Weihnachtliches

Autor*in
Rowohlt, Harry
ISBN
978-3-8371-3604-3
Übersetzer*in
Rowohlt, Harry
Ori. Sprache
Amerikanisch u.a.
Sprecher*in
Umfang
108  Minuten
Verlag
Random House Audio
Gattung
AudioErzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2016
Alters­empfehlung
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
11,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Jedes Jahr aufs neue dieses „Weihnachtsfest“... Für die einen ist es ein besinnliches Friedensfest im Gedenken an die Geburt Christi - für die anderen ist eine endlose Aneinanderreihung unendlicher Qualen. Für Literaten war das Desaster schon allezeit reizvoller als jedes Hallelujah. Dies beweisen nicht zuletzt die von Harry Rowohlt ausgewählten und vorzüglich gelesenen Geschichten des vorliegenden Hörbuchs: bissig, urkomisch und garantiert besinnungslos bis zum letzten Satz.

Beurteilungstext

Random House Audio aus München beschenkt die Hörerschaft dieses Jahr mit einem ganz besonderen Leckerbissen: Einen postum erscheinendem Hörbuch Harry Rowohlts. Es erinnert an den im Sommer des Jahres 2015 verstorbenen Literaten, Übersetzer, Schauspieler - und den genialsten Hörbuch-Interpreten eigener und fremder literarischer Texte. An den Mann, der A. Milnes „Winnie the Pooh“ und Philip Ardaghs „Eddie“ in Deutschland erst berühmt machte – und der bei seinen Live-Lesungen mit jedem Glas irischem Whiskey noch ein wenig besser lesen konnte – solange bis die Flasche leer war. Es erinnert auch an eine behäbig rollende, doch geschmeidige Stimme, die den unterschiedlichsten Personen (und Tieren) Charakter oder Schrulligkeit verleihen konnte. Und so sind die „Besinnungslosen Texte zum Fest“ vor allem ein Geschenk an diejenigen Hörer, die ohnehin längst Harry-Rowohlt-Fans sind.

Die zwei CDs warten mit Texten von relativ unbekannten irischen, englischen und amerikanischen Autoren auf: Kingsley Amis, David Lodge, Dan Kavanagh und David Sedaris. Sie alle kreisen um das Thema Weihnachten. Doch nicht das Fest der Liebe wird gefeiert, sondern das des Familienkrachs, der Depressionen, des wilden Konsums, des Alkoholismus – ganz im rowohltschen Sinne. Zahlreiche dieser „besinnungslosen“ Weihnachtsgeschichten jener Autoren hat Harry Rowohlt schon längere Zeit vor seinem Tod ausgesucht und eingelesen. Vier von ihnen sind für das Weihnachtsfest 2016 neu aufgelegt und remastert worden. Eine Kostprobe aus der ersten Erzählung:
"Ich saß in einem Imbiss und sah die Stellenanzeigen durch, als ich las: "Macy’s" am Herold Square, das größte Kaufhaus der Welt, bietet kontaktfreudigen, lebenslustigen Menschen von jeder Form und Größe, die mehr als nur einen Ferienjob wollen, die große Chance: als Zwerg in „Macy’s Weihnachtsland“ arbeiten, heißt mittendrin sein, wo’s aufregend ist."
Das "Ich" dieser Textpassage heißt David Sedaris, ein amerikanischer Humorist, der sich vor seinen ersten Erfolgen als Autor in vielen Städten mit vielen unterschiedlichen Jobs über Wasser halten musste. Einer davon war seine Arbeit im bekannten New Yorker Kaufhaus Macy’s. Dieser Konsumtempel ist bekannt für sein besonders üppig ausgestattetes Weihnachtsland, in dem auch ein Santa Claus sitzt, der die Kinder auf seine Knie hebt und nach ihren Wünschen fragt – unterstützt von einigen Hilfs-Zwergen.
"Die Frau bei Macy’s fragte: ‚Wären Sie lieber Ganztagszwerg oder Abend- und Wochenendzwerg?’ Ich sagte: ‚Ganztagszwerg’. Ich muss nächsten Mittwoch um zwölf hin. Ich bin ein Mann von dreiunddreißig Jahren, der sich um einen Job als Zwerg bewirbt."
Doch der Zwergenjob ist alles andere als eine lässige Angelegenheit. Die Bewerber werden sorgfältig eingewiesen, bis sie – sozialversichert und nach strengem Dienstplan eingeteilt – auf die lieben Kleinen samt ihren Müttern und Vätern losgelassen werden. Und was er dort erlebt, ist derartig komisch und grotesk, so unfreiwillig gruselig und absurd, dass die "Holyday on Ice" -Stories, in denen David Sedaris von seinen Erlebnissen erzählt, ihm Anfang der 90er Jahre den lang ersehnten Durchbruch als Autor brachten. "Ein Vater aus Long Island nannte den Weihnachtsmann eine Schwuchtel, weil der nicht die Zeit gehabt hatte, seinem Kind „Morgen Kinder wird’s was geben“ zu deklamieren. Mann, mann, mann – Familien in Kaufhäusern sind die ruppigste Menge, die ich je gesehen habe. …Viele Zwerge beklagten sich bitterlich, aber wir anderen sahen plötzlich den Moment gekommen, auf den wir nur gewartet hatten...“
Gegen diese realistische Groteske fallen die anderen drei Kurzgeschichten auf CD 2 etwas ab – nichtsdestotrotz bietet das Hörbuch für gerade einmal 11,99 Euro gute und kurzweilige Unterhaltung – und sollte jedes noch so angespannte Familienfest zur lockeren Besinnungslosigkeit verhelfen. Ein Tipp für alle Jahre wieder!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von OWA; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 12.06.2017

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