Wave of lies

Autor*in
Epstein, Sarah
ISBN
978-3-7373-5821-7
Übersetzer*in
Ernst, Alexandra
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
396
Verlag
MeyersDuden
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Frankfurt/Main
Jahr
2021
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
17,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Sechs beste Freunde: Einer von ihnen fehlt. Wie immer kehrt Chloe in den Ferien in die Kleinstadt zurück, in der sie aufgewachsen ist. Doch heute ist alles anders. Seit Henry in einer Sturmnacht verschwunden ist, sitzen die Übriggebliebenen zum ersten Mal wieder zusammen. Und das Misstrauen steigt wie Nebel zwischen ihnen auf. In jener Nacht sind Dinge geschehen, über die keiner von ihnen sprechen kann. Jeder hat etwas zu verbergen. Alle sind schuldig.

Beurteilungstext

„Ich hatte keine andere Wahl“, krächzte er, als ob er mich nicht gehört hätte. „Ich musste die Sache mit einer Lüge vertuschen. Und dann die Lüge mit einer anderen Lüge. Und noch einer. Und noch einer.“ Wave of Lies ist ein sehr passender Titel für dieses Buch, fast besser als der australische Originaltitel „Deep Waters“.

Der 13-jährige Henry ist wie ein kleiner Bruder für die 16-jährige Chloe. Nachdem er an einem Abend im Sturm verschwindet, ist Chloe unter seinen Freunden diejenige, die am hartnäckigsten nach ihm sucht. Sie stellt allen Fragen, sucht auf Facebook und mit Flyern und bestürmt die Polizei. Sie fühlt sich schuldig, denn sie hat Henry am Abend seines Verschwindens versetzt und mit einer Lüge abgewiesen. Sie verdächtigt Henrys älteren Bruder Mason, mit Henrys Verschwinden zu tun zu haben. Aber nicht nur Mason lügt, auch alle anderen aus ihrer Clique haben etwas zu verbergen.

Es ist etwas Besonderes, dass ein Jugendbuch aus Australien ins Deutsche übersetzt wird. Die Autorin zeichnet ein anschauliches Bild einer australischen Kleinstadt in der Nähe von Sidney, in der jeder jeden kennt. Oder zu kennen glaubt, denn mit Henrys Verschwinden zerbröckelt für Chloe die heile Welt ihrer Kindheit. Ist Henry tot? Oder hat er seine gewalttätige alkoholsüchtige Mutter nicht mehr ertragen? Ist er ausgerissen, um seinen Vater zu suchen?

Die Menge der erwähnten Personen erinnert an das Einstein-Rätsel (Zur Erinnerung: Es geht um fünf Häuser, fünf Farben, fünf Nationalitäten, Getränke, Zigarettenmarken und Haustiere, die mit wenigen logischen Hinweisen zugeordnet werden sollen). Sechs beste Freunde werden auf dem Cover genannt. Zählen könnten wir sieben: Henry, Mason, Tom, Raf, Chloe, Rina und Sabeen. Wer ist die Schwester von Raf? Wie heißt die Frau von Sally? Wessen Eltern backen Pizza? Wer ist Toms Großvater? Wer ist der Vater von Henry? Wessen Mutter arbeitet im Motel? Wessen Vater war im Gefängnis? Wie kommt Henrys Mountainbike in Onkel Bernies Keller? Wer ist Amir? Gibt es zwei Männer mit dem Nachnamen Doherty?
Es gehört viel Aufmerksamkeit dazu, die Hinweise im Text zu entdecken und sich zu merken. Manche dieser Fragen werden erst in der zweiten Hälfte des Buches beantwortet, sodass sich beim Lesen ein Gefühl der Unübersichtlichkeit einstellt. Die Unübersichtlichkeit verstärkt sich durch die Tatsache, dass außer Chloe, Mason und Henry die Charaktere wenig ausgeprägt erscheinen und leicht verwechselt werden können.

Sarah Epstein erzählt abwechselnd aus Chloes, Masons und aus Henrys Perspektive auf drei Zeitebenen: Vor dem Sturm – im Sturm – heute, also 3 Monate nach dem Sturm. Häufig enden die Erzählabschnitte mit einem Cliffhänger. Es tauchen neue Hinweise auf: eine Karte von Henry, die aber nicht in Henrys Schrift geschrieben ist, sein Fahrrad, ein Zettel, ein angebranntes Käppi.
Es werden immer mehr Details beschrieben. Dadurch kommt die Handlung nicht wirklich in Fluss und animiert nicht zum Miträtseln. Eine Straffung der Handlung im Mittelteil hätte dem Krimi gutgetan.

Durch viele Dialoge und die eingebauten Chats mit Missy wirkt die Sprache lebendig. Die vielen kurzen Kapitel sorgen einerseits für Abwechslung, bremsen andererseits die Spannung. Spannend hingegen wirkt, dass Personen und Ereignisse sowohl aus Chloes gutbürgerlichem Blickwinkel als auch aus Masons Sicht mit seinem schwierigen Elternhaus beschrieben werden. Die letzten 50 Seiten lesen sich sehr spannend.
„Wave of lies“ stand in Australien bei drei Buchpreisen auf der Shortlist.

Ein Krimi, in dem kaum jemand die Wahrheit sagt, mit einem überraschenden Ende.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von est; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 08.02.2022