Wege aus dem Viertel

Autor*in
Beltrán, Gabi
ISBN
978-3-945034-39-2
Übersetzer*in
Höchemer, André
Ori. Sprache
Spanisch
Illustrator*in
Seguí, Bartolomé
Seitenanzahl
160
Verlag
avant-verlag
Gattung
ComicTaschenbuch
Ort
Berlin
Jahr
2016
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
19,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

WEGE AUS DEM VIERTEL ist das Porträt eines vernachlässigten Viertels von Palma de Mallorca aus der Sicht eines jungen Mannes namens Gabi, dem sich zu einem bestimmten Moment die Gelegenheit bietet, dem Leben in Armut, Kriminalität und Gewalt endgültig den Rücken zu kehren.

Beurteilungstext

Gabi ist ein sechzehnjähriger Teenager, aufgewachsen in einem vernachlässigten Viertel von Palma de Mallorca. Er vertreibt sich zusammen mit seinen Freunden die Zeit damit, zusammen auf den schäbigen Straßen und Plätzen ihres Viertels abzuhängen, Drogen zu nehmen, gelegentlich Schlägereien mit konkurrierenden Banden anzuzetteln oder Motorräder zu klauen bzw. Passant*innen zu bestehlen. Seine Familie – bestehend aus Vater, Mutter und Schwester – ist völlig zerrüttet und eine Ansammlung gegenseitiger Vorwürfe, Demütigungen und Verletzungen. Ganz offensichtlich unterscheidet er sich von den meisten seiner Freunde; er ist interessiert an Literatur und erweist sich inmitten einer sehr rauen Welt als überraschend feinsinnig. Als Gabi spürt, dass sein Leben in beinahe jeder Beziehung in einer Sackgasse steckt, lernt er eine schwedische Nachhilfelehrerin kennen. Durch sie bietet sich die Gelegenheit, einer trostlosen Zukunft zu entfliehen und seinem Leben eine günstige Wendung zu geben.
Mit seiner Graphic Memoir (=autobiografische Graphic Novel) WEGE AUS DEM VIERTEL ist dem Autor Gabi Beltrán ein vielbeachtetes Meisterwerk gelungen, das ebenso wie sein hochgelobter und mit Literaturpreisen versehener Vorgänger GESCHICHTEN AUS DEM VIERTEL (Avant-Verlag; 2011) anrührend poetisch und leise philosophisch daherkommt. Beltráns Kindheits- und Jugenderinnerungen sind eine Zeitreise in die frühen 1980er Jahre und geben zugleich Einblick in ein Leben jenseits aller sozialer und kultureller Privilegien. Sie reflektieren auch und insbesondere darüber, dass zwischen der mythischen Wiederholung des ewig Gleichen und dem Eintritt von etwas Neuem (und Besserem) unvermeidlich etwas steht: eine Entscheidung, die getroffen werden muss; eine Gewohnheit, die geändert werden muss; eine Freundschaft, die sich nicht mehr aufrechterhalten lässt. Der Comicroman erzählt über das Erwachsenwerden ebenso wie über das Entwachsen aus einer Form, in die man vielleicht noch nie so ganz gepasst hat.
Bartolomé Seguí steuert für die grandiose Erzählung die passenden Bilder bei. Im Zusammenspiel von cartoonisierender Figurendarstellung und einer realistischen, detailverliebten Ausgestaltung der Hintergründe bzw. Handlungsräume zeigt sich der starke Einfluss der Comicschule ligne claire im Stil des Zeichners. Der konsequente Sozialrealismus, welcher der grafischen Erzählung zugrunde liegt, lässt zu dem an Vorbilder wie Will Eisner oder Baru denken, und nichtzuletzt schimmert in den vielen Straßenszenen bzw. -bildern Seguís der karikierende Strich des ganz großen Meisters der grafischen Sozialmilieustudie durch: Heinrich Zille.

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Diese Rezension wurde verfasst von mz; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 23.11.2018