bruder verliert. Emma, die vielleicht nicht einmal finanziell reich ist, aber eine Familie hat, die sich kümmert, die zwar eine Krankheit ertragen muss, aber trotzdem ihre Jugend leben kann, während Fy ihre Armut verwaltet und alleine ihre Probleme lösen und Gefahren aus dem Weg gehen muss. Für ihre Jugend hat Fy keine Zeit, weil sie angesichts aller ihrer Verpflichtungen schon erwachsen sein muss.
Der schöne Schein der Tourismusbranche, die Ansprüche von Touristen an die entsprechenden Länder lassen keine Blicke hinter die Kulissen zu und es bleibt ohnehin die Frage, ob man das wirklich will. Das Buch gibt hier in genau dieser Richtung einen Denkanstoß: Will man überhaupt etwas über die Hintergründe und Lebensweisen in einem Urlaubsland erfahren? Antonia Michaelis, die auf Madagaskar eine Schule und Kinderhaus für Kinder, die niemanden haben, aufbaute, gibt uns mit diesem Roman vieles zum Nachdenken.

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Diese Rezension wurde verfasst von MC; Landesstelle: Hessen.
Veröffentlicht am 06.11.2022