Waldwandler

Autor*in
Fabisch, Alexandra,
ISBN
978-3-522-18614-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Gstalter, Angela
Seitenanzahl
147
Verlag
Thienemann
Gattung
Buch (gebunden)
Ort
Stuttgart/Wien
Reihe
Juna und ihre zauberhafte Welt
Jahr
2023
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Freizeitlektüre
Preis
12,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Juna liebt die Natur und will bei ihrer Tante helfen, sie zu erforschen. Wald, Pflanzen und Tiere sind ihr dort oft unbekannt und bergen Geheimnisse in sich. Sie können kommunizieren. Bäume, die sich in Menschen verwandeln, können sie freundlich aber auch gemein behandeln. Alle eint das Interesse, Menschen und zerstörende Einflüsse abzuwehren. Ihre Lebenswelt, einschließlich einer Schule, müssen sie selbst gestalten und viel wissen. Hoch hängende Wohnkugeln schützen vor Entdeckung.

Beurteilungstext

Elva ist Forscherin und Junas Großtante. Sie arbeitet in einem abgelegenen Waldgebiet. Da Juna selbst gern forschen möchte, ist sie begeistert, eine längere Zeit bei ihr verbringen zu dürfen. Die alleinerziehende Mutter kann nicht mitkommen und verbindet den Aufenthalt mit strikten Auflagen: Der Wald darf niemals alleine betreten werden. Die Tochter merkt bald, dass es noch weitere Dinge gibt, über die mit ihr nicht gesprochen wird. Offenbar kennt die Tante den Grund für die Sorgen. Es scheint ein Familiengeheimnis zu geben.
Zuerst ist Juna enttäuscht. Es gibt gar kein Labor. Wo ist das Labor? Die Tante reicht ihr lediglich ein kleines Heft für ihre Beobachtungen, die sie alle notieren soll. Elva selbst ist meist weg und das Mädchen muss fast den ganzen Tag allein verbringen. Es droht, sehr langweilig für sie zu werden, da sie außerdem das ausdrückliche Verbot befolgen muss, niemals allein in den nahen Wald zu gehen. Sie hat es der Mutter aber auch der Tante immer wieder versprechen müssen. Dabei hat sie doch eine besondere Beziehung zu Pflanzen und Tieren.
Nun muss sie an einem der ersten Tage ein goldäugiges Eichhörnchen retten, das offenkundig in Gefahr geraten ist. Eine durchsichtige kleine Libelle lockt sie regelrecht vom Haus weg und hilft ihr dabei, das Tier zu befreien. Schnell erkennt sie, dass der Wald hier ein besonderer Ort ist. Es gibt hier Menschen, die sich in Bäume verwandeln können. Oder ist es umgekehrt?
Die gleichaltrige freundliche Elva, eine Waldwandlerin, tritt mit Juna in Kontakt und stellt sie ihrer Großmutter Nava vor. Sie freut sich über eine fremde Freundin und den Kontakt nach „draußen“. Sie möchte, dass Juna mit ihnen isst und auch in ihrer Wohnkugel übernachten darf. Die Großmutter verhält sich ihnen gegenüber ablehnend und zunehmend merkwürdiger. Juna versucht, sich anzupassen, geht in die Waldschule um die vielen ihr unbekannten Dinge zu lernen. Es gibt hier z.B. gefährliche Biebox-Vögel, die hungrige und bedrohliche Pflanze Marielle und Sandwesen. Es gibt aber auch, die gute Libelle Sternchen, die so eindeutig mit Juna kommuniziert hat und die sie später sogar retten kann. Die Eigenschaften mancher Pflanzen sind Juna unbekannt. Sie gerät sogar in Gefahr gerät. Manches weiß sie über Pflanzen, was sie den Kindern – und damit auch den lesenden Kindern – erklären kann.
Der Kontakt zur Menschenwelt wird von den Kindern in der Waldschule und dem Lehrer dort abgelehnt. Vor allem der Junge Esben scheint eine ungute Rolle zu spielen. Juna werden gemeine Fallen gestellt. Sie entdeckt dadurch aber auch ihre bisher unbekannten Fähigkeiten, die sie sich nicht erklären kann. Manchmal bewegt sie sich fast ebenso geschickt, wie die Kinder der Waldwandler. Sie scheint nur noch ein wenig ungeübt zu sein.
Sie findet heraus, dass die Tante die alle Bewohner sehr gut kennt, die Sprache der wundersamen Wesen spricht und Pflanzen und Menschen im Waldkrankenhaus heilen kann. Ihre Forschungen betreffen das Überleben des Waldes und aller Bewohner. Ihr eigentliches Labor lernt sie nun auch kennen. Es ist gut im Wald versteckt. Elva ist von allen hoch angesehen, da sie daran forscht, neue bedrohliche Krankheiten von den Pflanzen und „Waldwandlern“ fern zu halten.
Warum nur will man Juna dort nicht haben? Wer oder was steckt dahinter, dass immer wieder schlimme Dinge passieren, seitdem sie in den Wald gekommen ist? Nun befällt sogar eine furchtbare neue Krankheit die Gemüsepflanzen. Die ganze Ernährung der Gemeinschaft könnte in kurzer Zeit zusammenbrechen. Es muss sofort eine Medizin gemischt werden. Doch welches Mittel könnte helfen? Juna wird vorgeworfen, die Seuche verschuldet zu haben? Sie kam ja von draußen.
