Wehrlos
- Autor*in
- Clay, Susanne
- ISBN
- 978-3-401-50661-6
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 261
- Verlag
- Arena
- Gattung
- –
- Ort
- Würzburg
- Jahr
- 2015
- Lesealter
- 14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- –
- Preis
- 9,99 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
“Wehrlos” erzählt die Liebesgesichte zwischen Luke und Gina während eines trüben Novembermonats in Köln, die etwas rätselhaft beginnt, dann dramatisch Fahrt aufnimmt und in einem thrillerhaften Endspurt tragisch endet.
Beurteilungstext
Luke ist ein waschechter Kölner, wie sich im Laufe des Romans herausstellt, und während des Handlungsmonats November Sportstudent in seiner Heimatstadt, wohnt in einer 5-er WG und lernt durch Zufall die ihn sogleich faszinierende Gina kennen. Die sich entwickelnde Liebesbeziehung der beiden macht den Inhalt dieses latent die Inklusion intendierenden Romans aus. Während der sympathische Luke Gina stolz seine Kindheits- und Jugendbezirke in Köln zeigt und sie an seiner Familiengeschichte teilhaben lässt, bittet Gina ihn ausdrücklich darum, sie nicht nach ihrer Vergangenheit zu fragen. Er hält sich daran, nicht zuletzt weil er merkt, wie ängstlich sie diesbezüglich reagiert. Luke lernt dafür die momentane Kölner Wohn- und Arbeitsgemeinschaft Ginas kennen, nämlich den Möbel- und Trödelladen von Magowski mit zwei weiteren jugendlichen Hilfskräften.
Durch die ungeklärte Vergangenheit Ginas begleitet etwas Bedrohliches die empfindsame Liebesbeziehung der beiden, wbei ab S. 175, wenn Teil 2 des Romans einsetzt, dieses die Handlung dominiert. Jetzt wird durch Rückblenden allmählich deutlich, dass Gina, die eigentlich Dila (= mein Herz) heißt, einer traditionellen muslimischen Familie entstammt, die mit ihren drei Brüdern zwar in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, deren Eltern, vor allem die Mutter und zwei ihrer Brüder, ihr eine ihrer Herkunft entsprechende subalterne Frauenrolle zuordnen, ihr Vater und ihr älterer Bruder allerdings ihre emanzipative Position akzeptieren. Wegen des zunehmenden häuslichen Druckes - auch ein Onkel übt diesbezüglich einen sehr negativen Einfluss aus - bricht Dila mit 17 ihre gymnasiale Schullaufbahn ab, verlässt heimlich ihr Zuhause, kommt zunächst unter in der Wohnung einer Freundin, wird dort aber von ihren Brüdern aufgespürt, flieht weiter nach Köln, wo sie durch Glück im Trödelladen Unterschlupf findet, nach gut einem Jahr dann von ihren Brüdern dort aufgespürt wird und das Ganze ein äußerst dramatisches Ende findet.
Der Roman ist in zahlreiche kurze Kapitel untergliedert, die fortlaufend nummeriert sind und von einem allwissenden Erzähler mitgeteilt werden. Mit fortschreitender Handlung gibt es Kapitel, die zu ihrer Nummer den Namen eines Protagonisten tragen und aus dessen Perspektive informieren, so dass das Geschehen aus mehreren Blickwinkeln wiedergegeben wird. Die Autorin beschreibt die Situation anfangs sehr detailliert, im weiteren Verlauf gewinnt die wörtliche Rede an Bedeutung und verleiht dem Geschehen Lebendigkeit. Mit dem zweiten Teil entwickelt sich der Roman dann zu einem Thriller.
Insgesamt wird deutlich, welchem häuslichen Druck Töchter in traditionellen muslimischen Familien ausgesetzt sind und wie rigide die meisten Brüder und Erwachsenen agieren. Nebenmotive wie der sympathische Pole Magowski und sein fast geheim arbeitender Betrieb werden nicht näher ausgeführt. Konzentriert auf das Thema Integration wird deutlich gemacht, dass noch viel zu tun ist, um hier zu einem befriedigenden Resultat zu gelangen.