Völlig meschugge?!

Autor*in
Steinhöfel, Andreas
ISBN
978-3-551-79609-7
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Garanin, Melanie
Seitenanzahl
288
Verlag
Carlsen
Gattung
ComicTaschenbuch
Ort
Hamburg
Jahr
2022
Lesealter
12-13 Jahre16-17 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
20,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

"Völlig meschugge?!" - das neue Buch von Andreas Steinhöfel, das sein ohnehin schon vielfältiges Werk mit einer Graphic Novel bereichert. Brisante, wichtige Themen werden eindringlich und attraktiv erzählt für Jugendliche ab 12 Jahren.

Beurteilungstext

Nach "Dschermeni" ist "Völlig meschugge?!" die zweite Serie von Andreas Steinhöfel, die im KiKA ausgestrahlt wurde. Im April wurde die erste von insgesamt sechs Folgen der sogenannten Drama-Serie ausgestrahlt. Parallel dazu erschien Anfang Mai im Carlsen Verlag die Graphic Novel von Steinhöfel und Melanie Garanin. Dem Klappentext ist zu entnehmen, dass die Graphic Novel auf dem Drehbuch basiert.
In ebenfalls sechs Kapiteln wird aus der Sicht des Mädchens Charly erzählt. Dabei tragen die Kapitel jeweils Überschriften, die Wörter aus dem Jiddischen aufnehmen. Charlys beste Freunde sind Benny und der syrische Junge Hamid. Die drei sind unzertrennlich, verbringen Stunden gemeinsam in der Natur oder bei Charly zuhause mit der Modelleisenbahn ihres Vaters. Außerdem ist Charly brennende Umweltaktivistin. Soweit so gut, doch die Schule ist ein problematischer Ort: neuerdings werden Handys geklaut und eine üble Schulgang fehlt natürlich auch nicht.
Die Situation des Freund*innen-Trios ändert sich, als Benny von seinem im Sterben liegenden Opa einen Davidstern geschenkt bekommt und diesen fortan an einer Kette trägt, denn damit hat wiederum Hamid ein großes Problem, denn bisher hatte Benny es seinen Freunden nicht erzählt. Sofort ploppt zwischen den Jungen der "alt[e] Vorurteilsscheiss", wie es Charly benennt, auf, denn Benny formuliert: "Die Juden sind schuld, dass es vielen Arabern schlecht geht." Von nun an gehen Hamid und Benny getrennte Wege, während Charly unerschütterlich versucht, dass die zwei sich wieder annähern. Nebenbei versucht sie noch die Handydiebstähle aufzuklären, für die im Verlauf der Handlung zunächst Hamid von den Erwachsenen verantwortlich gemacht wird.
Benny, der nach dem Tod des Großvaters immer mehr nach seiner jüdischen Identität sucht, wird indessen dafür von Lennarts Gang gemobbt, die auch vor physischer Gewalt nicht zurückschreckt. Hamid sitzt zwischen den Stühlen: eigentlich will er sich mit seinem besten Freund versöhnen, doch sein älterer Bruder Raduan, der wohl die Fluchterfahrungen nicht verarbeitet hat, befeuert die antisemitische Einstellung.
Dramatischer Höhepunkt ist dann als Hamid Zeuge wird, wie Benny brutal zusammengeschlagen wird, jedoch nicht eingreift. Erzählerisch sehr gut gelöst, da die Bilder die Schlägerei zeigen, die wörtliche Rede hingegen die zeitgleich stattfindende Lehrer*innenkonferenz dokumentiert, die schwankt zwischen Schuldzurückweisungen, dem Vorschlag Antisemitismus auf den Lehrlplan zu bringen, gleichzeitiger Skepsis, ob das schon jemals was gebracht habe oder dem Herunterspielen des Mobbingsverhaltens.
Benny, verletzt und enttäuscht, geht zu einer Höhle, in der er mit seinem Opa war, findet dann aber aus dieser nicht mehr heraus. Zum Glück machen sich Charly und ein zur Vernunft gekommener Hamid auf den Weg, um nach ihrem Freund zu suchen.

Wie immer verknüpft Steinhöfel sehr gekonnt mehrere Handlungsstränge, um von aktuellen und wichtigen Themen zu sprechen und Leser*innen ab 12 für diese zu sensibilisieren. Die Bilder und Bilderfolgen aus der Feder von Melanie Garanin haben eine große gestalterische Vielfalt und Dynamik, die besonders positiv herauszustellen sind. Witziges metafiktionales Element sind die drei mit Gesichtern, Sprache und Gliedmaßen versehenen Symbole, die an je eine*n der drei Protagonist*innen geknüft sind: der Davidtstern, die Kartoffel und die Kichererbse.

Viele Texte Steinhöfel gehören bereits zur Schullektüre. "Völlig meschugge?!" sollte sich hier unbedingt hinzugesellen. Möglich wäre hier ja auch die Kombination bzw. der Vergleich von Serie und Graphic Novel.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Susanne Drogi; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 23.10.2022