Doch dieses Rätsel soll sich bald ganz anders lösen. Es hat damit zu tun, dass sich Elva so gut mit Juna versteht und sich schon lange wünscht, den Wald einmal verlassen zu können, um all die technischen Errungenschaften kennen zu lernen, um die sie alle längst wissen und die sie heimlich bereits nutzen.
Elva versucht neue Rezepturen und versucht auf die Spur der Infektion zu kommen. Juna und ihre neue Freundin unterstützen sie. Offenbar sind manche Weisheiten auch in der „normalen“ Welt bekannt, so dass Juna sie beitragen kann. Alle wollen doch dasselbe. Nämlich, dass kein Wesen ausgegrenzt wird und jedes seine eigene Daseinsberechtigung hat. Das scheint in diesem Wald selbstverständlich. Auch Menschen stehen nicht darüber.
Doch auch, wenn Juna diese Werte teilt, wird sie vom Rat aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Elva kann daran nichts ändern.
Nun muss die Tante die Mutter in die Verwicklungen einbeziehen, denn Juna soll den Wald verlassen. Zu ihrem Vater kann sie nicht, sie kennt ihn nicht einmal. Als die Mutter die Tochter abholt, verhindert der Arzt und Forscher Karim den Rauswurf durch die Drohung, sonst selbst auch den Wald zu verlassen.
Die Autorin ersinnt eine abgeschlossene magische Welt, zu der nur wenige Menschen Zugang haben. Zu gefährdet wäre die Gemeinschaft, wenn das Wissen über sie in falsche Hände geriete. Sie mischt in die magischen Episoden - ohne zu pädagogisch zu belehren - einige Tipps zur Pflanzenpflege oder Anbautipps und philosophische Überlegungen zu Umweltproblemen, die dem Alter der Zielgruppe angemessen sind. Die Bekämpfung der unbekannten Infektion bleibt daher auch magisch und fiktiv aber durch Aufklärung der Schuldfrage.
Die beiden Mädchen, die zu Freundinnen werden, kommen aus unterschiedlichen Welten. Sie teilen aber den Willen zur Rettung von Natur bei gleichzeitiger Teilhabe auch an modernen Errungenschaften. Letztlich sind die Unheil bringenden Motive hier in einem Konkurrenzdenken begründet und durch die Angst der Großmutter, dass die Enkelin in eine falsche Richtung gedrängt werden könnte.
Die Rettung kommt einmal durch das „richtige“ Amulett und zum anderen durch die Erkenntnis, zur Liebe stehen zu wollen, die bereits einmal verraten wurde.
Außer den Überlegungen zum Naturschutz gibt es eine zusätzliche Ebene in der Erzählung: An vielen Stellen stehen offen oder versteckt Entscheidungen an, die es im Leben zu treffen gilt. Manchmal sind es sogar wichtige grundsätzliche Entscheidungen, die große Auswirkungen haben können. Den Protagonisten hier (u.a. Großmutter, Mutter und Arzt/Vater) ist es offenbar möglich, schwerwiegende Fehler zu revidieren, indem sie sogar das eigene Weltbild überdenken.
Die Erzählung von Alexandra Fabisch ist leicht lesbar. Sowohl die Sprache als auch der Satz sind ansprechend und durch viele, in hellen Grautönen gezeichnete und schraffierte Figuren und Landschaftsbilder angemessen aufgelockert und empathisch illustriert. Der angedeutete Ausdruck der Kindergesichter stimmt mit den Stimmungen. Angela Gstalter ermöglicht mit ihren Illustrationen sofort den bildlichen Zugang zur dargestellten Situation.
Die kurzen Kapitel beginnen jeweils mit der Zeichnung eines einzelnen Ahornblattes, das sorgsam durch beide geöffneten Hände geschützt wird. An den Seiten befinden sich kleine Vignetten der Tiere (Libelle, Eichhörnchen,…), Ranken oder Pflanzen in ihren Töpfen. I
Der Einband ist innen bunt gestaltet. Vorne - in Bilderrahmen gerahmt – werden die Protagonisten vorgestellt. Hinten zeigt der Einband doppelseitig das in wunderschön heller Park-Landschaft stehende, gläsern gebaute große Gewächshaus mit daneben zwei kleineren. In den Bäumen sind die hohen Wohnkugeln mit Leitern verbunden und durch bunte Lampions zu beleuchten. Die Pflanzen und der Wald wirken idyllisch, ebenso die unbekannten Pflanzen und Vögel.
Die Menschenhände mit dem Blatt sind schützend über dem Eingang angebracht. Das wirkt nachhaltig symbolisch für Kinder. Einen solchen Ort zu wissen, wäre tröstlich.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von stoni; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 06.05.2023